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Versandung Alte Elbe im Fokus der Wissenschaft

Wissenschaftler der Hochschule Magdeburg-Stendal erproben derzeit neue Messmethoden. Dafür haben sie sich die Alte Elbe ausgesucht.

Von Ivar Lüthe 20.09.2019, 01:01

Magdeburg l Die zunehmende Versandung der Alten Elbe hat wieder für Diskussionen gesorgt. Wassersportler oberhalb des Cracauer Wasserfalls beklagen, dass ihr Trainingsbetrieb zunehmend erschwert wird, weil schlicht kaum noch Wasser in der Alten Elbe ist. Sie wünschen sich hier eine konzertierte Aktion von Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt, Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) und Landeshauptstadt, um dem Problem, das nach ihren Erfahrungen in den vergangenen Jahren größer geworden ist, entgegenzuwirken.

Immer wieder werden auch Forderungen laut, den vielen Elbsand ausbaggern zu lassen, um wieder mehr Platz für das Wasser zu haben. So wie es beispielsweise zu DDR-Zeiten gemacht worden ist. Im Unterhaltungsrahmenplan für die Alte Elbe ist eine Sedimententnahme, wie es dort heißt, allerdings nicht vorgesehen. Der Grund: ein „ungünstiges Nutzen/Kosten-Verhältnis“.

Laut Umweltministerium müsste im Bereich der gesamten Alten Elbe bei einer Länge von etwa fünf Kilometern, einer durchschnittlichen Breite von etwa 150 Metern und den gegebenen Sedimenthöhen ein Volumen von 500.000 bis 1 Million Kubikmeter abgetragen werden. Das würde rund zehn Millionen Euro kosten und müsste auch alle fünf Jahre wiederholt werden, wie das Umweltministerium erst zu Jahresbeginn auf eine Kleine Anfrage der Linken-Landtagsabgeordneten Kerstin Eisenreich antwortete. Einen signifikanten Vorteil im Hochwasserfall hätte das nach Untersuchungen der Technischen Universität Dresden aus dem Jahr 2014 nicht, führt das Umweltministerium aus.

Und den Elbkies könnte man dann auch nicht recht gebrauchen. Denn nach derzeitigen Erkenntnissen sei davon auszugehen, dass die Sedimente belastet sind und somit nicht unbedenklich als Baustoff verwertet werden können, so das Umweltministerium. Zudem besitzen die Sedimente einen gleichförmigen Kornanteil, der in der Regel auch dadurch eine Verwendung als Baustoff ohne Vorbehandlung (Aufwertung) ausschließt.

Dennoch bleibt der Zustand, dass die Alte Elbe immer mehr versandet. Dem möchte der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft, der für die Unterhaltung zuständig ist, genauer auf den Grund gehen. LHW-Direktor Burkhard Henning plant hier eine Zusammenarbeit mit dem Institut für Wasserwirtschaft und Ökotechnologie der Hochschule Magdeburg-Stendal. Denn die Wissenschaftler um Prof. Dr.-Ing. Bernd Ettmer haben die Alte Elbe bereits im Fokus.

Das Institut arbeitet im Auftrag der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) seit drei Jahren an der Erprobung neuer Messtechniken – und für die Magdeburger bot sich da die Alte Elbe an. In dem Projekt sollen durch innovative Naturmessungen grundsätzliche Fragen zum Sedimentationsverhalten untersucht werden. Dazu werden Echolotpeilungen mit einem Kleinboot sowie Aufnahmen einer Messdrohne durchgeführt. Die Sohlen- und Uferbereiche sowie die Wasserwechselzonen und Flachwasserzonen werden dabei erfasst. Durch die Kombination beider Messverfahren soll die Topographie in diesen schwer zugänglichen Bereichen vereinfacht ermöglicht werden, erläutert Prof. Ettmer.

Messungen mit Echolotboot und Messdrohne wurden bereits 2017 durchgeführt. Eine erste exemplarische Auswertung der Messdaten ergab, dass erhebliche Sedimentmengen im Abzweig der Alten Elbe bis zum Cracauer Wehr abgelagert sind. „Im Vergleich mit Daten aus dem Jahr 2003/04 sind es rund 48.000 Kubikmeter mehr“, so Prof. Ettmer. Umgerechnet sind das etwa 5300 Lkw-Ladungen.

Noch sind die Untersuchungen der Wissenschaftler nicht abgeschlossen. Im August dieses Jahres haben sie erneut mit einer Messdrohne die Alte Elbe komplett abgeflogen und über mehrere Tage neueste Daten gesammelt. Diese werden derzeit am Computer zu einem 3-D-Modell zusammengefügt. Damit ist es ihnen möglich, ein detailliertes Bild der Topographie der Alten Elbe zu erhalten – die Grundlage für weitere Untersuchungen. „Im ersten Schritt geht es um die messtechnische Erfassung, im zweiten Schritt dann um den Vergeich mit historischen Daten“, erläutert Prof. Ettmer.

Die Wissenschaftler der Hochschule haben aber auch noch ganz andere Möglichkeiten, Untersuchungen anzustellen. Derzeit arbeiten sie an einer Ersatzlösung für ein Wehr in der Oste bei Bremervörde. Das Wehr soll durch eine Sohlgleite ersetzt werden. Die Magdeburger Wissenschaftler haben den Auftrag erhalten, die beste Lösung zu finden. Dafür haben sie auf dem Campusgelände ein maßstabsgetreues Modell gebaut, um genau ermitteln zu können, wie sich verschiedene bauliche Varianten auswirken – auch auf das Verhalten des Sediments. So eine Untersuchung könnte durchaus auch für das Problem mit dem Versanden der Alten Elbe durchgeführt werden.