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Baugebiet Lehmweg Erbbaurecht ist der Bremsklotz

Dieses seit über 20 Jahren im Dornröschenschlaf befindliche Bauland im Lehmweg in Oebisfelde könnte eine unendliche Geschichte werden.

Von Harald Schulz 07.11.2019, 05:00

Oebisfelde l Selbst wenn der Antrag der UWG-Stadtratsfraktion zum Zuge kommt und die Verträge zwischen Stadt und Erschließungsgesellschaft gekündigt werden, herrscht weiterhin Stillstand. Der wird allerdings teuer. Die Summe, die im Falle der Vertragsaufkündigung mit der Nordsteimker Erschließungsgesellschaft Rutsch von der Stadt zu begleichen wäre, liegt irgendwo zwischen 350.000 und 600.000 Euro, je nach steuerrechtlicher Auffassung. Das jedenfalls äußerte Geschäftsführer Hans-Peter Rutsch bei einem Arbeitsgespräch mit Bürgermeister Hans-Werner Kraul, Bauamtsleiter Uwe Dietz und Mitarbeiterin Ines Angermann sowie Kämmerin Dörte Wulf, zudem die Volksstimme ins Rathaus eingeladen wurde.

Wie Bauamtsleiter Dietz erläuterte, besteht für das besagte Gebiet Lehmweg seit dem Jahr 2000 ein rechtsverbindlicher Bebauungsplan, im Wissen, dass das Areal im Besitz der evangelischen Landeskirche ist. Allerdings ist es Aufgabe der Kommune, derartige Gebiete zu erschließen, weshalb bereits Mitte der 1990er Jahre zwischen der Stadt und der Erschließungsgesellschaft ein entsprechender Vertrag geschlossen wurde. Ein zusätzlicher Vorteil für die Stadt bis heute: Die Gesellschaft kann das fünf Hektar große Areal, das in etwa 95 Baugrundstücke hergibt, auf privatrechtlicher Grundlage zu 100 Prozent komplett vermarkten. Die Stadt könnte nur 90 Prozent erzielen.

Mittlerweile, so die Aussage in der Mittwoch-Runde, sind die vorbereitenden Planungen einschließlich der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen erfolgt. Aus dem Areal heraus wurde von einer Erbengemeinschaft tatsächlich ein Landstreifen im Tauschverfahren erworben, der nunmehr vermarktet werden soll.

Derartige Tauschgeschäfte sind aber für „den normalen Bauwilligen“ nicht möglich, argumentiert auch die Landgesellschaft Sachsen-Anhalt in der Außenstelle Gardelegen, die sich bei der evangelischen Landeskirche für derartige Maßnahmen stark gemacht hat. Allein die Preisdifferenzen zwischen Bauland und landwirtschaftlich genutzten Flächen geben dabei derartige Möglichkeiten vor, so die Landgesellschaft.

Fakt ist, so Bauamtsleiter Dietz, dass im Falle der Vertragskündigung mit der Erschließungsgesellschaft die Stadt in der Pflicht ist, das Bauland weiter zu entwickeln. Zu den bereits entstandenen Kosten würden sich weitere Folgekosten im erheblichen Umfang summieren. „Aber wir kommen dadurch kein Stückchen weiter, um potenzielle Bauwillige für den Lehmweg zu begeistern“, sieht Dietz eher Nach- als Vorteile bei einer Stadtratsentscheidung pro Vertragskündigung.

Das evangelische Landeskirchenamt in Magdeburg sieht die strukturelle Situation wesentlich entspannter. Dort wird das kirchliche Erbbaurecht auf gleicher Bedeutungsebene wie privates Eigentum angesehen. Bauwillige, die auf Grund und Boden mit kirchlichem Erbbaurecht ein Haus errichten möchten, könnten dies ohne Abstriche wahrnehmen, so die Auskunft.

Grundlage für das starre Verhalten der evangelischen Landeskirche, so die Auskunft, ist das Kirchengesetz über Grundstücke in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland aus dem Jahr 2010. So bestimmt Paragraf 2, Absatz 1: „Kirchliche Grundstücke sind grundsätzlich ungeschmälert zu erhalten. Sie dürfen nur veräußert oder belastet werden, wenn und soweit es erforderlich oder von erheblichem Nutzen ist“. Nun ist der Stadtrat gefordert.