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Konzert im Kuhstall Drei Jahrhunderte Tanz auf der Futtertenne

Mehr als 500 Gäste dankten der Band "Spark" für das Konzert mit stehenden Ovationen. Der MDR-Musiksommer gastierte in Seggerde.

Von Marita Bullmann 11.07.2017, 01:01

Seggerde l „Es war wunderbar mit euch“, verabschiedete sich Daniel Koschitzki von seinem Publikum in Seggerde. Mit stehenden Ovationen hatten sich die Zuhörer bei den fünf Musikern der klassischen Band „Spark“ für ein ganz besonderes Konzert bedankt. Ohne Zugabe kam das Quintett nicht von der Bühne, der früheren Futtertenne.

Die fünf Ausnahmemusiker, die auf den Konzertbühnen in Deutschland genau so zu Hause sind wie auch in Amsterdam, Brüssel, London, Barcelona, Shanghai und Tokio, fühlten sich sichtbar wohl auf dieser ungewöhnlichen Bühne im alten Kuhstall auf dem Gut im 100-Seelen-Dorf Seggerde. Und der sprichwörtliche Funke war gleich zu Konzertbeginn übergesprungen, kein Wunder, denn „Spark“ heißt nichts anderes als Funke.

Von Anfang an wurden die Künstler bejubelt. „Das fängt ja gut an“, kommentierte Daniel Koschitzki, der durch das Programm führte. Er hatte vor zehn Jahren gemeinsam mit Andrea Ritter das Ensemble „Spark“ gegründet.

Beide spielen Blockflöte in etwa 40 Varianten, machen deutlich, was dieses Instrument leisten kann, wenn es in die richtigen Hände kommt. Zur aktuellen Besetzung der klassischen Band gehören weiter der Cellist Victor Plumettaz, ebenfalls seit 2007, sowie der Pianist Arseni Sadykov und Stefan Balázsovics, der Violine und Viola spielt.

Bianca von Davier begrüßte die Gäste gemeinsam mit Heiner Louis, dem Hauptabteilungsleiter von MDR-Klassik. „Das Konzert des MDR-Musiksommers ist für uns immer ein Grund den Hof aufzuräumen“, erzählte die Hausherrin, denn sonst stehen Maschinen in dem historischen Kuhstall. Ab und an flogen Schwalben zwitschernd über den Köpfen der Zuhörer durch den Stall.

Unter die Nester an der Decke hatte Rudolf von Davier aber vorsichtshalber Pappe geklebt, damit nichts auf die Köpfe der Gäste fallen konnte. Seit 2006 gibt es im 1855 erbauten Kuhstall Musiksommer-Konzerte. Das Gebäude mit seinen gewölbten Decken und gußeisernen Säulen, das einst 70 Rindern Platz bot, verfügt über eine hervorragende Akustik.

Ein besonderes Ambiente und eine besondere Band – das gefiel den Musikfreunden. Genau so wie die Mischung von neuer Musik und klassischen Werken, wobei das Hauptaugenmerk wohl mehr auf den Werken zeitgenössischer Komponisten lag.

„Fantasie“ hatten die exzellenten Musiker ihr Programm betitelt und dazu eigentlich zum Tanz eingeladen, denn es erklangen Werke von Komponisten, die durchweg als Tänze angelegt waren. Ganze drei Jahrhunderte alt ist „Les Barricades Mystérieuses“, ein Rondo des größsten französischen Barockkomponisten Francois Couperin.

Andrea Ritter hatte dieses Cembalowerk für „Spark“ arrangiert. An Couperin wurde dann auch im „Rigaudon“, einem Satz aus einem Werk von Maurice Ravel, erinnert. Dieses Werk hatte Ravel französischen Soldaten, die im Ersten Weltkrieg gefallen waren, gewidmet – mit Tanzelementen. Ein Rigaudon ist einem schnellen Barocktanz nachempfunden.

Ein Ravel-Schüler, nämlich Gaspar Cassadó, hatte die Suite komponiert, aus der Victor Plumettaz mit seinem Cello das Intermezzo spielte. Und „Spark“ brachte auch ein Stück auf die Bühne, das der Cellist selbst erst in diesem Jahr komponiert hatte - „The last Step“. Was könnte deutlicher machen, wie „Spark“ munter die Musikszene der Jahrhunderte aufmischt, sie in neuen Kontext stellt, auf ihr Ensemble zugeschnitten arrangiert und interpretiert.

Von Victor Plumettaz erklang übrigens auch noch ein jazziges Stück im Anschluss an einen Titel aus einem Broadway-Musical von Cole Porter. Neben Stücken von Mozart und Bach gehörte auch die Dancing Queen von Abba zum Programm wie auch eine Taratella von Gordon Jacob oder der 100 Jahre alte Evergreen „Tico Tico no Fubá“ von Zequinha de Abreu, der in mehreren Hollywoodfilmen zu hören war.

Die jungen Musiker „tanzten“ sich mit ihren Instrumenten durch verschiedene Musikepochen und Genres, lebten ihre Leidenschaft für die Musik auf der Bühne aus – und das alles ohne Noten vor Augen zu haben.

Das Quintett, 2011 mit dem Echo Klassik ausgezeichnet, machte sowohl mit solistischen Einsätzen als auch im Zusammenspiel deutlich, dass hier international preisgekrönte Solisten auf der Bühne stehen, die sich nicht scheuen, Stile zu mixen und Grenzen zu sprengen. Junge Komponisten schreiben ihnen Stücke auf den Leib, wie auch Sebastian Bartmann mit „On the Dancefloor“, der Anflüge der Technomusik erkennen lässt.

Ein rundum gelungenes Konzert, das sehen nicht nur die Besucher so. Auch Heiner Louis vom MDR freute sich über die erfolgreiche und gut besuchte Veranstaltung. „Für uns ist es immer schwierig, auch am Rand unseres Verbreitungsgebietes Konzertorte zu finden“, erläuterte er. „Mit Familie von Davier verbindet uns eine sehr gute Zusammenarbeit. Wir kommen wieder!“

Auf Gut Seggerde gibt es jetzt erst einmal eine Konzertpause bis zum dritten Adventswochenende.