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Restaurant Muss Traditionsgaststätte „Zur Sonne“ in Weferlingen schließen? Das sagt die Inhaberin

In Weferlingen machte das Gerücht die Runde, dass die Gaststätte „Zur Sonne“ für immer geschlossen hat. Was ist da dran? Volksstimme hat deshalb mit der Inhaberin der Gaststätte, Anke Höltge, gesprochen.

Von Ines Jachmann Aktualisiert: 09.11.2022, 21:33
Seit 40 Jahren zapft Anke Höltge  in ihrer Gaststätte „Zur Sonne“ in Weferlingen Bier, kocht und unterhält die Gäste.
Seit 40 Jahren zapft Anke Höltge in ihrer Gaststätte „Zur Sonne“ in Weferlingen Bier, kocht und unterhält die Gäste. Foto: Ines Jachmann

Weferlingen - Sechs Gaststätten hat es einmal in Weferlingen gegeben. Das ist lange her. Heute sind nur noch zwei übrig. Eine davon betreibt Anke Höltge. Doch seit einigen Wochen blieb die Tür geschlossen. Für immer?

„Nein“, sagt die Wirtin. „Aber altersbedingt, mein Mann und ich sind beide Rentner, haben wir schon seit letztem Jahr nur noch eingeschränkt von Sonntag bis Mittwoch von 17 bis 21 Uhr geöffnet. Also nicht wegen der Pandemie oder gestiegenen Strom- und Gaspreisen.“ Ein Nachfolger, der den Gaststättenbetrieb samt Zimmervermietung übernehmen will, habe sich bis heute noch nicht gefunden.

Dass jetzt einige Wochen einmal geschlossen war, hatte einen einfachen Grund: „Wir brauchten auch mal Urlaub.“

Traditionelle Gaststätten, wie die „Zur Sonne“ in Weferlingen, findet man immer seltener. Die urigen Lokale hatten Kultstatus und waren ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt im Ort. Wer was brauchte, wurde meist in der Dorfgaststätte fündig.

Gaststätten in Weferlingen: rustikal und traditionell

Die Inneneinrichtung der Lokale meist rustikal gehalten, gepolsterte Holzstühle oder Bänke, ein runder Stammtisch, die Wände voll mit Bildern aus alten Zeiten und, nicht zu vergessen, der große Tresen, an dem das Bier frisch gezapft wird. Auf der Speisekarte nur Gerichte der guten alten deutschen Küche.

Derartige traditionelle Gaststätten finden sich nur noch selten. Stattdessen sind heute Eventlocations und Erlebnisgaststätten angesagt – hell und modern eingerichtet, statt Bier gibt es Cocktails und statt Rinderrouladen oder Hühnerfrikassee sind exotische und vegetarische Gerichte gefragt. Woran liegt das?

„Es hat sich vieles verändert. Die Gesellschaft, die Essgewohnheiten“, meint Anke Höltge. „Wer heute eine Gaststätte aufmacht, muss Spareribs, Burger und Steaks haben und keine Bockwurst mit Kartoffelsalat, Rouladen oder Schnitzel. Hinzu kommt, dass immer mehr Leute sich nur noch vegetarisch oder vegan ernähren.“

Auch die Unterhaltung untereinander habe abgenommen. Stundenlange Gespräche unter den Gästen, so wie früher, gebe es kaum noch. „Die jungen Leute kommunizieren fast nur noch über ihr Handy. Es wird kaum noch miteinander geredet.“ Sie sei jetzt zu alt, um ihr Gaststätte an die geänderten Lebensgewohnheiten anzupassen.

Essen-to-Go statt sitzen bleiben im Restaurant

Bei Höltge kehren vor allem im Sommer viele Radtouristen ein, die an der Aller und am Grünen Band unterwegs sind. Die kaum vorhandenen Einkehrmöglichkeiten würden dabei immer wieder angesprochen werden. Doch die Wirtin weiß, wie schwierig es für Lokalbesitzer geworden ist, sich am Markt zu behaupten. Essen-to-Go – ob kalt oder warm. „Man fährt heute mit der Tupperdose und Getränken und hält kaum noch irgendwo an. Da könnten die Leute mit sonst etwas stehen. Das ist der Wandel der Zeit.“

Seit 40 Jahren ist sie nun Gastwirtin. Ihre Gäste heute seien überwiegend Ältere. Die Jugend ziehe nicht nach. Von denen würde keiner mehr in eine alte Traditionsgaststätte gehen. „Die suchen das Erlebnis, wo man beim Essen auch bowlen kann.“ Man setze sich nicht mehr hin, erzähle mit dem Nachbarn am Tisch, sondern isst, trinkt ein Bier, geht wieder nach Hause und stelle den Fernseher an.

Eine alte Weisheit besage: „Gehst du in den Krug, wirst du klug. Gehst du drumm herum, bleibst du dumm.“ Damals entsprach es der Wahrheit, heute sei das veraltet, meint die Wirtin. „Informationen gibt es online, und kaufen kann man auch alles im Netz.“

Wer heute eine Gaststätte aufmacht, muss Spareribs, Burger und Steaks haben und keine Bockwurst mit Kartoffelsalat, Rouladen oder Schnitzel.

Anke Höltge zu den Veränderungen im Gastgewerbe

Allein vom Gaststättenbetrieb zu leben, wäre kaum noch möglich. Die Zimmervermietung halte Höltges Betrieb am Laufen. Doch auch hier habe sich einiges verändert. Früher teilten sich Monteure noch ein Zimmer. Heute sei das undenkbar. „Jeder verlangt ein Einzelzimmer. Da wird auch gern etwas mehr für bezahlt. Gegessen wird meist auf dem Zimmer. Da wird sich eben der Döner geholt. In die Gaststube kommen nur die Älteren noch runter. Die Jugend nicht.“

Auch Familienfeiern werden immer weniger. In Zeiten von Partyservice und Cateringbetrieben fänden diese immer mehr in den eigenen vier Wänden statt.

Kaum einer wolle noch im Gastgewerbe arbeiten. Zu viel Arbeit, oft auch am Wochenende oder bis spät abends, schlechte Bezahlung – für die jungere Generation nicht attraktiv. Ein weiteres Problem sei die Personalnot.

Restaurant in Weferlingen: unklar, wie sich Energiekrise auswirkt

Was jetzt noch hinzukomme, sei das Geld. Noch wisse Höltge nicht, welche Auswirkungen die steigenden Energie- und Gaspreise auf ihren Betrieb haben werden. „Was jetzt passiert, diese Erfahrung habe ich noch nicht. Noch habe ich keine Stromabrechnung bekommen.“ Eine Ungewissheit, die bereits jetzt viele Menschen in den Sparmodus zwingt.

Höltge blickt gespannt auf die Zukunft. Noch hält die 63-Jährige die Gaststätte „Zur Sonne “ auf, kocht, steht hinter dem Tresen, zapft Bier, bedient und unterhält die Gäste. Wie lange das noch so bleibt, kann sie jetzt noch nicht sagen: „Irgendwann werde ich sicherlich mal aufhören. So lange es noch Spaß macht und kein Minus-Geschäft ist, bleibt die Tür weiter offen.“