1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Magdeburg
  6. >
  7. Magdeburg erweitert Ausländerbehörde

Wiedereröffnung Magdeburg erweitert Ausländerbehörde

Für Ausländer in Magdeburg ist der Breite Weg 222 die erste Adresse in Behördenfragen. Deren Kapazitäten wurden deutlich ausgebaut.

Von Katja Tessnow 15.11.2016, 00:01

Magdeburg l Das Bürgerbüro musste weichen und hat sein neues Domizil in der Leiterstraße gefunden. Bis vor wenigen Wochen residierte die Ausländerbehörde mit unterm Dach der Einwohnermeldezentrale im Breiten Weg 222. „Was sich hier auf den Fluren abspielte, war an der Grenze der Zumutbarkeit“, attestierte gestern ein sichtlich erleichterter Ordnungsbeigeordneter Holger Platz. Er habe im Vorjahr für ein paar Stunden in der Ausländerbehörde hospitiert und schlimme Zustände für beide Seiten – Mitarbeiter und Publikum – erlebt.

Das Szenario überfüllter Gänge, in denen sich Menschen aus aller Herren Länder drängten, um danach Schalter an Schalter und damit gleichsam Schulter an Schulter den ebenso beengt hinter einer gläsernen Wand ausharrenden Amtsleuten ihre teils existenziellen Anliegen vorzutragen, gehört der Geschichte an. Seit gestern darf die Ausländerbehörde fast das ganze Verwaltungshaus am Breiten Weg für sich beanspruchen. Raum und Personal haben sich damit etwa verdoppelt. Aus 20 Mitarbeitern wurden 44, aus zwei Büroetagen wurden dreieinhalb.

„Wir wollen den neuen Herausforderungen qualitativ angemessen gewachsen sein und Ausländer hier ordentlich willkommen heißen. Das ist das Signal, das wir aussenden wollen“, sagt Platz und lädt die geladene Presseschar im Anschluss zum Rundgang durchs alte, neue Haus ein.

Keine goldenen Türklinken, nicht einmal silberne. Alles schlicht und funktional. Im Treppenhaus herrscht nach wie vor typischer DDR-Beton­treppencharme. Altes Mobiliar mit neuem ergänzt. Sonst – vor allem – mehr Raum und frische Farbe.

Studenten der Hochschule Magdeburg-Stendal haben ein Farbleitsystem für das Haus erdacht, das für sich genommen wie eine Botschaft wirkt. Ein neutrales Blau führt EU-Ausländer zu ihren Meldeplätzen.

Grün steht hier im Wortsinn für die Hoffnung vieler Neuankömmlinge – die Asylabteilung und die Abteilung Einbürgerung sind so markiert. Grellgelb und wie ein Achtungszeichen kommt der Bereich „Rückkehrberatung“ daher. Hier endet die Hoffnung aufs Hierbleiben mit der Aufforderung zur freiwilligen Ausreise oder im Ernstfall mit Abschiebung. Ines Rudolph, kommissarische Leiterin der Ausländerbehörde, berichtet, dass allein hinter den gelben Schildern ständig über das Schicksal von rund 450 Menschen entschieden wird, manche noch geduldet, andere von Abschiebung bedroht.

Die gläserne Schutzwand zwischen Mitarbeitern und „Kundschaft“ ist auch hier demontiert. Als sie noch stand und sich die Magdeburger Ausländerbehörde überdies mit dem Titel „Willkommensbehörde“ schmückte, schaffte die Wand eine unrühmliche Karriere bis ins TV-Magazin „Monitor“ und im Anschluss in die satirische „heute-show“. Frank Ehlenberger, dem als Fachbereichsleiter Bürgerservice und Ordnung auch die Ausländerbehörde untersteht, erinnert sich ungerne an die Schlagzeilen. „Wir hatten die Wand nicht ganz umsonst aufgebaut, aber wir sind eines Besseren belehrt worden. Es funktioniert, zumal mit mehr Platz, auch gut ohne.“ Die Mitarbeiter, in der Mehrheit Mitarbeiterinnen, würden auch deutlich lieber ohne die Wand arbeiten, sagt Ines Rudolph. Im emotionalen Ausnahmefall könnten sie auf den Sicherheitsdienst im Haus bauen, der aus Sicht von Ehlenberger gute Arbeit leistet. Dass er wirklich in Bedrohungslagen einschreiten muss, sei die Ausnahme von der Regel in der Behörde, die allein gestern von fast 400 Menschen aufgesucht wurde.

„Das war allerdings ein ungewöhnlich hoher Andrang, weil wir wegen des Umbaus eine Woche geschlossen hatten“, erklärt Ines Rudolph. Normal wäre ein „Tagesdurchlauf von 120 bis 200 Personen“ mit höchst unterschiedlichen Anliegen von der Verlängerung des Aufenthaltstitels über den Wunsch nach einer Arbeitsgenehmigung oder Familiennachzug. Aber auch jeder ausländische Student, der in Magdeburg lernen möchte, muss sich in der Ausländerbehörde melden.

Hinter den Bürotüren mit der Aufschrift „Einbürgerung“ wird gerade Mittagspause gemacht, aber für ein paar Nachfragen der Presse legen die Mitarbeiter gerne die Gabel aus der Hand. Sie sind stolz, dass die Zahl der Einbürgerungen 2016 die bisher ungekannte Zahl von rund 170 erreichen wird. In den Vorjahren waren es um die 130. „Wir haben in der Vergangenheit rund zwei Jahre benötigt, um über einen Antrag auf Einbürgerung zu entscheiden; jetzt brauchen wir ein halbes Jahr“, berichtet Ines Rudolph.

Die Presse war zur Mittagsschließzeit zum Rundgang durch die erweiterte Ausländerbehörde eingeladen. „Sonst hätten Sie hier nicht treten können“, sagt deren Chefin zum Schluss. Nach dem Ausbau ist es etwas weniger eng.