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Beratung Liste mit Sparvorschlägen in der Kritik

Die Gemeinde Sülzetal muss sparen. Eine in Osterweddingen vorgelegte Sparliste sorgt für viel Kritik.

Von Sebastian Pötzsch 25.10.2017, 01:01

Osterweddingen l Es ist der Abend der Sitzung des Finanzausschusses der Einheitsgemeinde Sülzetal. Rund 20 Minuten vor Beginn der Veranstaltung versammeln sich mehr 100 Mitglieder des Sportvereins Altenweddingen (SVA). In Sprechchören rufen sie „Die Halle muss bleiben.“ Auf selbst gemalten Transparenten fordern sie „Lasst uns unsere Halle“, „Wir wollen Sport treiben“ oder „SVA ist Tradition“.

Es geht um die Sporthalle Am Bahrendorfer Weg in Altenweddingen. Das sanierungsbedürftige Gebäude ist das Domizil der Abteilungen Billard und Tischtennis des SVA. Schon seit geraumer Zeit wird in der Verwaltung sowie im Gemeinderat über einen Verkauf der Immobilie beraten. Der Wunsch des Vereins nach einer Nutzungsvereinbarung über zwölf Jahre, um sich Fördermittel für Umbauarbeiten zu sichern, waren zunächst von den Räten abgelehnt worden. Deshalb hatte die Vereinsführung Mitte August zu einer Begehung mit Mitarbeitern der Verwaltung und Gemeinderäten eingeladen. Fazit: Es wird erst über das weitere Verfahren entschieden, wenn das Integrierte gemeindliche Entwicklungskonzept (Igek) steht, in dem der Fahrplan für Investitionen der nächsten Jahre festgezurrt wird.

Doch nun taucht die Sporthalle Am Bahrendorfer Weg in der Maßnahmeliste zur Haushaltskonsolidierung auf. Hier sind knapp 40 Posten und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Etats bis ins Jahr 2023 aufgeführt. Die Ideen reichen von der Anhebung der Grundsteuerhebesätze A und B über Veräußerungen diverser Einrichtungen bis hin zur Erhöhung der Benutzungsgebühren für Kitas und Hort. Am Ende steht ein Einsparpotential von mehr als 13,3 Millionen Euro bis ins Jahr 2023. Mit dem Verkauf der Sporthalle Am Bahrendorfer Weg sollen am Ende etwa 56.000 Euro eingespart werden.

„Wir sind gegen einen Verkauf. Mit uns ist das nicht abgesprochen“, erklärt Vereinschef Stefan Lipke. Er beruft sich auf die Abmachungen vom Sommer, wonach erst das Igek beschlossen und anschließend über weitere Schritte beraten werden soll.

Für den Vorsitzenden und seine Mitstreiter ist das Vorgehen der Verwaltung umso unverständlicher, weil sie der Gemeinde vorgeschlagen hätten, sich künftig noch mehr an den Kosten für die Immobilie zu beteiligen. Sogar ein Finanzkonzept haben die Vereinsmitglieder erstellt, das den sukzessiven Kostenabbau für die Gemeinde vorsieht. „Das haben wir bei René Kellner von der Verwaltung abgegeben. Der sagte aber, dass erst das Igek abgewartet werden muss, bevor weiter entschieden wird“, erklärt Stefan Lipke weiter.

Dann wird es eng. Rund 50 Vereinsmitglieder wollen die Sitzung des Finanzausschusses verfolgen. Auf der Tagesordnung steht als einzige Beschlussvorlage des Tages die Fortschreibung des Haushaltskonsolidierungskonzeptes, das die Maßnahmeliste mit einschließt. Alle Besucherplätze sind bis auf den letzten Platz besetzt, die meisten der Sportler müssen sogar stehen. Klar, dass es Fragen über Fragen gibt, die jedoch eigentlich nicht gestellt werden dürfen, weil sie thematisch die Beschlussvorlage tangieren – so sieht es die Kommunalverfassung des Landes vor. Doch kommt, was kommen muss: Trotz Belehrung durch den Ausschussvorsitzenden Andy Lankow (CDU) wollen viele der Sportler Antworten. „Warum wurde doch nicht auf das Igek gewartet?“, „Warum wird nicht mit den Betroffenen geredet?“, „Weshalb wird unser Finanzierungsvorschlag nicht umgesetzt?“, „Mit Bürgernähe hat das nichts zu tun!“, schimpfen die Altenweddinger.

