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Soziale Arbeit Neues Jugendzentrum für Magdeburg-Neustadt

In Magdeburg entsteht ein neues Kinder- und Jugendzentrum. Die Initiatoren haben auch den sozialen Brennpunkt am Moritzplatz im Blick.

Von Karolin Aertel 08.03.2018, 00:01

Magdeburg l Im Vorbeifahren fällt die gelbe Backsteinvilla zwischen Umfassungs- und Lübecker Straße in Magdeburg kaum auf. Ihr Anblick verrät nicht, wie weit sich der Bau erstreckt. Nur, wer deren Geschichte kennt oder das Gelände in der Mittagstraße 15A einmal betreten hat, dürfte um deren Wert und Größe wissen.

Einst als Sommerwohnhaus für Emilie Hauswaldt, Tochter des Schokoladenfabrikanten Johann Albert Hauswaldt, errichtet (1887), wurde es zuletzt von der Diakonie Mitteldeutschland als Geschäftsstelle genutzt. Seit diese im Jahr 2009 nach Halle zog, steht das rund 500 Quadratmeter umfassende Gebäude leer.

Doch nicht mehr lange. In die historische Villa wird der „Sunrise e. V.“ um Bettina und Simon Becker einziehen und ein Kinder- und Jugendzentrum eröffnen. Bereits Ende September 2018 sollen die ersten Workshops und Jugendprojekte stattfinden. Einen Namen haben sie für das wunderschöne Gebäude, dem sich eine große Grünfläche anschließt, auch schon: Villa Wertvoll.

Insgesamt seien sie neun Leute, qualifiziert u. a. als Kinder- und Jugend- sowie Umwelt-Psychologen, Musiker, Theaterpädagogen und Theologen, die sich zu dem Großprojekt zusammengeschlossen haben. In den acht Räumen, die in der Villa zur Verfügung stehen, sollen neben einem Theaterraum und einer Lounge auch Tonstudio und Kreativräume entstehen.

Zudem können sie sich vorstellen, einen Raum beispielsweise für Yoga-Kurse zur Verfügung zu stellen. Langfristig hoffen sie, eine kassenärztliche Stelle für einen Psychologen in der Villa unterbringen zu können.

Mit Blick auf das unweit gelegene Problemviertel, das zum sozialen Brennpunkt geworden ist, gewiss nicht die schlechteste Idee. „Wir haben das Geschehen insbesondere rund um den Moritzplatz im Blick und wollen dort auch ansetzen. Wir wollen mit den Kindern arbeiten, sie direkt an der Haustür abholen und abends auch wieder heimbringen“, erklärt Simon Becker. „Sie sollen entdecken, was sie können, sich in einem geschützten Rahmen ausprobieren und entfalten.“

Aber auch Projekte mit Schulklassen seien geplant - zunächst in Neue Neustadt, später gern stadtteilübergreifend.

Doch bis es so weit ist, muss viel Arbeit in die Villa gesteckt werden. Es müssen Böden erneuert und zig Wände gemalert werden. Auftakt hierfür bildet „Der erste Pinselstrich“, eine Gemeinschaftsaktion am 24. März ab 14 Uhr, zu der alle Interessierten herzlich eingeladen sind. „Wir wollen, dass die Leute ein Gefühl dafür kriegen, was wir machen.“

Der „Sunrise e. V.“ ist u. a. für seine Kindertheaterprojekte, die sie mit geflüchteten Jungen und Mädchen initiieren, und das Kulturkollektiv in Stadtfeld, in dem Lesungen, Konzerte und Bildungsangebote stattfinden, bekannt. Christlich und sozial, kreativ und pädagogisch, zugleich jeglicher Schublade fern, zeigt sich der Verein, den Bettina und Simon Becker 2007 gründeten.

Mit der Villa Wertvoll erfüllt sich das Ehepaar nun einen Traum. Schon lange seien sie auf der Suche nach einem geeigneten Objekt für das Kinder- und Jugendzentrum gewesen.

Gefunden haben sie die Villa durch Zufall. Christian Szibor, Mitstreiter und Chef der Festung Mark, entdeckte das Gebäude auf einer Radtour. „Uns sind die Augen rausgefallen, als wir es sahen“, erzählt Simon Becker. Bei der Diakonie angefragt, stießen sie auf offene Ohren und Unterstützung. „Vermutlich, weil wir den diakonischen Gedanken verfolgen.“

So kommt die Diakonie dem Verein zunächst hinsichtlich Miete und Reparaturarbeiten entgegen. Denn bisher finanzierte sich der Verein allein über Spenden. Das wird nun nicht mehr reichen. „Wir rechnen damit, dass wir in den nächsten fünf Jahren eine siebenstellige Summe benötigen, um Renovierung, Miete, Unterhaltung und Angestellte finanzieren zu können.“

Nun seien sie mehr denn je auf Unterstützung angewiesen. Erstmals müssen sie auch Förderanträge stellen. Neuland für das Ehepaar.

So wie viele andere Herausforderungen auch, die auf sie warten. Doch dafür haben sie mit Christian Szibor (Festungschef), Ellen Hammer (Ärztin und Kinderpsychologin), Thomas Schlender (kaufmännischer Leiter im Städtischen Klinikum Magdeburg), Karen Krause (Umweltpsychologin), Alexander Heinrich (Culture Engineer), Petra Siemens (Hebamme) und Simon König (Psychologe) ein großes und kompetentes Team im Rücken.