Bildung und Wirtschaft Studium in Magdeburg: Das Bauen fängt beim Planen an
Damit Bauvorhaben gelingen können, sind nicht allein Bauarbeiter notwendig. Auch Bauingenieure werden benötigt. Doch an ihnen fehlt es inzwischen. Die Hochschule Magdeburg-Stendal will helfen.

Magdeburg - Volle Auftragsbücher bestimmen bislang im Bauwesen das Bild. Das Fehlen von Fachleuten sorgt hier immer wieder für Schwierigkeiten, die Kundenwünsche in kurzer Zeit abzuarbeiten. Dabei fehlt es im Raum Magdeburg wie in ganz Deutschland nicht allein an ausgebildeten Bauleuten, es fehlt auch an Bauingenieuren.
Ein Fachverband hatte gerade mit Blick auf den Straßenbau kritisiert, dass hier nicht genügend junge Menschen ein entsprechendes Studium an der Hochschule absolvieren. Die Wissenschaftler der Hochschule Magdeburg-Stendal sehen die Lage differenziert.
Wie viele Menschen studieren Bauingenieurwesen?
Torsten Schmidt ist Dekan des Fachbereichs Wasser, Umwelt, Bau und Sicherheit der Hochschule Magdeburg-Stendal. Als Professor für Siedlungswasserwirtschaft und Infrastrukturentwicklung sieht er Licht und Schatten bei den Studierendenzahlen: „Wir hatten in unserem Fachbereich im vergangenen Semester 200 Studienanfänger.“ Das sei keine zu verachtende Zahl.
Auf der anderen Seite aber auch das: Vor zehn Jahren noch haben 300 junge Menschen pro Jahr an der Hochschule ein Studium in dem Bereich begonnen. Und die Zahl von 200 ist ein Tiefststand. Torsten Schmidt sagt: „Vor diesem Hintergrund wird deutlich: Wir haben noch Platz und Kapazitäten für eine gute Betreuung von Studierenden.“
Woran liegt der Rückgang der Studierendenzahl?
Ein wichtiger Aspekt ist der demografische Wandel. „Diesen bekommen wir leider auch an unserem Fachbereich zu spüren“, sagt Torsten Schmidt. Zum einen ist die Zahl der Jugendlichen in Sachsen-Anhalt in den vergangenen Jahren spürbar gesunken.
Zum anderen finden die jungen Menschen nach dem Wegfall von Studiengebühren in allen Bundesländern auch andernorts attraktive Studienmöglichkeiten. Hier muss Magdeburg insgesamt weiter darum kämpfen, als attraktive und lebenswerte Stadt wahrgenommen zu werden.
Ein weiterer Aspekt, der es den Leuten vom Bauingenieurwesen schwer macht, ist eine kritische Haltung gegenüber technischen Disziplinen, wie sie über Jahre in Deutschland gepflegt wurde. „Das erfordert von uns zusätzliche Überzeugungsarbeit, um jungen Menschen klarzumachen: Im Bau- und Umweltingenieurwesen sind die Aufgaben ebenso interessant wie attraktiv, was die berufliche Karriere und die Bezahlung angeht“, sagt der Dekan.
Und wie sieht es mit den Ingenieuren im Straßen- und Wegebau aus?
Prodekan und Professor im Fachgebiet Verkehrswegebau ist Sascha Kayser. Er sagt: „Tatsächlich gibt es im Bauingenieurwesen im Zuge des Studiums eine Spezialisierung.“ Und das kann zur Folge haben, dass in einzelnen Teilgebieten die Zahl der Absolventen überschaubar bleibt.
Sascha Kayser sagt: „Diesen Trend haben wir auch gesehen und gegengesteuert. Unser Ziel ist es jetzt, dass die Studierenden mit allen für ihr Fachgebiet infrage kommenden Richtungen möglichst früh in Berührung kommen.“ Das könne dazu führen, dass der Fokus rechtzeitig auf Bereiche gelenkt wird, die bislang zu wenig Beachtung fanden.
Und was haben die Unternehmen davon?
In vielen Unternehmen fehlt es an Fachleuten auf allen Ebenen. Sascha Kayser sagt: „Auf jeden Fall ist es aus meiner Sicht aber wichtig, dass die gesamte Branche deutlich macht, welche Entwicklungsmöglichkeiten das Bauwesen und beispielsweise der Verkehrswegebau für jeden Einzelnen bieten.“
Das Bewusstsein müsse geweckt werden dafür, dass es auch nach der klassischen Ausbildung die Möglichkeit gibt, sich zu weiterzuqualifizieren – zum Beispiel durch ein Studium. Und auch mit dem dualen Studium können junge Menschen an die Unternehmen gebunden werden, die sonst womöglich einen ganz anderen beruflichen Weg einschlagen würden.
Was können die Unternehmen außerdem tun?
Torsten Schmidt sieht in einer verstärkten Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft einen Schlüssel zur Lösung von Problemen für die Zukunft. „Eine noch bessere Verzahnung würde allen weiterhelfen“, sagt er.

Gemeint sind damit zum Ersten gemeinsame Forschungsvorhaben. Diese bringen der Hochschule Impulse und praxisnahe Anwendungsfälle, den Unternehmen neue wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse, mit denen sie möglicherweise ihre Position am Markt festigen und ausbauen oder mit völlig neuen Ideen ganz neue Nischen besetzen könnten.
Zum Zweiten sind damit aber auch Lehraufträge gemeint. „Für unser Studium ist es uns wichtig, Lehrkräfte aus der Praxis für unsere Veranstaltungen gewinnen zu können. Das hilft, den praktischen Erfahrungsschatz aus der Wirtschaft weiterzugeben, das hilft aber auch, den Nachwuchs auf Unternehmen in der Region aufmerksam zu machen.“
Ein dritter Aspekt sind Praktika für Studenten in Betrieben. Auch sie helfen, die ingenieurwissenschaftliche Ausbildung mit der regionalen Wirtschaft zu verzahnen. Torsten Schmidt sagt; „Unternehmen, die interessante Aufgaben haben, sollten mutig sein und diese auch von unseren Studierenden begleiten lassen.“