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Street Art Zwischen Magdeburger Kunst und Vandalismus

Urbane Kunst erobert den öffentlichen Raum in Magdeburg. Sie bewegt sich zwischen Illegalität und Kreativität.

Von Karolin Aertel 20.11.2017, 00:01

Magdeburg l Street-Art-Akteure hinterlassen in Magdeburg Botschaften auf Wegen und Wänden. Rechtlich bewegen sie sich im Bereich der Illegalität. Künstlerisch gestalten sie (ungebeten) den öffentlichen Raum – ein Kampf zwischen Geschmack und Gesetz.

Ein Zitat mit weißer Farbe auf dem Radweg an der Elbe, Zeilen eines Rilke-Gedichts auf einer Bank im Stadtpark, Pippi Langstrumpfs Gesicht grinst an einer Hauswand in Magdeburg-Buckau und kleine Klebebotschaften regen an so ziemlich jeder Ampel in Magdeburg zum Nachdenken an. Was in Metropolen wie New York oder Berlin längst kein Aufsehen mehr erregt, überrascht in Magdeburg noch immer.

Der öffentliche Raum dient zusehends als Medium – Wände und Wege als Leinwand. Zumeist wird eine derartige Gestaltung des Stadtraumes als Street Art oder urbane Kunst bezeichnet. Gemeint sind bei weitem nicht nur Graffiti. Street-Art-Künstler nutzen Stempeldrucke, Folien, Skulpturen, Schablonen, Aufkleber, Mosaike u. s. w..

Wenn es sich nicht gerade um Auftragskunst handelt oder um Flächen, die eigens dafür freigegeben wurden, bewegt sich Street Art zumeist im Bereich der Illegalität. Was für die „Künstler“ irgendetwas zwischen künstlerischer Ausdrucksform und Rückeroberung des öffentlichen Raums darstellt, ist für die Eigentümer meist ein Ärgernis und respektloses Missachten des Eigentums anderer Menschen.

Street Art ist nicht zwingend Schmiererei oder Gekritzel. Obgleich es immer im Auge des Betrachters liegt, wie künstlerisch wertvoll ein Bild, Schriftzug oder Ähnliches ist, gibt es durchaus Street Art, die zumindest von einer breiten Masse nicht als störend, von manchen sogar als schön empfunden wird. Die zahlreichen Zitate auf dem Elberadweg bei Buckau beispielsweise – Spaziergänger, Radfahrer und Touristen bleiben stehen, lesen und lächeln. Ebenso bei einer Bank mit Rilke-Versen im Stadtpark.

Trotzdem werden in Magdeburg „nicht abgestimmte Spontangestaltungen beispielsweise von Parkbänken nicht toleriert“, erklärt Stadtsprecherin Kerstin Kinszorra.

Doch ist das nicht eine Form urbaner Kunst? Magdeburg möchte Kulturhauptstadt werden. Gehört Street Art nicht dazu? „Die Entscheidung darüber, inwiefern es sich dabei tatsächlich um Kunst im öffentlichen Raum handelt, kann schwerlich vom Eigenbetrieb Stadtgarten und Friedhöfe Magdeburg getroffen werden“, erklärt Kerstin Kinszorra.

Fest stehe jedoch, dass diese Farbtupfer die Bewerbung Magdeburgs als Kulturhauptstadt Europas unterstützen und einen Beitrag zur alternativen Gestaltung und Nutzung des urbanen Raumes leisten.

So steht der Eigenbetrieb Stadtgarten und Friedhöfe dem Thema „Kunst im öffentlichen Raum“ grundsätzlich offen gegenüber, sofern diese abgestimmt ist. Es gibt zum Beispiel eine Reihe von Kooperationen mit verschiedenen Trägern für die positive Umsetzung von gestalterischen Elementen, die im öffentlichen Raum der Landeshauptstadt Magdeburg, auf Spielplätzen oder in Parkanlagen, einen künstlerischen Mehrwert schaffen.

Erst vor einigen Wochen konnten beispielsweise in Zusammenarbeit mit der Unicef-Gruppe Magdeburg auf den Spielplätzen Alexanderstraße und Herweghstraße von Grundschulkindern und Schülern der Jugendkunstschule Magdeburg thematisch gestaltete Bänke an die Öffentlichkeit übergeben werden. „Wird Kultur als Gegenstück von Natur verstanden, so erscheinen gerade die gestalterischen Errungenschaften der Kleinsten besonders bedeutend, hinterlassen sie doch dadurch kulturelle Spuren in ihrer Stadt, so dass sie damit zu einem Teil ihrer urbanen Lebenswelt werden.“

So ähnlich äußert sich auch das Magdeburger Kulturhauptstadtbüro: „Die Kunst im öffentlichen Raum prägt den kulturellen Charakter der Stadt; diese wird natürlich auch in der Bewerbung eine wichtige Rolle spielen. Ein Ziel der Kulturhauptstadt ist, neben den traditionellen Kunstformen und Ausdrucksmethoden neue, innovative Wege zu finden, um die Kunst den Bürgern der Stadt näher zu bringen – dazu bietet die Kunst im öffentlichen Raum in gewöhnlichen und ungewöhnlichen Formen sehr gute Möglichkeiten an.“

Sie könne die Urbanität der Stadt Magdeburg verstärken und den öffentlichen Raum interessanter machen, sagt Magdeburgs Kulturbeigeorneter Matthias Puhle. Er stehe Street Art als Kunst- und Ausdrucksform grundsätzlich offen gegenüber. „Sofern sie intelligent und vor allem nicht illegal ist. Urbane Kunst sollte Sinn und Verstand haben. Anarchistische Parolen und Schmierereien haben nichts mit Kunst zu tun.“

Puhle wünscht sich vor allem, die Zusammenarbeit mit den „Künstlern“. „Denn wenn es wildwüchsig und illegal ist, hilft auch Tucholsky nicht weiter. Wer im Straßenraum seine Botschaften hinterlassen möchte, sollte das mit dem Kulturbüro oder mit dem Eigentümer des Objekts, das gestaltet werden soll, absprechen “, sagt er, weiß aber auch, dass das „realitätsfern“ ist.

Denn Street Art wird in seinen Ursprüngen autonom geschaffen und autorisiert sich selbst. Es wird nicht um Erlaubnis gefragt. Die Akteure wollen unerkannt bleiben.

Street Art hat viele Facetten - ein Aufkleber, ein Graffiti oder Poesie auf der Straße. Und manchmal kann Street Art sehr schön sein, intelligent oder lustig. Zeigen Sie uns Street Art in Magdeburg, die sie mögen. Fotografieren Sie das Bild, den Aufkleber, das Plakat oder was auch immer Sie als Street Art empfinden!

Schicken Sie das Foto unter dem Stichwort „Street Art“ per E-Mail an lokalredaktion@volksstimme.de! Vergessen Sie nicht ihre Kontaktdaten hinzuzufügen und die Information, wo das Bild aufgenommen wurde. Gern können Sie uns auch schildern, warum es Ihnen gefällt. Die schönsten Motive werden veröffentlicht.