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Uniplatz-Debatte Architekten fordern Wettbewerb

Nach der Diskussion um die Uniplatz-Bebauung hat in Magdeburg tagte der Kulturausschuss erstmals öffentlich.

09.09.2016, 18:26

Altstadt l Städtebau und Architektur, das seien ganz sicher auch Bereiche der Kultur in einer Stadt, sagte Oliver Müller (Die Linke), Vorsitzender des Kulturausschusses, der am Mittwoch erstmals zu einer öffentlichen Diskussionsrunde zum Thema Baukultur in Magdeburg lud. Anlass war die öffentliche Debatte um die Uniplatz-Bebauung. „Darum haben wir das Thema auch in den Kulturausschuss geholt, wo es diskutiert werden soll.“ Und Müller setzte noch „eins obendrauf“: „Weil das Thema ja sonst in Magdeburg kaum mit den Bürgern diskutiert wird.“ Als Gesprächspartner hatte der Ausschuss Ralf Niebergall, Präsident der Architektenkammer Sachsen-Anhalt, Heinz-Karl Prottengeier, Ehrenvorsitzender des Architekten- und Ingenieurvereins zu Magdeburg, und dessen Vize-Vorsitzenden Uwe Blechschmidt eingeladen.

Ralf Niebergall erwartet von der Stadt mehr „Rückgrat“ bei der baulichen Gestaltung – vor allem in der Innenstadt. Es dürfe nicht einfach, wie beim Uniplatz, der Grundstücksverkauf im Mittelpunkt stehen, sondern die Raumgestaltung. Der Hasselbachplatz und der Uniplatz seien die Fixpunkte des Breiten Weges. Das müsse sich auch in der Architektur für den Uniplatz niederschlagen. Investoren sollte nicht einfach nachgegeben werden, was die Gestaltung von markanten Gebäuden in der Stadt betreffe. Im Gegenteil, eine interessante Architektur sollte schon beim Grundstücksverkauf gefordert werden. „Das ist auch ein Ansporn für die Investoren“, sagte Niebergall, der einen Architekten-Wettbewerb für den Uniplatz fordert.

Für Heinz-Karl Prottengeier ist es für so einen Wettbewerb noch nicht zu spät. „Und gute Architektur bedeutet Wirtschaftlichkeit. Denn in Gebäuden, in denen sich die Mitarbeiter wohlfühlen, arbeiten sie gern. Und Kunden, die gern auf ein ansprechendes Gebäude zugehen, geben dort auch mehr Geld aus“, widersprach Prottengeier der Auffassung, Architektur müsse wirtschaftlich, also immer möglichst billig sein.

Und Uwe Blechschmidt mahnte an, dass Raumgestaltung und Baukultur in einer Stadt immer auch für die kommenden Generationen gedacht seien und man daran denken solle, was man hinterlasse. Über den Uniplatz sagte Blechmüller, dass dort seit dem Zweiten Weltkrieg ein großes Areal zur Verfügung stehe, das man interessant gestalten und sich dafür auch immer noch Zeit nehmen könne.

Für derlei Wünsche gab es bei der Diskussion eine heftige Replik vom ehemaligen Leiter des Stadtplanungsamtes Magdeburg, Heinz-Joachim Olbricht. „Was wir heute bauen, muss dem 21. Jahrhundert standhalten“, sagt er. Und sichtlich angefressen wendete er sich an Oliver Müller: „Es gibt nun mal wirtschaftliche und städtebauliche Vorgaben. Sie können hier nicht einfach erzählen, dass die Bürger mitbestimmen können. So einfach ist es nicht.“ Ein kurzes Wortgefecht beendete Müller trotzig: „Dann gibt es irgendwann nur noch Leute, die was wissen, und Leute, die nichts wissen.“

Und die Wissbegier des Publikums war groß: Wo bleibt die Transparenz? Warum haben wir nicht den Mut, Außergewöhnliches wie zu Zeiten Bruno Tauts zu planen? Warum gibt es keinen öffentlichen Diskurs?

Dass der Kulturausschuss überhaupt zur öffentlichen Bau-Debatte einlud, gefiel nicht jedem. Kritik am Ausschussvorsitzenden Müller, der in einer Pressemitteilung die neue Baukultur in Magdeburg als „unsäglich“ bezeichnet hatte, übte Oberbürgermeister Lutz Trümper (parteilos). „Eine gute Baukultur ist wichtig für die Stadt“, bezog das Stadtoberhaupt gestern bei der Präsentation des Marketingpaketes zur Stärkung des Einzelhandels Stellung zur Debatte über verschiedene Projekte in der Innenstadt. „Was Wobau und Genossenschaften sowie die SWM da machen, ist aus meiner Sicht eine vernünftige Baukultur mit heutiger Handschrift“, so Trümper über die Vorhaben im Breiten Weg und am Standort Blauer Bock. Wenn ein einzelner Stadtrat, gemeint ist Müller, sie als „unsäglich“ bezeichne, stampfe er eine ganze Gruppe von Architekten in den Boden. „Das ist Unfug und eine Unverschämtheit dieses Stadtrates, der dann auch noch zur öffentlichen Debatte darüber in den Kulturausschuss einlädt. Das trägt nicht zur Vermarktung der Innenstadt bei“, polterte Trümper gegen Müller.