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Wirtschaft Magdeburger Firma bildete Spitzenfrau für Bits und Bytes aus

Die Bundesbeste des Abschlussjahrgangs der Fachinformtiker für Anwendungsentwicklung wurde in Magdeburg ausgebildet. Dabei war ihr Weg alles andere als geradlinig.

Von Martin Rieß 23.01.2024, 05:00
Fachkräfte in der  Informatik werden in vielen Bereichen der Wirtschaft benötigt.
Fachkräfte in der Informatik werden in vielen Bereichen der Wirtschaft benötigt. Symbolfoto: Daniel Karmann/dpa

Magdeburg. - Die Magdeburger Wirtschaft bringt Spitzenkräfte hervor. Das hat zuletzt auch Anna-Maria Kopylowicz bewiesen. Sie hat mit den bundesweit besten Ergebnissen in der Niederlassung des mittelständischen IT-Spezialisten Sulzer die Ausbildung zur Fachinformatikerin für Anwendungsentwicklung absolviert. Und zwar mit einem herausragenden Ergebnis: Die Durchschnittsnote von 1,2 war bundesweit die beste, so dass Anna-Maria Kopylowicz auch zur Bundesbestenehrung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), dem Dachverband der 79 regionalen Industrie- und Handelskammern, nach Berlin eingeladen wurde. Zu ihrem Spitzenergebnis war Anna-Maria Kopylowiczs Weg dabei alles andere als von Beginn an vorgezeichnet. Eine große Hilfe zur Umorientierung war ihr dabei das Pisa-Projekt.

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Ursprünglich stammt Anna-Maria Kopylowicz aus Ravensburg am Bodensee. Zwar hatte sie sich schon in der Schulzeit auch für Mathematik interessiert. Doch dass aus ihr dann eines Tages die beste Fachinformatikerin ihres Ausbildungsjahrgangs werden würde, hatte sie als Abiturientin kaum geahnt. Vielmehr ging es erst einmal darum, überhaupt den Weg nach Magdeburg zu finden. Sie sagt: „Ich hatte mich für ein Studium der Biosystemtechnik entschieden.“ Und das gab es in München, Stuttgart – und eben an der Magdeburger Otto-von-Guericke-Universität. Da die Familie sich ohnehin in die Region orientiert hatte, fiel die Wahl auf Magdeburg.

Was zu tun ist, wenn man das Studium abbricht

So recht anfreunden konnte sich die Wahl-Magdeburgerin aber mit dem Studium nicht. Sie, der während des Abiturs alles zugefallen war, hatte plötzlich Prüfungsangst. „Solche Prüfungsangst, dass ich nach einem ersten Scheitern das nicht einfach wegstecken konnte. Ich wurde zum Dauergast in der Bibliothek, um zu lernen und zu lernen.“ Womöglich eine gute Voraussetzung, um Misserfolge zu überwinden – aber eben nicht, um Selbstsicherheit zu finden und die Prüfungspanik zu überwinden. Auch ein Wechsel zur Systemtechnik und Kybernetik konnte da nicht weiterhelfen – selbst wenn ihr dieser Studiengang mit einem höheren Anteil an Mathematik mehr lag. In ihr reifte die Überzeugung, dass ein Studium generell nichts für sie ist.

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Nur: Der Schritt, dieser Überzeugung auch eine Tat folgen zu lassen, ist nicht einfach. „Ich habe mich geschämt, das Studium abzubrechen und habe daher noch einmal zwei Semester gebraucht.“ Ihre Erkenntnis aus dieser Zeit: „Ich kann nur jedem in einer ähnlichen Situation empfehlen: Nutzt die angebotenen Hilfen für eine Beratung!“ In ihrem Fall gab es die Unterstützung von Sarah Rögner. Sie ist Projektleiterin für Sachsen-Anhalt beim „Beratungsnetzwerk Queraufstieg“, dem es um die Entstigmatisierung des Themas Studienabbruch und die weitere Beratung geht. Über diese Schnittstelle war die von der DIHK jetzt Geehrte damals also auf die Ausbildung zur Fachinformatikerin aufmerksam geworden.

