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Universität Magdeburger Forscher gehen schweren Corona-Erkrankungen auf den Grund

Wissenschaftler der Magdeburger Universität erforschen die Ursachen und molekularen Mechanismen schwerer Covid-19-Verläufe. Drei Jahre lang läuft das Projekt.

25.01.2022, 14:00
Fred Schaper und Anna Dittrich von der Universität Magdeburg forschen zu schweren Covid-19-Erkrankungen.
Fred Schaper und Anna Dittrich von der Universität Magdeburg forschen zu schweren Covid-19-Erkrankungen. Jana Dünnhaupt

Magdeburg - vs

Wissenschaftler aus dem Institut für Biologie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg werden in den nächsten drei Jahren die Ursachen und molekularen Mechanismen schwerer Covid-19-Verläufe erforschen. Dafür habe die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) soeben 500 000 Euro bewilligt.

Die Wissenschaftler vom Lehrstuhl für Systembiologie der Universität Magdeburg sollen mit Kollegen vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig unter Laborbedingungen untersuchen, was zu der mit einem schweren Covid-19-Verlauf einhergehenden gravierenden Schädigung unseres Blutgefäßsystems führe und damit neue Therapieansätze vorantreiben, hieß es dazu in einer Mitteilung der Magdeburger Universität.

Das Team um Prof. Dr. Fred Schaper und Dr. Anna Dittrich wolle herausfinden, ob diese Gefäßschädigungen durch die Infektion von Blutgefäßzellen mit dem Sars-CoV2-Virus oder etwa durch den körpereigenen Botenstoff Interleukin-6, einem Protein, das schwere Entzündungsreaktionen im Körper bewirkt, ausgelöst werden. Parallel dazu wollen die Wissenschaftler den Einfluss von Glukokortikoiden auf die Schwere der Gefäßschädigungen messen.

10 bis 20 Prozent mit schweren Symptomen

Glukokortikoide, zum Beispiel Cortisol, sind körpereigene Hormone, die entzündungshemmend wirken. Synthetische Glukokortikoide wie Dexamethason werden seit den 1950er Jahren zur Behandlung entzündlicher Krankheiten eingesetzt und sind eine der wenigen Therapieoptionen bei schwer an Covid-19 erkrankten Menschen. Die genauen Mechanismen der Wirkungen und Nebenwirkungen von Glukokortikoiden seien jedoch bis heute nicht ausreichend verstanden.

„Bei Menschen mit schweren Covid-19-Verläufen stellen Komplikationen in den Gefäßen des Blutkreislaufsystems ein wesentliches Risiko dar“, so der Leiter des Forschungsprojekts, Prof. Fred Schaper. „Deren Ursachen sind noch weithin unbekannt und uns stehen, außer der Prävention einer schweren Erkrankung durch Impfungen, darum bisher kaum wirkungsvolle Medikamente zur Behandlung von Covid-19 zur Verfügung“, sagt er.

10 bis 20 Prozent der mit Sars-CoV2 infizierten Patienten entwickelten schwerwiegende Symptome, so der Biologe weiter. „Bei diesen Menschen kommt es zu einer unkontrollierten und in Teilen lebensbedrohlichen Freisetzung des entzündungsregulierenden Proteins Interleukin-6.“ Die Konzentration von Interleukin-6 im Blut von solchen Patienten sei also ganz klar ein Indikator für die Schwere der Erkrankung.

Gesunde und infizierte Zellen im Blick

Die entscheidende Rolle von Interleukin-6 bei dieser Erkrankung werde auch dadurch deutlich, dass inzwischen auch in Deutschland die Behandlung von schwer erkrankten Covid-19-Patienten mit Medikamenten empfohlen werde, die die Funktion von Interleukin-6 blockieren. Darüber hinaus reduzierten Glukokortikoide, die das körpereigene Abwehrsystem dämpfen, die Todesrate bestimmter Covid-19-Patienten.

In künstlichen In-vitro-Gefäßmodellen und mit Hilfe von Einzelzellanalysen werde das Team der Universität Magdeburg zusammen mit den Kollegen aus Braunschweig die Folgen der Sars-CoV2-Infektion für unterschiedliche Gefäßzelltypen wie Endothelzellen und Gefäßmuskelzellen erforschen. „Um pathophysiologische, also krankheitsbedingte, Vorgänge in Blutgefäßen wirklichkeitsnah zu simulieren, werden die verschiedenen Gefäßzelltypen nicht einzeln untersucht, sondern gemeinsam kultiviert“, erläutert der Lehrstuhlinhaber für Systembiologe Prof. Fred Schaper. „So bilden sich dreidimensionale Strukturen aus, die es uns erlauben, die Interaktion der einzelnen Zelltypen und gefäßspezifische Funktionen, wie Durchlässigkeit oder Neubildung, zu untersuchen.“

Mit Hilfe dieser Gefäßmodelle werde das Zusammenspiel zwischen infizierten und nichtinfizierten Zellen sowie die Rolle des körpereigenen Proteins Interleukin-6 und der therapeutisch eingesetzten Glukokortikoide für die Gefäßschädigung erforscht. „Die jeweiligen Gefäßmodelle werden zusätzlich so angepasst, dass spezifisch einzelne Zelltypen stimuliert werden können, die eine bestimmte Funktion ausüben.“ Mit Hilfe moderner Mikroskopier- und Sequenzierverfahren könnten anschließend die Reaktionen einzelner infizierter oder nichtinfizierter Zellen analysiert werden.