Volksstimme setzt Straßennamen-Serie fort Uni-Platz, Müllerspitze und Herricht
Die Volksstimme startet Teil II ihrer Serie über Magdeburger Straßennamen. Mit dem bevorstehenden Abschluss der "M"-Folgen werden 1040 Straßennamen beleuchtet worden sein. Unter "M" gibt es mit "Müller" und "Mühlen" übrigens einen Superlativ unter den Straßennamen.
Magdeburg l Gehört der Familienname Müller mit 320 000 Eintragungen im Telefonbuch zu den häufigsten Familiennamen Deutschlands, so haben Variationen zu "Müller" und "Mühle" in der 1693 Namen umfassenden Liste der Magdeburger Straßennamen gleichfalls einen Spitzenplatz.
Müllerbreite, Müllergasse, Mühlweg, Am Mühlenfeld, Mühlinger Straße - ein Dutzend Mal tauchen in dem Namensverzeichnis des Amtes für Statistik Anlehnungen und Abwandlungen zum Handwerksberuf, zu Mühlenstandplätzen, zu Orten mit dem Begriff im Namen auf. Von Abwandlungen wie "Mollen-" oder "Möller" gar nicht zu reden. Das ist unerreicht sogar von der Elbe, die immerhin für Magdeburg einen Sonderstatus hat.
Ein Zufall ist die "Müller-Spitze" unter den Namen nicht - Mühlen, vor allem Windmühlen, waren immer ein markanter und lebens(mittel)wichtiger Punkt in einer Ortschaft, zu dem stets Verkehrswege führten. Der Müller war sowohl eine gefürchtete und gehasste als auch eine geachtete Persönlichkeit. Und wie überall, so waren in Magdeburg schon im Mittelalter die Handwerksberufe, die Zünfte in vielen Schattierungen Namenspatron von Stadtstraßen.
Tierische Viertel, gestürzte Diktatoren
Ganze Straßenviertel erhielten überdies Namen von Tieren und Pflanzen, Dichtern und Gelehrten oder Städten in der Umgebung. Besondere Orte, Lagen oder Gebäude wie Kirchen waren genauso potenzielle Namensgeber wie später Monarchen, Diktatoren oder Politiker. Letzteres war eine Hauptursache für so manches Namensroulette nach politischen Wenden, Umstürzen, Revolutionen, Kriegen.
Der heutige Universitätsplatz ist ein Paradebeispiel dafür: 1897 wurde er erstmals offiziell als Kaiser-Wilhelm-Platz bezeichnet und nach Ende der Monarchie im Jahr 1922 zum Staatsbürgerplatz umgetauft. Die Nazis machten ihn wieder zum Kaiser-Wilhelm-Platz. 1945 hieß er Deutscher Platz, zu DDR-Zeiten (ab 1951) Boleslaw-Bierut-Platz. Nach der Wende wurde der Name Universitätsplatz gewählt.
Ab 1989 setzte in der Stadt (mal wieder) eine große Umbenennungswelle ein. Insgesamt 170 Straßen wurden zum allergrößten Teil aus politischem Grunde umbenannt. Sie standen teils schon vorher bei vielen Magdeburgern auf Distanz, waren jetzt einfach nicht mehr haltbar.
Das betraf auch die geradezu lächerliche Bezeichnung nach sowjetischen Neuerern. Diese Namen verschwanden ebenso wie die politischer Funktionäre oder ideologisch geprägte Bezeichnungen. Das ist aus einer umfassenden Auflistung in "Magdeburger Statistische Blätter", Heft 81, zu entnehmen. Allein 1990/91 wurden 51 alte Straßennamen geändert, wie in einer Volksstimme-Veröffentlichung im Januar 1992 dargestellt wurde.
Laut Angaben aus dem Fachbereich Vermessungsamt und Baurecht werden heute noch jedes Jahr für neu entstehende Straßen zwischen 6 und 12 Straßennamen durch eine Verwaltungsarbeitsgruppe vorgeschlagen und mit Stadtratsbeschluss vergeben.
Viel Sympathie für einen Siedlungsnamen
Teamleiter Jörg Hesse zählt für 2012 insgesamt sechs neue Straßen auf, darunter Jasminweg am Barleber See, Alte Diamantbrauerei, Agnetenplatz und Johannes-Kollwitz-Straße. Letztgenannte wurde nach einem Pfarrer in Ottersleben benannt. Der Vorschlag dafür kam aus der Bürgerschaft des Stadtteils selbst, sagte er.
Solche, nicht ausschließlich von offiziellen Gremien am grünen Tisch entstandenen Namen kommen gerade deshalb positiv bei der Bevölkerung an. Die Benennung der Rolf-Herricht-Straße, ein aus Magdeburg stammender Komiker und Volksschauspieler, ist ein solcher Fall. Nach einer Bürgeridee entstanden, wurde damit gar der Beginn einer deutschlandweit einmaligen Spaßvogelsiedlung im Südosten der Stadt kreiert. Hier gibt es auch den Till-Eulenspiegel-Ring. Die Bezeichnung der Siedlung selbst wird nach Auskunft der Stadtverwaltung von deren Bewohnern mit viel Sympathie getragen.
Start für die Fortsetzung der Volksstimme-Serie ist am Donnerstag mit einem Beitrag über die Mittelstraße.