Laudatio Bunt, bunter, Krayl

Zum 8. Sieger bei der Wahl zum "Magdeburger des Jahres 2016" wählten die Leser der Volksstimme Bruno Krayl!

Von Jana Heute 23.01.2017, 14:51

Sind Sie in letzter Zeit mal zufällig durch die Cracauer Siedlung gelaufen – mit ihren schnörkellosen, aber markanten Altbauten? Oder haben Sie die fröhlich-bunten Fassaden in der Otto-Richter-Straße bewundert? Vielleicht führte Sie Ihr Weg auch am AOK-Gebäude oder am Oli-Kino vorbei? Womöglich ganz unbewusst: Hier sind Sie auf den Spuren von Carl Krayl gewandelt

Krayl, der Architekt, der in den 1920er Jahren ein wichtiger Vertreter des Neuen Bauens in Magdeburg war. Ihm ist es mit zu verdanken, dass Magdeburg als „Modellstadt der Moderne“, als Stadt des neuen Bauwillens, weltweit von sich reden machte. Krayl war enger Mitarbeiter von Bruno Taut, leitete dessen spektakuläres Programm zur farbenfrohen Gestaltung von 100 Hausfassaden in Magdeburg. Eine Auflehnung gegen das bisherige Einheitsgrau.

Das war wohl auch ein Grund dafür, dass sein Sohn – Bruno Krayl, der heute Abend hier bei uns zu Gast ist, in einer kunterbunten Wohnung in der Gartenstadt Reform aufwuchs. Viel mehr bekam Sohn Bruno vom kreativen Schaffen seines Vaters damals nicht mit. Es war die dunkle Nazizeit, von einer bunten Stadt wollte niemand etwas wissen. Da herrschte auch zu Hause Schweigen über die Arbeit und Rolle des Vaters.

Nach dem Krieg kehrte Bruno Krayl 1948 ganz bewusst nach Magdeburg zurück. Welche Ideen der Vater wohl noch gehabt hätte für ein modernes Magdeburg nach der düsteren Naziherrschaft? Ein Austausch darüber war leider nicht mehr möglich, denn Carl Krayl war ein Jahr zuvor (1947) gestorben. Doch anknüpfen an das, was der Vater geschaffen hatte, das wollte Bruno Krayl.

Der Sohn wurde Bauingenieur, hat u. a. als Projektleiter beim Aufbau von Neu-Reform das Beste aus dem gemacht, was in der real existierenden Mangelwirtschaft auf dem Bau möglich war. Angesichts der Wohnungsnot rissen sich die Menschen um die neuen Quartiere in der Platte mit dem bislang unbekannten Komfort wie Badewanne oder praktischer Durchreiche – übrigens inspiriert von der Bauhauszeit.

Bruno Krayl sagt heute, er mache sich keine Illusionen, dass die Ansprüche der Mieter heutzutage andere seien und er sich deshalb auch über die städtebauliche Umgestaltung in Reform freue. Modern denken, modern bauen – das gilt damals wie heute. Dabei muss man aber auch die Wünsche der Menschen im Blick haben, wie Carl Krayl es einst forderte.

Für seinen Sohn Bruno, heute stolze 91 Jahre alt, war es derweil ein wichtiges Anliegen, sich mit dem Erbe seines Vaters auseinanderzusetzen. Er hat einen Teil des Nachlasses seines Vaters sichern und nach Magdeburg zurückbringen können. Er hat gemeinsam mit Wissenschaftlern wie Dr. Ute Maasberg und Dr. Michael Stöneberg Wesentliches herausgearbeitet: zum Beispiel, dass die Bauhauszeit in Magdeburg nicht allein aus Bruno Taut oder Johannes Göderitz bestand. So konnte Bruno Krayl zeigen, dass die „Bunte Stadt Magdeburg“ gerade auch auf die Arbeit von Carl Krayl zurückgeht, der z. B. Hausbesitzer überzeugte, Fassaden auf eigene Kosten in kräftigen Farbtönen zu zeigen.

Die Arbeit hat sich gelohnt, wie die viel beachtete Ausstellung „Bunte Stadt – Neues Bauen“ zeigt. Zeichnungen, Fotografien sowie Modelle führen diese besondere Architektur vor Augen. Bis zum 12. Februar ist noch Gelegenheit, sie im Kulturhistorischen Museum anzuschauen. Ein weiterer „Spaziergang“ auf den Spuren von Carl Krayl, der sich für Sie lohnen dürfte, meine Damen und Herren! Und selbst in Paris, in einer Ausstellung zur Moderne, dürfte schon bald eines der von Bruno Krayl für Magdeburg geretteten Dokumente gezeigt werden. Es unterstreicht die Bedeutung von Carl Krayl.

Dass uns das hier – an seiner einstigen Wirkungsstätte – überhaupt bewusst wird, verdanken wir unter anderem seinem Sohn. Herzlichen Glückwunsch, Bruno Krayl!

 

In unserem Dossier finden Sie alle Infos und Videos zum Thema "Magdeburger des Jahres 2016".