Klimawandel Mit Video: Erneutes Fischsterben droht - Das macht die Dürre mit dem Salbker See I in Magdeburg
Wie wirkt sich die Dürre der zurückliegenden Jahre auf die Gewässer in der Elbaue aus? Dieser Frage geht das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung nach. Der Salbker See I, ohnehin Problemkind der Stadt, ist Teil der Untersuchungen. Die bisherigen Ergebnisse verbreiten keine Hoffnung.

Fermersleben - Die Gefahr kommt lautlos. In den tieferen Schichten des Salbker Sees I lauert Schwefelwasserstoff. Geraten die Schichten durcheinander, etwa durch Wind und kühler werdendes Oberflächenwasser im Herbst, wird das giftige Gas aufgewirbelt. Ein Szenario, das sich alle Jahre wieder an dem Gewässer, in dem das Baden schon lange verboten ist, abspielt. Und das Fische grausam verenden lässt.
Die zurückliegenden Dürrejahre belasten den See zusätzlich. Das bestätigen erste Forschungsergebnisse des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Magdeburg. Wissenschaftler Dr. Jörg Tittel analysiert die Ökologie des Gewässers. Und hat vor allem bei zwei Elementen viel zu hohe Konzentrationen entdecken müssen.
Lesen Sie auch: Gibt es in Magdeburg eine Rettung für den Salbker See?
Salbker See I in Magdeburg: Phosphor kommt wohl über das Grundwasser
„Wir sehen extrem viel Phosphor, was natürlicherweise in der Menge nicht vorkommen kann.“ Dr. Jörg Tittel und Doktorandin Luisa Coder sind zurück von ihrer Probenentnahme im Salbker See I. Einmal im Monat machen sie sich dazu mit dem Boot auf. Und das seit gut eineinhalb Jahren. Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung werten sie die Proben aus.
Sehr wahrscheinlich gelange der Phosphor über das Grundwasser in das Gewässer. Die beiden Salbker Seen haben unterschiedliche Grundwasserzuflüsse, was Messungen ergeben haben, so der Wissenschaftler. Somit ließe sich auch erklären, dass der Salbker See II nicht die Probleme seines Gegenübers hat.
Der hohe Phosphoranteil könnte in Altlasten aus der Industrie, in undichten Abwasserleitungen, in der Landwirtschaft oder anderen Dingen begründet liegen, sagt Tittel. „Dieser viele Phosphor ermöglicht erst das hohe Algenwachstum“, erklärt er das Dilemma. Denn die Algen lassen den Sauerstoffgehalt sinken und den des Schwefelwasserstoffs steigen.
Die Werte im Salbker See I sind alarmierend. Der vom Sauerstoff sei viel zu gering und nur im oberen Bereich des Sees überhaupt messbar. Der vom Schwefelwasserstoff extrem hoch. „Der Messbereich vom Gerät war um den Faktor zehn überschritten. Wir mussten die Proben also 1:10 verdünnen, um sie messen zu können“, erklärt Tittel das Ausmaß.
Salbker Seen künstlich angelegt: Oberirdische Verbindung zur Elbe fehlt
Die Forschung des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung erstreckt sich nicht nur über die beiden Salbker Seen, sondern auch über den Mönchsgraben und die Kreuzhorst. Denn: Viele Gewässer haben ein Problem mit dem Klimawandel, durch die Dürre, so der Wissenschaftler.
Aber es gebe noch ein weiteres, das noch älter sei. Und das sei der Ausbau der Elbe. „Dadurch hat sich der Fluss immer tiefer eingegraben in sein Bett und das Grundwasser abgesenkt.“ Diese beiden Probleme würden zusammenfallen und sich auf die Seen in der Elbaue auswirken.
Das könnte Sie auch interessieren: Badesaison startet in Sachsen-Anhalt: Entwarnung für Neustädter See in Magdeburg
Die Salbker Seen, beides künstliche Seen, verfügen über keine oberirdische Verbindung zur Elbe. Dadurch seien sie auch stärker von den Auswirkungen der Dürre betroffen. Konsequenz: „Sie werden flacher.“ Und die Wasserqualität leide. Speziell im Salbker See I.
„Wenn man die Wasserqualität hier beobachtet, kann man eigentlich nur sagen: Jede Veränderung kann nur noch zu einer Verbesserung führen.“ Die Sichttiefe betrage lediglich 20 Zentimeter. Weniger sei kaum möglich. Und Besserung nicht in Sicht. „Ein ständiger Wasseraustausch ist die einzige Chance“, sagt Tittel und denkt dabei an die vom Anglerverein Magdeburg eingebrachte Idee einer Verbindung zur Elbe.
Weiteres Fischsterben im See in Magdeburg wahrscheinlich
Der Forscher war auch im vergangenen Jahr Anfang September vor Ort, als Hunderte Fische qualvoll sterben mussten, weil so gut wie gar kein Sauerstoff mehr vorhanden war. Denn immer dann, wenn das Oberflächenwasser etwas kühler werde und Wind bekomme, mische es sich mit dem Wasser der unteren Schichten.
Der Schwefelwasserstoff werde so im gesamten Wasser verteilt. Dann gebe es keinen Raum mehr, wo die Fische hinkönnen. „Sie versuchen mit der letzten Kraft ans Ufer zu kommen und aus dem Wasser zu springen.“ Ein Todeskampf, den sie nicht gewinnen können.
Auch für Sie interessant: Intel-Wasser zur Rettung des Salbker Sees in Magdeburg?
Dass doch noch Fische überleben, könne sich Tittel kaum erklären. „Man kann sich nur vorstellen, dass es irgendwo Mikrobereiche gibt im See, wo sich das nicht hinverteilt. Vielleicht im Schilf. Aber wenn sie dem Schwefelwasserstoff ausgesetzt sind, ist’s vorbei.“ Das giftige Faulgas töte alle Mikroorganismen ab.
Es sei davon auszugehen, dass es auch in diesem Jahr Ende August, Anfang September wieder zum Fischsterben komme, prognostiziert der Wissenschaftler. Die derzeitigen Werte von Sauerstoff, Phosphor und Schwefelwasserstoff verbreiten keine Hoffnung auf Besserung.