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Impfen So läuft ein Termin beim Hausarzt oder im Impfzentrum in Magdeburg ab

Für Patienten ist das Impfen beim Hausarzt oft bequemer. Nach ein paar Fragen zur Impftauglichkeit ist der Vorgang schnell gemacht.

Von Matthias Fricke und Tobias Hofbauer Aktualisiert: 14.4.2021, 18:09

Magdeburg. Sigrid Stroczynski zeigt sich gut gelaunt als sie von ihrer Hausärztin Dr. Julia Steinicke empfangen wird. Die 86-Jährige beantwortet zackig alle Fragen zur Impftauglichkeit, die sie bereits seit Tagen kennt. Den Papierbogen hat sie längst ausgefüllt. Die Schwestern der Praxis hatten ihr das Material bereits im Vorfeld zugeschickt. Schon seit einigen Tagen arbeitet das Team an der Vorbereitung des auch für die Seniorin so wichtigen Piks. Deshalb geht jetzt alles zügig. Die Magdeburgerin, die einmal als Kernformerin im Schwermaschinenbaukombinat gearbeitet hat, sagt: „Zum Impfzentrum wollte ich nicht extra. So ist es doch jetzt viel bequemer.“

Was das Team der Hausärztin in den Vorbereitungszimmern dafür bewältigen muss, kann sie nicht sehen. Die Mitarbeiterinnen der Ärztin, zwei Assistenzärzte und drei Schwestern, bereiten die Spritzen in der Mittagspause vor. Die 45-jährige Ärztin: „Den normalen Praxisalltag gibt es ja schließlich auch noch.“ 42 Dosen standen ihr in der ersten Woche zur Verfügung. Jetzt sind es mit 24 deutlich weniger. Der Hausärzteverband Sachsen-Anhalt spricht von einer Kürzung um 25 bis 50 Prozent in dieser Woche. Für Dr. Steinickes deutlich mehr als tausend Patienten sind die vorerst noch wenigen Dosen überschaubar, aber dennoch ist sie froh, dass es endlich losgeht. Im Vorbereitungszimmer nebenan sind für diesen Tag insgesamt zwölf Spritzen mit Biontech-Impfstoff aufgezogen und streng nach Vorschrift samt Kochsalzlösung verdünnt. Dabei darf das im Kühlschrank gelagerte Vakzin nicht geschüttelt werden. Anders als bei den herkömmlichen Impfstoffen ist hier eine ruhige Hand gefragt.

Noch mehr Hausärzte diese Woche am Start

Inzwischen injiziert die Medizinerin den Impfstoff in den Oberarm. „So, dass war es auch schon“, sagt die Hausärztin zufrieden. Auch den Eintrag in den Impfausweis hat das Team bereits vorbereitet. Die Ärztin erledigt jetzt nur noch den Rest. „Dann sehen wir uns Anfang Mai zur Zweit-impfung wieder“, sagt sie.  Auch der Termin steht längst fest. Sigrid Stroczynski meint im Rausgehen, während sie sich den Ärmel zurechtzupft: „Ich freue mich schon auf mein normales Leben im Sommer.“ Bis zur zweiten Impfung muss sie aber noch vorsichtig sein. Dr. Steinicke: „Zum Glück sind schon viele über 80-Jährige geimpft worden, so dass wir jetzt auch jüngere mit Vorerkrankungen an die Reihe nehmen können.“ Die Medizinerin kennt seit Jahren ihre Patienten und weiß am besten, wer dringend einen Impfschutz benötigt. Auch für den Ernstfall, dass Patienten nicht kommen und eine aufgezogene Spritze liegen bleibt, gibt es übrigens einen Plan: Dann werden in der Nähe wohnende Nachrücker angerufen, damit keine Impfung verfällt.

