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Wettbewerb Magdeburger sucht die Insektenoase

Der Magdeburger Henry Sonnet möchte etwas gegen das Insektensterben tun. Der Wettbewerb "Es summt ..." soll andere mitziehen.

Von Martin Rieß 14.06.2019, 01:01

Magdeburg l Zugegeben: Der Garten von Henry Sonnet unweit der Berliner Chaussee in Magdeburg entspricht nicht dem Bild des klassischen Schrebergartens. Soll er aber auch nicht. Denn hier hat die Natur viel Platz.

Henry Sonnet geht es nicht darum, große Tomaten und üppige Schnittblumen zu ernten. „Ich möchte Raum für die einheimische Insektenwelt schaffen.“ Er ist überzeugt, dass sich auch in jedem klassischen Kleingarten, in jedem Innenhof, ja sogar auf der Terrasse oder auf dem Balkon Stellen finden, an denen etwas für die Insekten getan werden kann.

Als Anerkennung und Ansporn für die Menschen in Magdeburg und Umgebung, selbst etwas zu tun, hat Henry Sonnet seinen Wettbewerb „Es summt ...“ neu aufgelegt. 2018 hatte der Informatiker die Aktion ins Leben gerufen hatte und seine Erfahrungen auf seiner Homepage zusammengetragen.

Ein Beispiel: Insektenhotels. Aus Naturmaterialien wie Schilf sollen sie an geschützten sonnigen Stellen Platz für Insekten bieten, ihre Eier ablegen. „Doch das ist es nicht allein. Nur ein Bruchteil der Bienenarten, die bei uns vorkommen, können damit beispielsweise etwas anfangen. Andere graben ihre Nester in die Erde, viele benötigen sogar so etwas wie Abbruchkanten.“

Bewährt habe es sich für diese Insekten, einen Erdklumpen, den man zum Beispiel für ein Pflanzloch ausgehoben hat, nicht gleich wieder zu zerkleinern. Damit mache man im wahrsten Sinne des Wortes die potenzielle Behausung einer Biene dem Erdboden gleich.

Das Gleiche gilt für Stengel von abgeblühten Pflanzen. Auch sie sollten nicht komplett entfernt werden. „Gerade im Winter bieten sie für viele Tiere einen Unterschlupf.“

Mehr als die Behausungen für die Tiere macht des Gartens Pflanzenwelt aus. In kleinen Töpfen in Henry Sonnets Garten unweit der Berliner Chaussee warten die Pflanzen noch darauf an ihren Bestimmungsort gebracht zu werden. Andere haben sich von sich aus angesiedelt. Ein Beispiel ist der gemeine Rainkohl. „Der war auf einmal da und hat wie andere Wildpflanzen im vergangenen Jahr nur wenig Probleme mit der Trockenheit gehabt“, berichtet der Wild-Gärtner. Vor allem Florfliegen haben sich über die Blüten gefreut. Und auch der Mensch kann sich von der Pflanze ernähren: Die Pflanze kann als Salat oder Spinat zubereitet werden.

Auch für andere nützliche Pflanzen, die nur zur oft als Unkraut radikal aus dem Garten entfernt werden, sollten sich Ecken finden lassen. Henry Sonnet nennt in diesem Zusammenhang die Wegwarte, die Nachtkerze, den Natternkopf und den Klatschmohn, den Wiesen-Bocksbart, die Wilde Karde, den Alant, das Johanniskraut, die Nachtviole, das Herzgespann, die Hunds-Rose, die Berg- und andere Flockenblumen, die Zieste, die Schwarznessel und die Zaunrübe. Und nicht zu vergessen, verschiedene Kleesorten, Glockenblumen, Disteln, Kletten, Beerenobst und und und ...

Er selbst richtet in seinem Garten gerade eine Brennnesselecke ein. Mit ihren unscheinbaren Blüten sind diese Pflanzen für die ausgewachsenen Insekten zwar eher uninteressant. Gerade für viele Tagschmetterlinge sind sie indes unentbehrlich, da sich ihre Raupen von Brennnesseln und nichts anderem ernähren.

Dank der Glockenblumen in seinem Garten hat Henry Sonnet bereits andere Spezialisten beobachten können: Die Glockenblumen-Scherenbiene gehört zu jenen Insekten, für die eine artenarme Landschaft ohne Glockenblumen aufgrund ihrer Spezialisierung das Aus bedeutet. In dem Garten des experimentierfreudigen Insektenliebhabers ist auch schon die Gelbbindige Furchenbiene, eine in Sachsen-Anhalt seltene Art aufgetaucht.

Kein Problem hat Henry Sonnet übrigens damit, wenn bei ihm die Gegenspieler von Bienen im Garten auftauchen – beispielsweise Trauerschweber und der Große Wollschweber. Henry Sonnet sagt: „Das ist ein lustiger Gesell. Zwar parasitiert er auf Wildbienen. Aber er gehört zur Natur eben auch mit dazu.“

Für die meisten Blumen und Kräuter ist die Zeit zur Aussaat zwar schon vorbei, neue Pflanzen können dennoch einen Platz finden. Gerade zum Tag des offenen Gartens am 15. Juni 2019, an dem sich übrigens auch Mitjuror Kevin Zachau in Barleben beteiligt, können Absenker und Stauden erworben und getauscht werden. „Und auch am Lokalerzeugermarkt auf dem Schellheimerplatz gibt es einen entsprechenden Stand“, berichtet Henry Sonnet. Nächster Termin dazu ist der 8. August.

Das Engagement von Henry Sonnet und seinen Mitstreitern hat übrigens einen guten Grund: Seit 1989 seien drei Viertel der Insekten in Deutschland verschwunden.

Bis 30. September 2019 läuft noch der Pflanzewettbewerb „Es summt ...“ des Magdeburger Vereins Grünstreifen. An dem Wettbewerb können all jene teilnehmen, die in Magdeburg und den angrenzenden Ortschaften selbst etwas gegen das Insektensterben tun möchten. Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, den Insekten zu helfen.

Hilfe sind beispielsweise blühende Wiesen, Staudenbeete, Nützlingsunterkünfte oder wilde Ecken. Auf der eigens eingerichteten Seite können sich alle Interessierten aus Magdeburg und Umgebung beim Wettbewerb anmelden und Punkte sammeln. Für jede verwendete Insektenpflanze gibt es ein Punktesystem, das die Pflanze automatisch nach ihrer Bedeutung als Pollen- und Nektarquelle für Insekten bewertet. Nach Eingabe aller vorhandenen Pflanzen ergibt sich eine Gesamtpunktzahl.

Die Jury, bestehend aus Joana Obenauff (Wurzelglück - Gartenzeit, Gartentherapie, Gartenberatung, Magdeburg), Henry Sonnet (Grünstreifen e. V., Magdeburg) und Kevin Zachau (Zachau's Pflanzenwelt, Barleben), wird die aussichtsreichsten Wettbewerbsgärten und -flächen besuchen und bewerten. Auch in diesem Jahr gibt es Preise zu gewinnen: unter anderem warten Gutscheine für Pflanzen und ökologische Workshops sowie kunstvolle Insektenbilder auf die Gewinner. Dazu gehört auch die Plakette „Es summt ...“, mit der die Erstplazierten ihr Gartentor schmücken und ein Zeichen für eine insektenfreundliche Bewirtschaftungsweise setzen können.