Auf das Praktium kommt es an

Nach einem „sehr angenehmen Bewerbungsgespräch“ stand ein Praktikum bei Sulzer auf dem Plan – jenem Unternehmen, dessen Auszubildende bereits in den zwei Jahren zuvor auf Landesebene Spitzenplätze belegt hatten. „Das Praktikum war mir sehr wichtig“, erinnert sich Anna-Maria Kopylowicz. Letztendlich hat sie das überzeugt. Da sie nicht zuletzt von dem abgebrochenen Studium bereits Vorkenntnisse im Programmieren erworben hatte, ahnte sie, was auf sie zukommt. Daher durfte sie auch gleich mit in ein Projekt einsteigen, mit an der Programmierung arbeiten. „Was mich an der Ausbildung dann doch überrascht hat, ist, welchen großen Teil die Kommunikation mit den Kunden an der Arbeit des Programmierers ausmacht.“ Das ist es, was ihr auch besonders liegt.

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Angenehm in Erinnerung geblieben ist ihr bei Sulzer, wie sie an den einzelnen Stationen immer wieder ins Team eingebunden war, wie ihr immer wieder geduldig die Fragen beantwortet wurden, wie sie lernte, durch einen Perspektivwechsel Lösungen für Aufgaben zu finden, für die sie vorher keinen Ansatzpunkt finden konnte. „Diese Erkenntnis war es auch, die bei mir während der Ausbildung den Knoten platze lies, wo ich merkte, dass ich jetzt an der richtigen Stelle bin.“

Was Frauen in der Infomatik-Branche mehr leisten müssen

Wenn auch nicht in ihrem Ausbildungsbetrieb – andernorts hatte Anna-Maria Kopylowicz immer wieder erfahren, dass sie als Frau in der Branche argwöhnisch beäugt wurde: „Da war das Gefühl, in dieser Branche als Frau immer etwas leisten zu müssen.“ In Schule, Studium, Berufsschule – überall hatten andere sie spüren lassen, dass sie allein ihres Frauseins wegen doch eine Außenseiterin in der Informatik ist.

Das ist für sie nun aber Geschichte. Sie weiß, was sie kann und was sie möchte. Inzwischen hat Anna-Maria Kopylowicz wohl auch zum Bedauern ihres Ausbildungsbetriebs die sachsen-anhaltische Landeshauptstadt verlassen. Sie ist jetzt in Hannover zu Hause, wo sie sich in einem anderen Unternehmen der Cloud-Technologie zuwenden kann. Und sie sagt: „Auch möchte ich mich auch gern einmal mit der künstlichen Intelligenz beschäftigen.“

Swaantje Creusen, Vorsitzende des DIHK-Bildungsausschusses, gratulierte Anna-Maria Kopylowicz bei der Bundesbestenehrung in Berlin.
Swaantje Creusen, Vorsitzende des DIHK-Bildungsausschusses, gratulierte Anna-Maria Kopylowicz bei der Bundesbestenehrung in Berlin.
Foto: DIHK/Schicke/Plambeck

Der Ausbildungsbetrieb und das Berufsbild des Fachinformatikers

Ausbildungsbetrieb: Sulzer ist ein unabhängiger Full-Service-Anbieter für Unternehmens- und IT-Beratung, der 1978 gegründet wurde. Als Software-Partner ist er spezialisiert auf führende Unternehmen in der Mobilitätsindustrie und betreut zusätzlich Kunden in den Bereichen Versicherung und Maschinenbau. Mit fünf Standorten in Deutschland und zehn weltweit ist Sulzer global präsent und verfügt über ein Team von insgesamt mehr als 900 Mitarbeitern.

Ausbildungsberuf: Die Ausbildung zum Fachinformatiker wird in vier Schwerpunkten angeboten: Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung, Fachinformatiker für Systemintegration, Fachinformatiker für digitale Vernetzung und Fachinformatiker für Daten- und Prozessanalyse. Fachinformatiker/innen konzipieren und realisieren komplexe IT-Systeme und passen diese benutzergerecht an. Sie analysieren Arbeitsprozesse, erkennen Optimierungsbedarf und entwickeln entsprechende Lösungen oder befassen sich mit der digitalen Vernetzung von Prozessen zum Beispiel in Produktion und Logistik, im Handel und anderen Wirtschaftsbereichen.