Der Hausärzteverband spricht angesichts gekürzter Impfdosen in dieser Woche von einem „herben Dämpfer“. Holger Fischer vom Hausärzteverband: „Gleichzeitig erhalten wir Informationen, dass die Impfzentren doppelt so viele Dosen erhalten.“ Impfen sei aber schon immer ein hausärztliches Betätigungsfeld. Diese Erfahrung gilt es zu nutzen. Man müsse nur den Impfstoff liefern, so der Hausarzt. Und daran hapert es. In der nächsten Woche ist sogar ein Splitting Pflicht. Wer ein Fläschchen Biontech (sechs Impfungen) bestellt, muss auch ein Fläschchen Astrazeneca nehmen (zwölf Impfungen).  Fischer: „Für die Woche danach hoffen wird, dass wir frei bestellen können.“ Simone Borris, Leiterin des Aufbaustabes Impfen, hält es hingegen für sinnvoller, wenn die Hausärzte vor allem pflegebedürftige oder immobile Menschen impfen. Für die Masse sei das Impfzentrum immer noch die beste Wahl: „Man kann den Hausärzten eine solche Belastung neben ihrer regulären Arbeit nicht zumuten.“

Einbahnstraßenprinzip im Impfzentrum

Im Impfzentrum herrscht indes ein anderer Takt. Mit militärischer Präzision und Tempo werden Impfwillige zum Beispiel in der Magdeburger Messehalle abgefertigt. Die Atmosphäre gleicht der eines Flughafens. Nur, dass es noch nicht in den Urlaub geht. Unter den Impfwilligen ist auch das Ehepaar Eberhard (75) und Rosemarie (74) Stoll aus Magdeburg. Er ist in einer schwarz-roten Trainingsjacke, Jeans und Baseballmütze angereist.  Sie trägt eine pinke Jacke und schneeweißes Haar. Heute wird bei ihnen Astrazeneca verimpft. Nicht gerade der Wunsch der Rentner, doch sie wollen nicht mehr länger warten. „Lieber das, als dass wir Corona kriegen“, sind sich beide einig. Für gewöhnlich kommt das Impfzentrum in Magdeburg auf bis zu 1320 Impfungen am Tag. Am Sonntag erreichte es einen Spitzenwert von 1400 Impfungen. Die Grenze sei allerdings nach oben offen. „Wir könnten weitaus mehr impfen, wenn mehr Impfstoff vorhanden ist“, erklärt Borris.

Grüne Betonklötze in Lego-Optik signalisieren den Weg in das Anmeldezelt und die Messehalle. Im Einbahnstraßenprinzip werden die Impflinge durch die Gänge geführt, damit sich keiner begegnet. Dabei helfen abgeklebte Pfeile auf dem Boden sich zurechtzufinden. Auf dem Weg zur ersten Station erzählt Eberhard Stoll: „Wir haben uns 14 Tage intensiv um einen Impftermin bemüht, bis wir einen erhalten haben“. Zur Sicherheit habe er sich und seine Frau aber auch bei ihrem Hausarzt auf die Warteliste setzen lassen. „So konnten wir auf Nummer sicher gehen bald geimpft zu werden.“ Im Zelt angekommen warten bereits Mitarbeiter mit einem Kontaktlos-Fiebermessgerät. Wer erhöhte Temperatur zeigt, für den ist der Rundgang hier vorbei. Gleich rechts vom Eingang stehen drei Rollstühle, die von der Kommunalen Pflege GmbH für Patienten zur Verfügung gestellt werden, die nicht so gut zu Fuß unterwegs sind. Also nichts für Eberhard und Rosemarie. Die rüstigen Rentner wollen sich nach der ersten gemeisterten Hürde nicht setzen.