Bürgermeister Jörg Methner (SPD) und Ausschussvorsitzender Andy Lankow versuchen, die Stimmung zu beruhigen und antworten. So handele es sich bei der Maßnahmeliste nicht um strikte Sparvorgaben, sondern um eine Aufstellung von Ideen und Vorschlägen, über die in den nächsten Wochen zu reden sei. „Das beißt sich mit dem Igek. Wir müssen das aber machen, um im schlimmsten Fall eine Zwangsverwaltung zu vermeiden“, erklärt Lankow. Und Methner ergänzt: „In einer Konsolidierungsphase müssen alle freiwilligen Leistungen auf zwei Prozent des Gesamthaushaltes heruntergefahren werden, so will es die Kommunalaufsicht. Wir müssen den Räten eine Liste vorlegen, die jetzt diskutiert wird.“ Er sei für alle Lösungsvorschläge offen, die zur Reduzierung von Kosten beitrage. Außerdem kündigt er ein Treffen zwischen ihm und Stefan Lipke sowie weiteren Vereinsvertretern an, um über das Finanzkonzept des SVA zum Erhalt der Sporthalle beraten zu wollen. „Wir müssen bis 2023 ein schwarze Null für das Objekt hinbekommen“, untermauert der Rathauschef.

Nach etlichem Hin und Her erhält Wolfgang Kettner (KHV-OSV) das Wort. „Wir halten uns an Regeln. Und ich muss sagen, ich fühle mich angegriffen, wenn ich hier höre, dass wir, die Räte, nicht für die Einwohner da sind. Das ist einfach nicht so“, erklärt das Ausschussmitglied und betont: „Heute wird nicht entschieden, heute wird diskutiert. Bitte geht die Räte nicht an und auch nicht die Verwaltung.“ Während der anschließenden Lesung erinnerte Kettner daran, nicht nur die freiwilligen Leistungen abzusenken, sondern auch die Einnahmen zu erhöhen. So sieht es der aktuelle Maßnahmekatalog bereits vor. Demnach könnte die Anhebung der Grundsteuern A und B sowie der Gewerbesteuer bis zum Jahr 2023 sieben Millionen Euro in die Kassen spülen.

Auch für Birgit Wasserthal (CDU) muss über alle Punkte der Konsolidierungsliste geredet werden. Nur die ins Spiel gebrachte Streichung von Zuschüssen für Seniorenweihnachtsfeiern in Höhe von 800 Euro pro Jahr hält sie für unpassend. Ihrem Vorschlag, den Punkt aus der Liste zu entfernen, können ihre Ausschusskollegen folgen, so dass sie am Ende dem Gemeinderat das vorgelegte Konsolidierungskonzept zur Diskussion im Gemeinderat weiterempfehlen.

Unterdessen laufen auch Eltern der Grundschule Langenweddingen Sturm. So geht Kerstin Böttcher davon aus, dass der Gemeinderat in seiner Dezembersitzung das endgültige Aus der Einrichtung beschließen will. Tatsächlich taucht unter Punkt 23 die energetische Sanierung der Grundschule „Süd“ in Altenweddingen mit Stark-III-Mitteln einhergehend mit der Schließung der Langenweddinger Grundschule auf. Die Maßnahmen sollen bis zum Jahr 2023 etwa 338.000 Euro einsparen. „Als Erklärung wird man sich Argumente liefern, wie ‚es wird empfohlen’ oder sonstige Ausflüchte, letztendlich wird es heißen ‚aus Kostengründen‘“, heißt es in einem verbreiteten Aufruf von Kerstin Böttcher. Dass die Langenweddinger Grundschule die am besten Erhaltene sei, werde teils mit Absicht nicht berücksichtigt. Es entstehe der Eindruck, „dass unser Gemeinderat untereinander schachert, wer nun wo eine Schule bauen will. Ob da wirklich objektiv gehandelt wird, wage ich zu bezweifeln“, teilt die Mutter einer Langenweddinger Schülerin weiter mit. Jene Eltern, deren Kinder derzeit in die Kitas gehen, fragt sie: „Wollt denn ihr wirklich, dass Eure Kinder in irgendwelchen Containern sitzen müssen, um die Schule besuchen?“ Außerdem befürchtet Kerstin Böttcher auch das schleichende Aus für Sporthalle, Sportvereine und den Ort Langenweddingen selbst. „Wer resigniert, hat schon verloren, also kämpft“, ruft sie zumWiderstand auf.

Unterdessen steht das Treffen mit dem Bürgermeister und der Führung des SVA. Laut Vereinschef Stefan Lipke ist der Termin für Donnerstag festgezurrt worden.