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Unerfüllter Kinderwunsch + starke Schmerzen Magdeburgerin über ein Leben mit Endometriose

Rund zwei Millionen Menschen sind in Deutschland von Endometriose betroffen – in vielen Fällen bleibt die Erkrankung aber lange unerkannt. Zwei Magdeburgerinnen haben daher eine Selbsthilfegruppe gegründet. Wie die Frauen mit der Krankheit umgehen und welche Vorurteile sie aus dem Weg räumen wollen.

Von Lena Bellon Aktualisiert: 05.10.2023, 19:29
Da die Krankheit Endometriose viele Facetten hat, sind viele Betroffene ratlos und fühlen sich vom Umfeld oft missverstanden. Daher haben zwei Magdeburgerinnen eine Selbsthilfegruppe gegründet, um ein offenes Ohr zu bieten und  zu helfen.
Da die Krankheit Endometriose viele Facetten hat, sind viele Betroffene ratlos und fühlen sich vom Umfeld oft missverstanden. Daher haben zwei Magdeburgerinnen eine Selbsthilfegruppe gegründet, um ein offenes Ohr zu bieten und zu helfen. Symbolfoto: Annette Riedl/ dpa

Magdeburg - Starker Menstruationsschmerz, chronische Müdigkeit, Schmerzen in den Beinen, Migräne, Lebensmittelunverträglichkeiten und nicht selten auch ein unerfüllter Kinderwunsch. Das alles können Symptome der Erkrankung Endometriose sein. Sie gehört zu den häufigsten gynäkologischen Erkrankung und dennoch können viele Menschen kaum den Namen der Erkrankung aussprechen, kennen die Symptome nicht oder unterschätzen die Auswirkungen von Endometriose auf den Körper. Zumindest sind das die Erfahrungen von Meike Wenzel und Celia Perez-Fernandez.

Darum haben sie 2021 in Magdeburg eine Endometriose-Selbsthilfegruppe gegründet. „Ich habe beispielsweise eine versteckte Endometriose. Die wurde erst festgestellt, als ich 2018 bei einer Kinderwunschbehandlung war“, erzählt die 36-jährige Meike Wenzel. Da sie keine der spürbaren Symptome hatte, wäre auch kein Arzt zuvor darauf gekommen, dass sie Betroffene sein könnte. Auf die Diagnose folgte eine OP, da die Zyste bereits dafür gesorgt habe, dass sie einen Nierenstau hatte. Nach der Operation und mit der Diagnose habe sie sich jedoch hilflos gefühlt.

Endometriose in der Öffentlichkeit

Erst seit wenigen Jahren gehen Frauen vermehrt damit an die Öffentlichkeit und klären über die Folgen auf. „Zum Glück gibt es etwas wie Facebook. In einer Gruppe für Endometriose-Betroffene habe ich gefragt, wer noch aus Magdeburg kommt. So habe ich dann Celia kennengelernt“, erzählt die 36-Jährige. Bei den ersten Treffen habe für die beiden festgestanden, dass sie eine Selbsthilfegruppe gründen wollen, um Frauen die Ratlosigkeit zu ersparen. Aufgrund der Pandemie hätten die Treffen zunächst online stattgefunden. Seit 202 treffen sie sich monatlich im Offenen Treff Nordwest.

„Wir hören uns gegenseitig zu. Es gibt viel zu reden bei dem Thema, was Freunde oder Partner oft nicht verstehen“, sagt Wenzel. Erschwerend käme bei Endometriose dazu, dass man Betroffenen die Krankheit nicht ansehe und das Umfeld häufig glaubt: „So schlecht kann es dir doch gar nicht gehen.“

Die Magdeburgerinnen Meike Wenzel (links) und  Celia Perez-Fernandez haben 2021 eine Selbsthilfegruppe für Endometriose-Betroffene gegründet.
Die Magdeburgerinnen Meike Wenzel (links) und Celia Perez-Fernandez haben 2021 eine Selbsthilfegruppe für Endometriose-Betroffene gegründet.
Foto: Meike Wenzel

Fakten: Was ist Endometriose?

