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Bauprüfung Bevor Brücken in die Knie gehen

Viele Brücken gehören in Oschersleben zu den Sorgenkindern. Oft sind sie nur noch eingeschränkt nutzbar.

Von André Ziegenmeyer 21.02.2020, 01:00

Oschersleben l Für insgesamt 76 Brücken ist die Stadt Oschersleben zuständig. Sie alle werden jährlich in Augenschein genommen. Darüber hinaus gibt es in regelmäßigen Abständen offizielle Prüfungen. Sie sollen unter anderem klären, wie es um die Standsicherheit, die Verkehrssicherheit und die Dauerhaftigkeit der Bauwerke bestellt ist. So erklärt es Gunnar Wendt. Er ist der zuständige Sachbearbeiter im Fachbereich Bauen und Umwelt der Stadtverwaltung.

Alle sechs Jahre steht für eine Brücke eine sogenannte Hauptprüfung an. In der Mitte zwischen zwei Hauptprüfungen gibt es eine einfache Prüfung. Darüber hinaus sind in begründeten Einzelfällen Sonderprüfungen möglich - zum Beispiel nach einem Hochwasser oder falls es einen schweren Unfall gab, der die Brücke in Mitleidenschaft gezogen haben könnte, so Wendt. Um zu einem objektiven Ergebnis zu kommen, vergebe die Stadt die Aufträge an externe Experten.

Das Problem: In vielen Fällen sind die Ergebnisse kein Anlass zu großer Freude. Bei jeder Überprüfung erhält eine Brücke eine Bewertung. Das funktioniert ähnlich wie bei Schulnoten. Allerdings reicht die Skala nur von 1 bis 4. Wie Gunnar Wendt informiert, gibt es derzeit 26 Brücken mit einer Note schlechter als 3,0. Dabei gilt der Bereich von 3,0 bis 3,4 als „kritischer Bauwerkszustand“. „Das ist der Punkt, an dem man sagt, dass dringend etwas passieren muss“, führt Gunnar Wendt aus.

Um die Sicherheit zu gewährleisten, sind verschiedene Sofortmaßnahmen möglich: Beispielsweise kann eine Tonnage-Begrenzung eingeführt beziehungsweise herabgesetzt werden. Bei Bedarf kann ein Statiker die Resttragfähigkeit ermitteln. Denkbar ist es auch, die Nutzung auf Radfahrer und Fußgänger zu beschränken. Motorisierte Fahrzeuge müssen sich dann andere Wege suchen, um ans Ziel zu gelangen. „Im Extremfall kann eine Brücke auch gesperrt werden“, so Wendt. Das sei am Dienstag in Hadmersleben passiert. Die betreffende Brücke befinde auf dem Weg zur Wasserkraftanlage. An ihr sei ein Loch festgestellt worden.

Wenn Mängel an Brücken auftauchen, hat die Stadt verschiedene Optionen. Das eine sind Reparaturen. Das andere sind umfangreiche Sanierungen beziehungsweise ein Abriss der Brücke und ein anschließender Ersatzneubau. Dazu erklärt Gunnar Wendt: „In den letzten acht Jahren haben wir 16 Brücken als Ersatzneubau errichtet und sechs Brücken aufwändig saniert.“

Allgemein habe die Stadt die Absicht, pro Jahr durchschnittlich zwei Brücken neu zu bauen oder zu sanieren. 2019 wurde dieses Ziel deutlich übertroffen. Allerdings bekam die Verwaltung dabei Unterstützung vom Unterhaltungsverband „Großer Graben“ in Neuwegersleben. Der habe in Oschersleben am Fillergraben eine Brücke neu gebaut, die in die Zuständigkeit der Stadt falle, sowie zwei weitere in Hornhausen - einmal am Goldbach und einmal am Heinrich-Schwarz-Graben. Darüber hinaus ersetzte die Stadt Oschersleben eine Brücke am Dialysezentrum in Neindorf durch einen Neubau sowie eine weitere an der Bleichstelle in Hadmersleben.

Für das Jahr 2020 sei zunächst einmal ein Ersatzneubau für eine weitere Brücke in der Umgebung von Hadmersleben vorgesehen. Laut Gunnar Wendt werden die Kosten inklusive Planung bei rund 60.000 Euro liegen, wobei die Planung jetzt anlaufe. Die eigentlichen Arbeiten sollen im dritten Quartal beginnen. Darüber hinaus seien für 2020 rund 30 Brückenprüfungen vorgesehen. Sie würden demnächst ausgeschrieben.

Wie Gunnar Wendt weiterhin erklärt, gibt es im Stadtgebiet noch sehr viel mehr Brücken. Sie würden aber unter anderem in die Zuständigkeit des Landes oder des Landkreises fallen. Viele Brückenbauwerke befänden sich auch außerhalb der Ortschaften. Dort seien sie vor allem für Landwirte von Bedeutung. Bis alle Sorgenkinder verschwunden sind, dürfte es noch eine Weile dauern. Doch Gunnar Wendt betont: „Es hat sich auch schon einiges getan.“