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Technikmuseum Dauerausstellung zeigt Wasserzähler

Im Technikmuseum Magdeburg werden auch historische Wassermesser ausgestellt. Ein Blick in die Geschichte der Wasseruhren:

Von Dieter Neumann* 31.03.2018, 12:44

Magdeburg l Trinkwasser war von jeher lebensnotwendig und wurde im Mittelalter über Kunstpfähle kostenlos – durch Kunstknechte kontrolliert – bereitgestellt. Oder man versorgte sich über Hausbrunnen sowie durch die Wasserentnahme aus der Magdeburger Elbe. Das Wasserquantum für privilegierte Bürgerhäuser und Bierbrauer, die an das damalige Holzröhrennetz direkt angeschlossen waren, wurde sehr ungenau über Kaliberhähne bemessen.

Als 1859 das neue Wasserwerk auf dem Wolfswerder (Buckau), mit einer Kapazität für 60.000 Einwohner Magdeburgs bemessen, in Betrieb ging, erfolgte die Bezahlung des Wasserverbrauches auf der Grundlage bewohnbarer Räume nach einem sogenannten „Raumtarif“, der deutschlandweit angewendet wurde. Der Wasserverbrauch war jedoch auf diese Weise unkontrolliert und man ging sorglos damit um. Das führte rasch zur Kapazitätsknappheit.

Eine Lösung zur Bemessung des Verbrauchs brachte die Entwicklung von Wassermessern. Erste versuchsweise eingebaute Wassermesser gab es seit 1856 in Magdeburg. Ab 1873 ging man generell in der Stadt zur Einführung von Wassermessern über, die im Volksmund auch Wasseruhr genannt werden.

1876 war der Wasserverbrauch in Magdeburg u. a. durch die rasche industrielle und damit verbundene Bevölkerungsentwicklung (75.000 Einwohner) so stark gestiegen, dass die Kapazität durch einen Werksanbau erhöht werden musste. Das war die Zeit, den Verbrauch konsequent durch den Einsatz von Wassermessern zu erfassen, um die Kosten für die Aufbereitung, Förderung und den Netzbetrieb bemessen und den Verbrauchern berechnen zu können.

Dienstgebäude und öffentliche Einrichtungen wurden noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts nach dem Raumtarif abgerechnet. Die gemäß des Magistratsbeschlusses in Magdeburg eingebauten Wasserzähler wurden jährlich einmal auf deren Genauigkeit geprüft und während des Betriebes jährlich sechsmal kontrolliert.

Für diesen Zweck befand sich im Magdeburger Rathaus eine Prüfstation, welche zugleich mit einer Werkstatt zur Beseitigung von Rohr- und Wasserschäden verbunden war. Das Wasserwerk, der Hochbehälter Kroatenberg und das Zentralbüro der Gas- und Wasserwerke im Rathaus waren untereinander telegrafisch verbunden und ermöglichten so die Disposition für den umfangreichen Betrieb des Wasserversorgungssystems.

Während es für die Gasversorgung bereits Messapparate gab, wurde lange an Geräten für die Wassermessung gearbeitet. Der erste Wassermesser, den man in den Londoner Patentlisten findet, wurde von William Pontifex entworfen und am 1. Juli 1824 unter der Nummer 4982 patentiert. Der Wassermesser arbeitete mit zwei Glocken, einem Eingangs- und Ausgangsrohr, über Ventile und eine mit Quecksilber gefüllte Kippvorrichtung. Die Registrierung der Glockenbewegung erfolgte durch ein mit der Balancierachse in Verbindung stehendes Zählwerk.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts soll es über 200 Patentanmeldungen zu Wassermessern gegeben haben. Darunter waren deutsche Patentinhaber wie Heinrich Oeser (Dresden), Rosenkranz und Dropp (Hannover), Carl Meinecke (Breslau), Friedrich Lux (Ludwigshafen), Adolf Thiem (Leipzig) sowie ein Messer der Deutschen Wasserwerksgesellschaft Frankfurt und jene von den Magdeburger Firmen Ernst Lompert, Schäffer & Budenberg, H. Kröger, G. Hempe und Koch-Bautelmann & Paasche.

Man tat sich schwer in den Städten Deutschlands bei der Auswahl der gebotenen Vielfalt der hergestellten Wassermesser. Die Stadt Dresden etwa ließ eine umfangreiche Untersuchung von zehn Messerarten vornehmen, um sich am Ende für den praktikabelsten, den Wassermesser von Siemens & Halske, zu entscheiden.

Die Brüder, Erfinder und Industriellen Ernst Werner Siemens und Carl Wilhelm Siemens waren maßgeblich an der Entwicklung der Wassermesser beteiligt. Carl Wilhelm nahm an einem Kurs an der Magdeburger Gewerbe- und Handelsschule teil und ging danach an die Universität Göttingen.

Die von Carl Wilhelm Siemens entwickelten Wassermesser wurden in Berlin und später in England (Niederlassung der Firma Siemens & Halske) im Jahr 1852 mit der Nummer 14060 patentiert und hergestellt. Die Besonderheit der Siemenschen Entwicklung war, dass der Messer im Gegensatz zu anderen Konstruktionen die verbrauchte Wassermenge direkt anzeigte.

Die Firma Lux aus Ludwigshafen, benannt nach dem Unternehmer Friedrich Lux, schloss sich 1891 der Herstellung von Wassermessern an und nannte sie „Hartgummi-Wassermesser“, da der Einsatz des Gerätes aus Hartgummi bestand. 1932 stellte die Firma im Zweigwerk Neustadt an der Weinstraße, als Tochtergesellschaft vom Magdeburger Armaturenwerk Polte, Messer mit der Namenskopplung Pollux her. In der 125-jährigen Geschichte des Unternehmens entstanden viele Geschäftsmodelle, u. a. als Firma Spanner-Pollux. Heute firmiert das Unternehmen als Sensus GmbH.

Die heute von den Städtischen Werken Magdeburg (SWM) verwendeten Wasserzähler werden von der Firma Energie Mess- und Servicedienste GmbH (Enermess) Magdeburg produziert. Das aus Magdeburgs Wasserzählerwerkstatt hervorgegangene Unternehmen Enermess bietet mit 150 Mitarbeitern bundesweit spartenübergreifende Dienstleistungen zur Inspektion und Wartung von Messgeräten und Versorgungsanlagen an.

Die von den Wohnungsgesellschaften eingesetzten Wohnungswasserzähler werden heute schon oft mit eingebauten Impuls- und Zählmodulen für eine rationelle Fernablesungsüberwachung und Abrechnung ausgestattet.

(Quellen: Stadtarchiv Magdeburg; Vortrag „Über Wassermesser“ von P. H. Rosenkranz“ 1874; Wasserleitungen und Wasserwerke von Friedrich König von 1868; 125 Jahre Firma Friedrich Lux, Ludwigshafen 2016; Dingler – Polytechnisches Journal, Dr. Sell, 10/1896; Die Wassermesser bei der Hochquellenleitung in Wien, 1874; Das Wasserwerk der Stadt Dresden, B. Salbach, 1876)

*Autor Dieter Neumann ist Mitglied des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI).