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40 Jahre Neu-Olvenstedt Im Magdeburger Plattenbau fehlen Aufzüge

Verkehrsberuhigte Bereiche, kurze Wege zu den Einkaufsmöglichkeiten, moderne Wohnungen. So wurde einst der Magdeburger Wohnkomplex Olvenstedt geplant.

Von Marco Papritz 13.06.2021, 00:15
Die Neubauwohnungen, die im Wohnkomplex Olvenstedt wie hier im Bruno-Taut-Ring entstanden, hatten eine Vielzahl an Vorzügen wie Fernwärmeversorgung, eigenes Badezimmer und Balkon. Personenaufzüge fehlten in den Fünf- und Sechsgeschossern.
Die Neubauwohnungen, die im Wohnkomplex Olvenstedt wie hier im Bruno-Taut-Ring entstanden, hatten eine Vielzahl an Vorzügen wie Fernwärmeversorgung, eigenes Badezimmer und Balkon. Personenaufzüge fehlten in den Fünf- und Sechsgeschossern. Archivfoto: Hubert Rauch

Mit der neuen Wohnungsbauserie (WBS) 70 sollte der Wohnungsbau in der Deutschen Demokratischen Republik vereinheitlicht, den Wohnungsbaukombinaten ein Universalbaukasten an die Hand gegeben werden. „Es ist jedoch immer möglich gewesen, die regionalen Bauelemente - also die, die in der Vorfertigung hergestellt wurden - miteinander zu kombinieren“, so Wolfgang Redlich, Produktionsdirektor vom Wohnungsbaukombinat (WBK) Magdeburg. Das von der Regierung geforderte Ziel, in Anbetracht der republikweiten Wohnungsnot die Bauzeit drastisch zu reduzieren, sei mit der WBS 70 eindeutig erreicht worden, so der Oberingenieur. Für 40 Wohnungseinheiten konnten 38 bis 40 Bautage eingeplant werden. Zum Vergleich: Bei den Vorgängertypen (wie P1 und P2), die etwa in Neu-Reform oder im Neustädter Feld errichtet wurden, waren es 70 bis 80 Tage.

Für das Prestigeprojekt werden Wege frei gemacht

Die Bauerfolge auf dem Ackerland westlich von Nordwest gingen mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten einher. „Der damals vorherrschende allgemeine Materialmangel war eine große Sorge, die uns umtrieb. Aber: Im Wohnkomplex Olvenstedt konnte kontinuierlich gebaut werden“, sagt Wolfgang Redlich rückblickend. Dies lag daran, dass der WKO ein sozialistisches Prestigeprojekt war, der nicht ins Stocken geraten durfte.

Ein unlösbares Problem in den mehrgeschossigen Wohnhäusern, die im Stile des industriellen Wohnungsbaus mit vorgefertigten Betonelementen entstanden, war der Einbau von Personenaufzügen. Sie waren schlicht nicht vorhanden. Bereits 1965 wurde die Pflicht zum Einbau der Aufzüge nach der Technischen Vorschrift für fünfgeschossige Gebäude aufgehoben, um dieses Problem zu umgehen. Selbst für Sechsgeschosser wurde keine Ausnahme gemacht. „Somit waren für die Bewohner stets Stufen zu bewältigen“, fasst Wolfgang Redlich zusammen.

„Uns machten auch einige gravierende Nachteile zu schaffen. Das bezog sich auf den Anfang der Monotonie im WKO wie die Fassadengleichheit“, sagt er weiter. Die geforderte Zeitreduzierung beim Bau habe zudem Baumängel wie die Fugenbreiten und Differenzen in der Montage mit sich gebracht, „die wir durch eine Garantieabteilung zusätzlich abarbeiten mussten“. Außerdem hatte die starke Konzentration auf den Plattenbau zur Folge, dass die Bauten in historischen Bereichen der Stadt wie der Altstadt oder Sudenburg vernachlässigt und in ihrem Zustand nicht verbessert wurden.

Viele Wohnungen und kurze Bauzeit

Das Magdeburger Wohnungsbaukombinat hatte mit der WBS 70 eine grundsätzliche Gestaltungsfreiheit, sie wurde durch die Normierung der Bauteile jedoch eingeschränkt. Wolfgang Redlich: „Der vorgegebene Wohnungszuwachs erforderte effiziente Baulösungen. Für Olvenstedt hieß das, dass permanent möglichst viele Wohnungen in kurzer Zeit mit niedrigen Kosten zu produzieren waren.“ Die Erfüllung der vorgegebenen Planzahl zur Funktionsfähigkeit der Wohnungen hatte oberste Priorität, trotz zunehmender erheblicher Sparmaßnahmen. 300 Wohnungen mussten im Bezirk Magdeburg vom WBK monatlich bezugsfertig übergeben werden, um bis zum Jahr 1990 der Wohnungsnot ein Ende zu setzen.

So war es logisch, dass das Wohnungsbaukombinat ausschließlich auf den industriellen Wohnungsbau ausgerichtet war. Bis Ende der 1980er Jahre habe man „hauptsächlich mit der Wohnungsbauserie 70 gearbeitet“, so Wolfgang Redlich, der zu dieser Zeit als verantwortlicher Vorstandsvorsitzender fungierte. Und: „Die Wohnungsbaukombinate in den einzelnen Bezirken haben es von Rostock bis Suhl geschafft, Millionen Wohnungen in wenigen Jahren herzustellen.“

Die Neubauwohnungen im WKO waren sehr beliebt. Sie waren modern und komfortabel, für warme Wohnungen musste niemand mehr Kohlen schippen, die Versorgung erfolgte per Fernwärme, so einer der wesentlichen Vorzüge. Ebenso wichtig – die Wohnkosten waren dank massiver staatlicher Subventionen gering. Denn die Mieten wurden nach einer Verordnung aus dem Jahr 1936 festgelegt, die in der DDR durch die Sowjetische Besatzungsmacht verlängert wurde, wie Wolfgang Redlich verweist.

Erinnerungen gesucht

Welche Erinnerungen haben Sie an die Entstehung des Wohngebietes im Westen der Stadt? Zählten Sie zu den ersten Bewohnern, die das Wohngebiet mit Leben füllten? Oder waren Sie am Aufbau von Neu-Olvenstedt beteiligt? Schreiben Sie unter Stichwort „Neu-Olvenstedt“ Ihre persönliche Geschichte oder Erinnerung an Ihre ganz persönliche Zeit in Neu-Olvenstedt an Volksstimme Lokalredaktion, Bahnhofstraße 17, 39104 Magdeburg. Sie können sich auch telefonisch unter 0391/599 95 50 sowie per E-Mail an marco.papritz@volksstimme.de mit Ihrem Namen und Ihrer Telefonnummer melden, um persönliche Anekdoten und Bilder zu teilen.