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Politstreit Deal mit Avacon spaltet Stadtrat

Der Stadtrat Oebisfelde-Weferlingen hat nichtöffentlich mehrheitlich einen Deal mit dem Energieversorger Avacon beschlossen.

Von Harald Schulz 01.04.2018, 03:00

Oebisfelde l Fakt ist, dass die Kommune einen Ersatzanspruch geltend machen könnte, darauf aber verzichtet hat. Der Volksstimme liegen Schriftwechsel vor, aus denen sich in Gänze die gesamte Entwicklung zwischen der Stadtverwaltung und der Avacon AG erklärt. Zudem nahm Bürgermeister Hans-Werner Kraul (CDU) diese Woche auf Anfrage dazu Stellung. Wie die Redaktion durch die Recherche der vergangenen Tage zudem erfahren konnte, spaltet dieser Deal die Fraktionen im Stadtrat. Einige Ratsmitglieder haben „grundsätzliche und tiefe Bedenken gegen diese Vereinbarung“, sprechen „von einem Skandal sondergleichen“.

Darum geht es: Seit April 2014 besteht ein Betriebsführungsvertrag zwischen dem Energieanbieter aus Schöningen und der Kommune. In diesem Vertrag ist auch festgeschrieben, dass durch die Avacon „Schäden und Störungen regelmäßig bis 20 Tage nach Eintritt des Schadens oder der Störung zu beseitigen sind“. Tritt solch ein Ereignis ein und kommt es nicht zur vertraglich geregelten Beseitigung, so im Vertrag als sogenannte Malus-Regelung festgehalten, „werden 5000 Euro zuzüglich Umsatzsteuer Strafe pro angebrochenen weiteren Werktag fällig“. (Anmerkung der Redaktion: Unter einer Malus-Regelung ist grundsätzlich ein Verhältnis zu verstehen, das mit positiven und negativen Anreizen das gewünschte Verhalten erreichen möchte und somit eine Art der Steuerungsfunktion auf Basis des Verursacherprinzips ausübt.)

Solch ein Vertragsfall entwickelte sich im August 2017. Ein Anwohner des Oebisfelder Lehmwegs hatte der Avacon-Netzstelle den Ausfall einer Straßenleuchte gemeldet. Die Reparatur erfolgte allerdings erst Mitte im Laufe des Oktobers. Zwischenzeitlich erfolgten weitere Hinweise vonseiten der Privatperson.Die Stadtverwaltung machte nach entsprechender Abklärung mit ihrem Vertragspartner, der Avacon, den vereinbarten Schadensersatz geltend. Nach Angaben von Bürgermeister Kraul handelt es sich um einen Betrag von zirka 70 000 Euro. Von anderer Seite aus dem Stadtrat wurde sogar ein Betrag von zirka 90 000 Euro genannt.

Vertreter der Avacon AG haben laut dem der Volksstimme vorliegenden Schriftstück dieses schuldhafte Verhalten bereits im Dezember 2017 gegenüber Bürgermeister Kraul und im März gegenüber dem Hauptausschuss eingeräumt. Es wurde seitens der Avacon-Vertreter verdeutlicht, dass es sich um ein einmaliges Ereignis gehandelt habe. Es wurde darum gebeten, vom Durchsetzen der Konventionalstrafe abzusehen, um damit eine einvernehmliche Lösung finden zu können. Als Gegenleistung wird die Avacon AG Schöningen auf eigene Kosten eine E-Ladesäule für Pkw an einem noch zu bestimmenden Standort in der Kommune Oebisfelde-Weferlingen installieren. Der Wert dieser Maßnahme wird dabei auf 5500 Euro beziffert. Sowohl im Hauptausschuss wie im Stadtrat fand sich dafür eine Mehrheit.

Diese Beschlüsse in nichtöffentlichen Sitzungsteilen von Hauptausschuss und Stadtrat stoßen auf harsche Kritik. Die Mandatsträger sind namentlich der Redaktion bekannt. Ein Kritikpunkt rügt den Verzicht auf diese hohe fünfstellige Summe bei der bestehenden schlechten finanziellen Haushaltslage. Die Zapfsäule stehe dabei in keinem Verhältnis. Ein Ratsmitglied hatte bereits die Kommunalaufsicht kontaktiert, jedoch von dort keine eindeutig definierte Antwort erhalten. Ein weiterer Einwand zielt darauf ab, dass dieser Beschluss „an der Öffentlichkeit vorbei“ gefasst wurde. Ebenfalls wird kritisiert, dass „die ganze Sache bereits im Vorfeld abgesprochen gewesen war“.

Diese Beschlussfindung ist konform mit der kommunalen Satzung der Stadt. Die Öffentlichkeit musste nicht einbezogen werden, die Beschlüsse von Hauptausschuss und Stadtrat kamen auf demokratischem Wege zustande. Grundsätzlich ist die Kommune an einem ausgewogenen Miteinander interessiert, da durch die Avacon AG die Energieversorgung und der garantierte Service für eine Fläche von 245 Quadratkilometern garantiert wird. Es handelt sich bei dem besagten Vorfall zudem um einen Ausreißer, der auch nach Ansicht einer politischen Mehrheit nicht dazu führen soll, die seit 2014 bestehende verlässliche Zusammenarbeit zu beenden. Zudem könnte infrage gestellt werden, ob die Konventionalstrafe so überhaupt durchzusetzen ist.