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Verkehr Keine Bahn zum Magdeburger Stadion

Eine Bauchlandung erlebte die Magdeburger Linke mit ihrem Vorstoß, die Straßenbahn bis vors Fußballstadion rollen zu lassen.

Von Katja Tessnow 18.11.2019, 00:01

Magdeburg l „Wünsche für neue Straßenbahntrassen werden aktuell für die Haushaltsplanung entgegengenommen“, rief der Ratsvorsitzende Michael Hoffmann (CDU) irgendwann und leicht entnervt im Laufe der Debatte aus. Im Wissen, dass die neue Erschließung von Teilen der Stadt mit Gleistrassen stets ein langwieriges Millionenprojekt ist, monierte Hoffmann mit der ironischen Einlassung eine aufkommende Wer-will-noch-mal-wer-hat-noch-nicht-Stimmung unter den Stadträten. Zuvor waren unter anderem die Anbindung von Ottersleben und der Strecke durch den Olvenstedter Graseweg als dringlicher aufgerufen worden – mit Vorrang vor dem Stadion.

Von vorne. Der Linke Oliver Müller verwies darauf, dass seine Reihen die Straßenbahnanbindung des Stadions bereits vor Jahren erfolglos beantragt hatten. „Zur Kommunalwahl hatte das nun aber sogar die CDU im Wahlprogramm“, so Müller in der Hoffnung auf neue Mehrheiten. Aber Pustekuchen. Wenig später stellte Wigbert Schwenke (CDU) klar, dass seine Fraktion CDU/FDP nicht gedenke, einer von links übernommenen Forderung aus dem eigenen Wahlprogramm zu folgen. „Ja, es gab da bei uns Begehrlichkeiten aus einem Wahlkreis, aber wir sind eine Volkspartei und die Fraktion lehnt das ab.“ Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) – mit den Forderungen der eigenen Reihen auch nicht immer einverstanden (Stichwort freies Schülerticket) – nannte Schwenkes Volkspartei-Argument lachend eine „neue Lesart von Wahlprogrammen“, eine gänzlich unverbindlich eben.

Die Bahn möchte aber auch Trümper nicht bis zum Stadion fahren lassen und ist sich in diesem Fall einig mit der eigenen Fraktion. SPD-Fraktionsvize Falko Grube sagte: „Die Vorstellung, dass zum Zeitpunkt, da knapp 30.000 Zuschauer das Stadion verlassen, auch noch die Bahn direkt davor abfährt, macht schon aus Sicherheitsgründen keinen Sinn.“ Trümper sagte, dass die Stadt beim Stadtionbau bewusst auf eine Entzerrung der Besucherströme gesetzt habe. Die Luftlinie 400 Meter entfernte Bahnhaltestelle an der Käseglocke reiche vollkommen aus. Dem schloss sich Hagen Kohl für die AfD an. Das barrierefreie Stadion sei selbst für Rollstuhlfahrer mit eigenen Stellplätzen vor den Tribünen bestens erschlossen; Klagen seien ihm nicht bekannt.

„Für uns mag der Weg von der Käseglocke bis zum Stadion einfach zu bewerkstelligen sein. Für ältere Menschen oder solche, die eingeschränkt mobil sind, sieht das anders aus“, wandte dagegen Mirko Stage (future!) ein und verwies auf die anstehende Überalterung der Gesellschaft und mithin auch der FCM-Fangemeinde. Fußballfans in Leipzig müssten nur 250 Meter zwischen Bahn und Stadion bewältigen.

SPD-Fraktionschef Jens Rösler wünscht sich statt einer Stadionanbindung einen „großen Wurf“ samt Erschließung neuer ostelbischer Wohngebiete. Außerdem – das merkte Rösler mit einem Schmunzeln an – hätte der massenhaft zu bewältigende Fußweg zum Stadion wirtschaftsfördernde Aspekte für angrenzende Supermärkte, Kneipen und Kioske.

Schließlich erinnerte CDU-Mann Reinhard Stern an eine alte Forderung seiner Reihen, nämlich einen Stadionneubau an der Autobahn. Heutige Diskussionen übers regelmäßige Staugeschehen um die Arena herum und nun geführte Debatten über eine verbesserte Anbindung seien die Quittung dafür, dass der Rat seiner Fraktion damals die Gefolgschaft verweigerte.

Das Stadion in Autobahnnähe ist Geschichte. Die Forderung nach einer Bahn bis vor die bestehenden Stadiontore mindestens vorerst auch. Eine klare Ratsmehrheit lehnte den Antrag der Linken ab.