Nach einer halben Stunde vorbei

 Die Tür zum Ausgang geht auf, ein Bundeswehrsoldat eilt herein und ruft in den Raum: „Setzen bitte, damit wir sehen können, wer als Nächstes dran ist“. Den Ton kennt Eberhard Stoll bereits. Er war früher in der Oberfinanzdirektion der Magdeburger Landesbauabteilung der Bundeswehr angestellt. „Das ist aber schon ein Weilchen her, sonst wäre ich nicht hier“, witzelt er. Über einen Außenbereich gelangen die Impflinge in die Messehalle. Ihr Weg ist gesäumt von Schaltern zum Anmelden. Identitätsnachweis als Nachweis für die Impfberechtigung als priorisierte Gruppe? Erledigt. Laufzettel in Form eines Anamnesebogens, Einwilligungserklärung und Aufklärungsmerkblatt erhalten? Erledigt. Die Krankenkassenkarte dabei? Erledigt. Wer will, kann hier noch Fragen zur Impfung loswerden, bis es in den nächsten Wartebereich geht. Dort hängt ein Monitor an der Wand, der eine Aufklärungspräsentation abspielt.  Das Paar wird in eine von 15 Impfkabinen gebeten. „Machen Sie es sich schon einmal bequem, der Arzt ist jeden Moment da“, sagt der Bundeswehrsoldat, der die beiden in die Kabine begleitet. 150 sind aktuell laut Landeskommando in Sachsen-Anhalt im Einsatz.

Eilig verlässt der Soldat das Paar und zieht die Vorhänge zu – auf dem Weg zu den nächsten Impfwilligen. Wenige Augenblicke später steht bereits der Arzt vor den Rentnern und erfragt die bevorzugte Impfstelle. Kurz desinfizieren, dann, nach einem Piks ist alles vorbei. Pflaster drauf, fertig. Die Dokumentation der Impfungen befindet sich hinter dem Check-out. Dort bekommt man seinen Zweittermin, der per E-Mail bestätigt wird. Gedauert hat der Impfgang nur eine Viertelstunde. Zusammen mit der Ruhezeit eine halbe Stunde. „Unser Termin war von 10.15 Uhr bis 10.45 Uhr und jetzt ist es fast genau Dreiviertel“, freut sich Eberhard Stoll wie genau das Zeitfenster geplant ist.

Hausärzte erhalten 20 Euro pro Impfung

Für alle, egal ob beim Hausarzt oder im Impfzentrum, ist das Impfen für den Bürger kostenlos. Abgerechnet wird über die Krankenkasse. Nach Medienberichten kostet eine Dosis Astrazeneca etwa zwei Euro, eine Dosis Moderna 15 und Biontech/Pfizer zwölf Euro. Die Hausärzte dürfen für ihre Dienstleistung inklusive Aufklärung, Organisation und Nachbehandlung laut Kassenärztlicher Vereinigung 20 Euro pro Impfung abrechnen. In Impfzentren hingegen werden 100 Euro pro Stunde an Mediziner gezahlt. Die Apotheker erhalten für das Verteilen des Impfstoffes 6,59 Euro je Fläschchen. Diese Woche werden im Land nach Angaben des Gesundheitsministeriums 72.150 Impfdosen erwartet: Rund 40.950 von Biontech, 14.400 von Moderna und 7200 von Johnson & Johnson. Letztere werden nach Stand von gestern Abend vorerst aber nicht kommen.

Hausärzte: Laut kassenärztlicher Vereinigung impfen aktuell viele der 1456 Hausärzte mit. In der vergangenen Woche waren es 814. Mehr als 26.000 Dosen wurden verimpft. Diese haben sich laut Hausärzteverband in dieser Woche nochmals verringert. Eine genaue Zahl für diese Woche ist noch nicht bekannt. In den nächsten Wochen soll laut kassenärztlicher Vereinigung auch Astrazeneca dazu kommen.

Impfzentren: Im Land gibt es aktuell 14 große Impfzentren (pro Landkreis und kreisfreier Stadt) mit entsprechenden Außenstellen. Unterstützt werden die Ärzte und das Personal von insgesamt 150 Bundeswehrsoldaten. Ihre Zahl ist erst kurz vor Ostern nach Angaben des Landeskommandos erhöht worden. Verimpft werden in den Zentren Moderna, Biontech und Astrazeneca.

Termine: Hausärzte melden sich bei ihren Patienten und bitte nicht umgekehrt. Von telefonischen Nachfragen sollte man aufgrund der zusätzlichen Belastung für die Praxen ebenfalls absehen. Für die Impfzentren werden entsprechende Termine entweder über die Internetseiten der Landkreise bzw. kreisfreien Städte oder unter www.116117.de oder Tel. 116117 vergeben.