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MöbelverkaufBei Ikea in Magdeburg piept's

Ikea in Magdeburg muss in seinem Warenhaus Vögel einfangen.

Von Rainer Schweingel 23.07.2018, 01:01

Magdeburg l "Zwitscherst du noch oder haben wir dich schon ...“ So könnte in Anlehnung an eine Ikea-Werbung ein tierisches Problem des schwedischen Möbelmarktes in Magdeburg beschrieben werden. Denn zwischen den Billy-Regalen piept’s mitunter – weil Singvögel versehentlich den Weg ins Möbelhaus finden, aber nicht wieder hinaus.

Aus überdachten Gartenabteilungen in Baumärkten kennt es fast jeder. Spatzen und andere Vögel schwirren durch die Auslagen und fühlen sich pudelwohl. Nicht der Rede wert dort, können die gefiederten Tierchen doch problemlos den Bereich wieder verlassen. In einem geschlossenen Möbelhaus indes ist das anders. Wer – als Vogel wohlgemerkt – den Weg ins Gebäude gefunden hat, findet ihn in der Regeln nicht mehr hinaus. Die Folge: Auch hier schwirren Singvögel durch die Verkaufsauslagen – sollen sie aber nicht: wegen ihrer eigenen Sicherheit sowie der Kunden und Ware.

Bei Ikea im Sülzegrund ist dieser Zustand, der vereinzelt auch in anderen Waren- und Möbelhäusern auftritt, aber zu einem Problem geworden, dass das Unternehmen sogar die Stadt Magdeburg um Unterstützung bat. Ikea-Sprecherin Chantal Gilsdorf: „Es ist richtig, dass immer mal wieder Spatzen den Weg in unser Einrichtungshaus finden. Diese kommen dann hinein, wenn bei der Anlieferung frühmorgens oder auch während der Öffnungszeiten tagsüber Türen und Zugänge zum Haus geöffnet sind.“ Da man in Magdeburg einen sehr naturnahen Standort habe, sei dies letztlich auch nicht ungewöhnlich.

Dennoch hat es einen gemeinsamen Treff zwischen dem Unternehmen und der Stadt Magdeburg zu dem Vogelproblem gegeben. Magdeburgs Rathaussprecher Michael Reif: „Es gab dazu bereits einen Vor-Ort-Termin, an dem auch eine Vertreterin der Unteren Naturschutzbehörde teilgenommen hat. Das Einfangen und das unmittelbare Freilassen der Vögel sind nicht genehmigungspflichtig.“ Dies basiere auf dem Bundesnaturschutzgesetz und der einschlägigen Rechtsprechung.

Folgende Vorgaben müssten beim Einfangen aber eingehalten werden. Reif: „Die Sperlinge müssen fachgerecht eingefangen werden, wobei die Methode mit dem sogenannten Japannetz anerkannt ist. Die Tiere sind auf dem Grundstück unmittelbar nach der Fangaktion freizulassen. Damit wird eine genehmigungspflichtige Inbesitznahme ausgeschlossen.“

Auch Ikea bestätigt: „Wir haben unser Vorgehen zu diesem Thema gemeinsam mit der Unteren Naturschutzbehörde der Stadt Magdeburg abgestimmt. Konkret fangen wir die Tiere schonend mit einem Spezialnetz ein und bringen sie dann nach draußen, wo wir sie umgehend freilassen“, so Chantal Gilsdorf weiter. Entsprechend sei kein Vogel zu Schaden gekommen. Auch im Einrichtungshaus seien keine Schäden zu verzeichnen gewesen, „abgesehen davon, dass es natürlich an der einen oder anderen Stelle einen etwas erhöhten Reinigungsbedarf gab“, so Gilsdorf weiter.

Was aber ist mit dem hygienisch besonders sensiblen Restaurantbereich? Auch da hat sich Ikea etwas einfallen lassen. Die Methode ähnelt dem des Reusenfangs bei Fischen. Das Möbelhaus setzt im Bereich des Restaurants einen Vogelsimulator ein, der die Spatzen anlocken soll, falls sie sich dort befinden. Chantal Gilsdorf: „Dieser Vogelsimulator imitiert die Geräusche der Vögel, so dass es für unsere Besucher so klingen könnte, als würden sich die Spatzen auch im Restaurant befinden – tatsächlich kommt das Geräusch jedoch aus dem Gerät und nicht von Vögeln, die sich dort aufhalten.“

Der Simulator sei eine Art Vogelhäuschen, das auch gleichzeitig Geräusche macht, um Vögel anzulocken. Geht ein Vogel in das Häuschen und kommt er von alleine nicht wieder hinaus, werde von Ikea-Mitarbeitern nach draußen gebracht, so Gilsdorf weiter. Die Frage, wie viele Vögel so gefangen wurden, ließ Ikea offen.

Sind solche Vogelbesuche in Ausstellungsräumen von Möbelhäusern Alltag? Zumindest kann Möbel-Höffner ein paar Hundert Meter weiter nicht von solchem Aufkommen berichten. Hausleiterin Christine Gies: „Zu uns verirrt sich mal eine Schwalbe, mehr nicht.“

Für Paul Ernst Dörfler, einem anerkannten Vogelkundler aus der Region, sind solche Hausbesuche von Singvögeln in großen Hallen wie Möbelhäusern durchaus nicht ungewöhnlich: „Haussperlinge, Meisen und Rauchschwalben fliegen auch mal durch Tore und Eingänge auf der Suche nach Brutplätzen und Nahrung.“

Allerdings: Bei einem Besuch des Volksstimme-Reporters bei Ikea vor wenigen Tagen waren weder Vögel zu sehen noch künstliche Laute zu vernehmen. Die Frage „Zwitscherst du noch oder haben wir dich schon ...“ konnte zumindest an jenem Tag damit eindeutig beantwortet werden.