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Totensonntag Wo Erinnerungen unsterblich ruhen

Der Totensonntag, auch Ewigkeitssonntag, ist in den evangelischen Kirchengemeinden bundesweit ein Gedenktag an Verstorbene.

Von Harald Schulz 25.11.2017, 02:00

Oebisfelde l Beim Betreten des Oebisfelder Friedhofs an einem sonnigen Tag in der Woche vor Totensonntag fallen dem Betrachter mit dem ersten Blick Gestecke aus natürlichen Blumengebinde und solche mit Kunstblumen und Tannengrün als Grabschmuck auf. Fast ausnahmslos haben die Menschen die letzte Ruhestätten ihrer geliebten oder lange Zeit umsorgten Wegbegleiter im besten Ansehen und sicherlich mit einem guten Gefühl hinterlassen.

Der Oebisfelder Friedhof ist ein geteilter. Das Areal der Ruhestätten ist in den kirchlichen Teil, dem sogenannten Kaltendorfer Friedhof, und dem städtischen Anteil, dem Oebisfelder Friedhof, unterteilt. Viele Hinterbliebene aus dem heutigen Stadtbereich und aus den Ortschaften sind bemüht diese alte Ordnung beizubehalten.

Auf dem Kaltendorfer Friedhof sind die ältesten Grabsteine zu entdecken. Der wohl älteste Gedenkstein steht dicht am Zaun zur Straße ins Gewerbegebiet West. Die Inschrift im Sandstein ist derart verwittert, dass nur noch schemenhaft zwei Jahreszahlen wohl zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu erkennen sind. Eine andere Grabstätte fällt auf, weil der Gedenkstein von Sträuchern fast komplett zugewachsen ist. Wer dort die letzte Ruhe fand, das ist als Außenstehender nicht möglich. Die Sträucher verhindern eine Antwort.

Dort auf dem Kaltendorfer Anteil legt gerade eine ältere Frau (Name der Redaktion bekannt) eine rote Wachsrose nieder – ein letztes Mal, wie die Rentnerin dieses für sie unvermeidliche Ende leise preisgibt. Die Grabstätte ist nur noch durch die natürliche Einfassung zu erkennen – alles eingeebnet. Kein leichter Entschluss für die alte Frau. Hier ruht ihr Ehemann, „der schon vor Jahrzehnten vorausgegangen ist“, wie sie sagt. Und auch der damals bereits vor der Einschulung verstorbene Sohn, der noch vor ihrem Ehemann „ging“, nagt immer wieder aufs Neue am Herzen der Oebisfelderin. Doch die körperliche Konstitution erlaubt eine regelmäßige Pflege der Grabstätten nicht mehr. Von ihrer Tochter kommt keine Hilfe, weshalb sie sich nun zu diesem Schritt entschlossen hat.

Dann muss die Seniorin weiter. Sie besucht noch vier Freundinnen auf dem Friedhof. „Wir waren einmal der Witwenklub, eng verbunden und haben viele schöne Stunden erlebt. Dafür bringe ich heute jeder eine Wachsrose“, verabschiedet sich die Frau mit einem festen Händedruck.

An zahlreichen anderen Grabstätten sind Hinterbliebene damit eifrig und mit Hingabe beschäftigt, dieses Fleckchen Erde ein besonderes Aussehen zu verleihen. An einer Grabstätte steht ein Paar, still und wohl in Gedanken an Erinnerungen haftend, an ein junges Leben, das tragisch beendet wurde.

Diese Rückbesinnung auf die Verstorbenen war wohl auch ein Ansinnen von König Friedrich Wilhelm III. von Preußen, der durch Verordnung am 25. November 1816 für die evangelische Kirche in den preußischen Gebieten den Gedenktag eingeführt hat. Dieser stille Tag ist in den Bundesländern geschützt. Mit Ausnahme der Hansestadt Hamburg gelten Einschränkungen, wie beispielsweise Verbote für Musikveranstaltungen mit Schankbetrieb.

Eine Umfrage der Volksstimme im Juni 2016 ergab, dass aber 66,67 Prozent für das Aufheben dieses Verbots in Sachsen-Anhalt plädierten. Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) meinte damals, dass eine gesellschaftliche Debatte darüber, was Traditionen im Land wert sind, notwendig wäre. Fakt ist: Das sogenannte Tanzverbot gilt in Sachsen-Anhalt von 5 bis 24 Uhr. Auch besteht das generelle Fahrverbot für Schwerverkehr.