  • Das ist eine gutartige, jedoch chronisch verlaufende Erkrankung. Bei Endometriose wächst ein Gewebe, welches der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb der Gebärmutter. Dieses Gewebe verfügt über die Eigenschaft, prinzipiell an jeder Stelle des Körpers wachsen zu können.
  • Betroffen können alle Menschen sein, die eine Gebärmutter haben und im gebärfähigen Alter sind – in wenigen Einzelfällen wurde Endometriose auch bei Männern im Rahmen einer Prostatakrebs-Behandlung gefunden. Generell gibt es zwei übergeordnete Behandlungswege: die medikamentöse und die operative Therapie. Diese werden durch zahlreiche komplementäre Therapiemöglichkeiten ergänzt.
  • Endometriose äußert sich sehr unterschiedlich, deshalb wird sie auch als „Chamäleon der Gynäkologie“ bezeichnet.
  • Bei 40 bis 50 Prozent der Frauen, die ungewollt kinderlos bleiben, ist Endometriose die Ursache
  • In Deutschland gibt es circa 100 auf die Behandlung von Endometriose spezialisierte medizinische Einrichtungen.
  • Weitere Infos bei der Endometriose-Vereinigung Deutschland:

31 Frauen in der Magdeburger Gruppe

Die Selbsthilfegruppe soll daher hauptsächlich ein offenes Ohr sein. Insgesamt hätten aktuell 31 Frauen dieses Angebot angenommen und tauschen sich aus – online sowie offline. „Bei den Treffen sind es manchmal auch nur sieben Frauen. Nicht jede hat immer etwas zu besprechen. Manche trauen sich auch nicht, weil die Themen oft sehr intim sind“, erklärt Wenzel. Bei einigen Betroffenen gingen die Symptome sogar so weit, dass sie einen Behindertengrad erhalten, sogar der Besitz eines Schwerbehindertenausweises sei möglich. Zukünftig wollen sie in Magdeburg eine Art „Mutterschiff“ sein und in den Regionen Harz oder Halberstadt beispielsweise sollen sich eigene Gruppen gründen.

Denn bislang kommen aus ganz Sachsen-Anhalt Betroffene auf die beiden Magdeburgerinnen zu. Neben dem offenen Ohr und der gegenseitigen Unterstützung gibt es auch Informationsabende mit Experten zu verschiedenen Themen. Ein großen Thema bei den Betroffenen sei der häufig unerfüllte Kinderwunsch und die darauf oft resultierende künstliche Befruchtung. Meike Wenzel selbst sei bereits in Behandlung und nimmt Hormone.

Krankheit oft unterschätzt

Die 34-jährige Mitgründerin Celia Perez-Fernandez hat vor einigen Wochen ein Kind bekommen – trotz Endometriose. Bei dieser Thematik sei es besonders hilfreich in einer Frauengruppe darüber sprechen zu können: „Jede hat andere Erfahrungen. So können alle immer etwas dazulernen.“

Wichtig sei den Magdeburgerinnen auch, dass das Umfeld noch mehr über die Erkrankung lernt. Dass ihnen mehr Verständnis für ihre Schmerzen, Eingriffe und Behandlung entgegengebracht wird. „Von Männern hören Betroffene oft, dass sie sich nicht so anstellen sollen, dass Menstruationsbeschwerden normal seien“, erzählt sie aus den Gesprächen der Selbsthilfegruppe.

Zertifizierte Zentren für Endometriose

Mehr Aufklärung über die Erkrankung könnte diesen Reaktionen entgegenwirken. Aber sie räumt auch ein, dass sie allgemein positive Veränderungen wahrnimmt: „Mittlerweile haben doch einige Menschen schon etwas davon gehört. Es wird besser.“ Mittlerweile gebe es Endometriose-Zentren, die spezialisierter beraten, als Gynäkologen allgemein. Wichtig sei der 36-Jährigen auch, dass die Gruppe dazu beitragen soll, sich nicht mehr jeden Tag mit der Krankheit auseinandersetzten zu müssen.

Ziel soll sein, dass Frauen weniger Fragezeichen haben und sich auch wieder auf schöne Dinge im Leben konzentrieren können und „sich wieder ihre Lebensqualität zurückholen“. Diese könne, zusätzlich zu medizinischen Behandlungen, auch beispielsweise durch Ernährung, Yoga, Entspannungsmethoden oder Osteopathie zurückgewonnen werden.