Burgtheater Ein Kamel für Ummendorf

"Die Tausendundzweite Nacht" heißt das neue Stück des Ummendorfer Burgtheaters. Autor Gunther Hirschligau gibt schon mal Einblicke.

Von Ronny Schoof 26.01.2018, 00:01

Ummendorf l So weit wie noch nie zuvor wird das Ummendorfer Burgtheater in diesem Sommer gehen. Geografisch gesehen, denn inhaltlich bleibt das Laienspielensemble seiner Linie treu. Autor Gunther Hirschligau hat sich abermals einer geschichtlich dokumentierten Begebenheit aus der Magdeburger Börde angenommen und daraus ein Volksstück gestrickt, dessen Akteure er einmal um die halbe Welt schickt.

Seehausen, Eggenstedt und Indien werden die wichtigsten Orte der Handlung sein. Diese erzählt vom Chirurgen Heinrich Kummer, den es aus Seehausen in die Ferne bis nach Surat in Indien zieht. Er kehrt nach knapp einem Jahrzehnt zurück mit einer jungen Schönheit namens Ranjana und einem Sprössling im Vorschulalter – eine Sensation auf dem Lande, die in die Eggenstedter Geschichtsbücher eingeht, da es der dortige Pfarrer auf sich nimmt, die Heidin in christlichen Dingen zu lehren und zu taufen. „Das Ganze spielt Mitte des 18. Jahrhunderts und beruht auch diesmal wieder auf Tatsachen“, sagt Gunther Hirschligau. „Ich bin mit dem Stück jetzt fast fertig, es wird den Titel ‚Die Tausendundzweite Nacht‘ tragen.“

Die Episode um die Inderin zu Egenstedde ist dem Pfarrer im Ruhestand schon länger bekannt: „Man kann zwar nicht alles genau entziffern, aber sie ist ziemlich detailliert im Eggenstedter Kirchenbuch von 1766 aufgeschrieben.“

Der damalige Pfarrer Köppen beschreibt darin auch sein innerliches Ringen darum, ob er die Fremde im Kreise der christlichen Familie aufnehmen solle – bis hin zur Pointe, dass die „Mohrin“ eine tadellose Taufprüfung absolvierte und somit alle – weit weniger bibelfesten – Eggenstedter beschämte.

„Das ist natürlich ein Stoff wie geschaffen für unser Theater“, sagt Hirschligau. „Ein Freund von mir hat vor Jahren auch mit einem Roman dazu begonnen, das Buch kam aber bislang leider nicht so recht voran, daher reizt es mich, das vielleicht nochmal selber für einen Roman aufzugreifen.“

Die Idee, den Stoff fürs neue Theaterstück zu verweben, habe er der Grundschule Ummendorf und dem Bürgermeister zu verdanken: „Ich stand mit Reinhard Falke im vorigen Sommer auf dem Burghof, und er erzählte mir, dass die Schule im Rahmen eines Projektes 2018 ein Sarazenenlager zu Gast haben wird. Wir scherzten etwas, dass das die tausendundzweite Nacht wird – und als ich dann etwas länger darüber nachgedacht hatte, bemerkte ich, dass doch Material dazu vorhanden ist.“

Hirschligau entsann sich des Kirchenbucheintrags von Pfarrer Köppen und machte sich – wie er es gern hält – über Winter ans Schreiben. Die Fertigstellung vor Augen, sieht sich der Autor und Regisseur dem einen oder anderen (Luxus)Problem ausgesetzt: „Ich werde Mühe haben, das Stück unter zwei Stunden zu halten“, weiß er jetzt schon, „und ich bräuchte ein Kamel.“

Tatsächlich habe er schon einen Kamelverleiher in Norddeutschland ausfindig gemacht. „Das wäre aber zu kostspielig und auch logistisch schwierig, wir werden das Problem also wohl mit zwei Leuten und einer Decke lösen“, schmunzelt der 66-Jährige, betont aber auch: „Natürlich geht es in der Geschichte bäuerlich-witzig zu, es wird aber kein reiner Klamauk. Wie immer versuche ich auch, ernste Untertöne einzubauen.“ Die Angst vor Fremden sei dabei ein wesentlicher Punkt mit aktuellem Bezug.

Ihre helle Freude dürften die Mitglieder der Tanzgruppe „Jessica“ haben, ist Gunther Hirschligau sicher. „Ihren Auftritten kommt diesmal noch eine besondere Bedeutung zu, speziell im zweiten Teil, der direkt in Indien spielt. Mir schwebt da zum Beispiel ein furioser Tanz der Derwische vor.“ Womit auch klar ist, dass der Theaterverein in Sachen Kulisse, Kostüme und Requisiten bis zum Sommer noch einiges vor der Brust hat. „Stimmt“, sagt Gunther Hirschligau, „da wir uns ja eine völlig neue und exotische Spielwelt eröffnen, werden wir noch etwas schneidern und organisieren müssen. Aber darin sind unsere Mitglieder äußerst firm.“

130 derer zählt das Ummendorfer Burgtheater mittlerweile. Rund 40 von ihnen sind als Darsteller auf der Bühne im Einsatz. „Die Rollenvergabe erfolgt Ende Februar“, so Hirschligau, wobei er für die tragenden und exponierten Rollen schon entsprechend maßgeschneiderte Besetzungen im Kopf habe. Demnach werde Vereinsvorsitzender Maik Falke den Seehäuser Chirurgen Heinrich Ludewig Kummer verkörpern und übernimmt Aylina Arnold die zentrale Rolle der Ranjana, spätere Maria Catharina Kummer.