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Ausstellungen Trauer und Freude anno dazumal

Die Heimatstube Breitenrode kann "nach Corona" mit zwei neuen Ausstellungen aufwarten: Eine mit Traueranzeigen und eine mit Poesiealben.

Von Harald Schulz 19.05.2020, 06:00

Breitenrode l Die Schutzmaßnahmen gegen die Ausbereitung der Covid-19-Infektionen haben die Saison der Heimatstube Breitenrode zwar verhagelt, doch Heimatforscher Günter Bruhn nutzte den amtlich verordneten Dornröschenschlaf, um zwei neue Ausstellungen auf die Beine zu stellen: Eine mit über 250 Traueranzeigen und eine mit 15 Poesiealben. Bereits seit geraumer Zeit beschäftigt sich Günter Bruhn gezielt mit Sterbefällen in dem Dorf. „Was lag da denn näher, als über Traueranzeigen auf Spurensuche zu gehen. Keine leichte Aufgabe, aber eine, die sich gelohnt hat“, meint der Gründer und Motor der Heimatstube Breitenrode als er beginnt im dicken Album zu blättern. Mehr als 250 Inserate von trauernden Menschen über ihre verstorbenen Angehörigen aus Breitenrode beinhaltet dieses Album. Die älteste Anzeige stammt aus dem Jahr 1898 und ist im Original erhalten. Andere Todesanzeigen oder Nachrufe konnten nur als Fotokopie für die Nachwelt gesichert werden. An dieser bemerkenswerten Sammlung haben neben Bruhn auch Ursula Schulz, Helga Schlüter und Elisabeth-Charlotte von Schaewen mitgewirkt.

Zu vielen dieser Trauerbekundungen in Anzeigenform hat Bruhn auch Geschichten, teilweise mit besonderen Ursachen und Hintergründen, in Erfahrung bringen können. So ist in dem Album die Todesnachricht der fünfjährigen Ingeborg zu finden, die auf besonders tragische Weise ihr junges Leben verlor, wie Bruhn zu berichten weiß. Das Mädchen hatte im Juni 1940 Kirschen genascht, zu viele, wie sich später herausstellte. Noch dazu hatte die Kleine verschmutztes Wasser vor lauter Durst getrunken. Eine unheilvolle Mischung, die das Mädchen das Leben kostete.

Eine familiäre Tragödie steckt hinter der Traueranzeige für einen Friedrich Müller aus dem Jahre 1915: Der 28-jährige Breitenroder fiel als Soldat im Ersten Weltkrieg. Die innige Liebe drückte seine Verlobte in der Anzeige durch die Bezeichnung Braut aus – eine mutige Mitteilung zu damaliger Zeit, wie Bruhn zu berichten wusste. Die Braut musste dann auf Druck der Eltern und nächsten Verwandten den Bruder des im Krieg getöteten Liebsten heiraten. Für sie begann damit ein Leben voller Entbehrungen und Enttäuschungen.

In diesem Album sind aber auch die Traueranzeigen von Breitenroder Honoratioren verewigt. So ist beispielsweise die Anzeige über das Ableben von Pastor i.R. Max Kramer im Jahre 1898 verewigt. Er wirkte im Schulvorstand in Breitenrode mit und war zugleich Schulinspektor.

Während Günter Bruhn ansinnt, bei Präsentationen des Albums mit den Traueranzeigen auch kürzere Geschichten im Rahmen von Vorträgen anzubieten, sollen die bisher gesammelten 15 Poesiealben in einer Glasvitrine in der Heimatstube zur Schau gestellt werden. Bruhn befürchtet, dass allzu vieles Blättern die Seiten der Alben beschädigen, gar zerstören könnte. Das älteste Poesiealbum stammt aus dem Jahre 1904. Während in der heutigen Zeit diese Art von Grußbotschaften kaum noch von Bedeutung ist, waren derartige blumenreich ausgestaltete Texte noch bis zum Aufkommen der multi-medialen Kommunikation wahre persönliche Schätze, berichtet Uta Bruhn. Umso mehr ist die Freude groß, dass allein 13 Poesiealben von einst jugendlichen Breitenroder Einwohnern den Weg in die Heimatstube gefunden haben.

Welchen Wert solch ein Poesiealbum für die jeweiligen Besitzer hatte, zumeist handelte es sich um Mädchen, verdeutlichen die häufig mit aufwendigen Motiven verzierten Einbände. Bemerkenswert auch mit welcher Sorgfalt die Texte geschrieben wurden. Die Schrift ist tadellos lesbar und so gut wie immer fehlerfrei.