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Fabian Stankewitz Denkmalschutz ist ein heißes Thema

Zum Start in das neue Jahr zieht Verbandsgemeindebürgermeister Fabian Stankewitz (SPD) Bilanz.

07.01.2021, 07:17

Zum Start in das neue Jahr zieht Verbandsgemeindebürgermeister Fabian Stankewitz (SPD) Bilanz und blickt im Gespräch mit Volksstimme-Reporterin Yvonne Heyer auf die Herausforderungen für 2021. Heute folgt Teil 2 des Interviews:

Volksstimme: Wie sieht die Situation in den Kitas der Verbandsgemeinde aus? Baulich? Auslastung? Personell?
Fabian Stankewitz: Der bauliche Zustand unserer Einrichtungen wurde gerade in vielen Ausschüssen thematisiert. Es gibt da schon grundlegende Bedarfe. Die Sanierung der Kindertagesstätte Ottleben ist in der Halbzeit. Da wird 2021 noch viel zu bewegen sein. Anschließend müssen wir eine finanzielle Lösung für die Sanierung der Kindertagesstätte in Wulferstedt finden. Das wird definitiv eine Herausforderung, da die Verbandsgemeinde und die Gemeinde Am Großen Bruch gemeinsam dafür aufkommen müssen. Leider fehlt auch noch das passende Fördermittelprogramm, denn dieses ist für jede Investition die Basis. Die Bundes- und Landespolitik spricht immer von der Stärkung des ländlichen Raums, doch für die Sanierung von Kindertagesstätten und dann noch in historischen Gebäuden, scheinen die Kassen leer zu sein.

Glücklicherweise scheinen sich junge Familien bei uns im ländlichen Raum dennoch wohlzufühlen, auch wenn noch nicht alle baulichen Wünsche zu 100 Prozent abgearbeitet sind. Die Geburtenzahl liegt bis Mitte Dezember 2020 bei 63. In 2019 waren es 67 und in 2018 69 Kinder, die in der Verbandsgemeinde geboren wurden. Damit werden unsere Einrichtungen auch zukünftig gut gefüllt sein. Seit Ende Juni 2020 erhalten die Eltern zur Geburt einen Gutschein in Höhe von 100 Euro zur Verrechnung mit dem ersten Beitrag in einer unserer sieben Kindertagesstätten. Bis Mitte Dezember wurden 29 Gutscheine ausgestellt.

Die Corona-Pandemie wird auch in der Gemeinde Westliche Börde viele Spuren hinterlassen. Wie sehen Sie das in finanzieller Hinsicht?
Diese Aussage bestätige ich vollständig, doch nicht alle Spuren müssen schlecht sein. Ich stehe seit Jahren als Stimme für den ländlichen Raum ein. Gerade der ländliche Raum hat auch durch Corona eine größere Aufmerksamkeit erhalten. Es lebt sich hier ein wenig ruhiger, aber nicht langweiliger. Junge Familien entscheiden sich häufig auch bewusst für den Wechsel zu uns. Das bringt neue Kaufkraft, Wissen und Engagement mit sich. Jammern hilft uns nicht weiter. Daher versucht die Verbandsgemeinde, positive Trends der letzten Jahre fortzuführen. Dazu gehören beispielsweise der Glasfaserausbau und ein Co-Working-Space mit Raum für Gründer in Kroppenstedt. Nur zwei Projekte, die zusätzliche Wirtschaftskraft in die Region holen. Als Sparkassenbetriebswirt habe ich gelernt, antizyklisch zu handeln. Ziel ist, dieses Handeln so gekonnt einzusetzen, dass die bereits vor der Krise wirtschaftlich schwache Verbandsgemeinde gestärkt aus dieser Pandemie hervorgeht.

In nahezu allen Mitgliedsgemeinden werden neue Wohngebiete erschlossen. Andererseits stehen auch Häuser leer. Sie wollen Lust auf Denkmal wecken. Wird Ihnen das gelingen? Gerade der Denkmalschutz macht Ihnen an anderer Stelle das Leben doch ziemlich schwer?
Ein heißes Thema, was mich fast wöchentlich neu erzürnt. Ich sag es mal unverblümt: „Denkmalschutz ist die höchste Form der Schwafelei“. Verstehen Sie mich nicht falsch, der Denkmalschutz hat seine Berechtigung, aber nicht jedes Objekt kann noch nach über 30 Jahren Leerstand saniert werden. Hier fehlt es an einer Priorisierung. Sachsen-Anhalt kann nicht aus jedem Dorf ein Unesco-Weltkulturerbe machen. Und dann braucht es für die Objekte, die noch zu erhalten sind, klare Vorgaben und kein ’Vielleicht’.

Genau diesen Kampf erlebe ich regelmäßig zwischen Bauherren und der Denkmalpflege. Hier muss sich etwas ändern, und da ist auch der Gesetzgeber gefordert. Allerdings gibt es bereits viele gute Tools, mit denen eine Sanierung von Denkmälern attraktiv gemacht werden soll. Darüber gilt es zu sprechen und diese verständlich zu machen. Junge Familien scheuen das Denkmal, weil der Weg zum Ziel unklar ist und bereits vielfach als unfassbar kompliziert beschrieben wurde. Hier sehe ich Handlungsbedarf und ich werde weiterhin nicht locker lassen.

Was ist aus den Baumpatenschaften geworden?
Das Thema ist nicht vergessen und für 2021 fest eingeplant.

Wie haben sich die Einwohnerzahlen entwickelt?
Leider nicht positiv. Seit dem 1. Januar 2020 bis zum 30. November 2020 hat die Verbandsgemeinde erneut 37 Einwohner verloren. Das sind 0,42 Prozent. Die Zahl passt in den Trend. Sachsen-Anhalt hat im 1. Halbjahr 0,37 Prozent der Einwohner verloren. Das ist für mich allerdings kein Grund aufzugeben. Ich bin überzeugt von unserer Verbandsgemeinde und trage als Markenbotschafter unser Angebot nach außen.

Was verstehen Sie darunter, die „Solidargemeinschaft“ neu sortieren zu wollen?
Wir müssen das Thema Solidargemeinschaft nicht neu sortieren. Bereits bewährte Finanzierungsformen, wie zum Beispiel bei der Sanierung der Kindertagesstätte Ausleben und dem Verwaltungssitz Gröningen, müssen nur konsequent angewendet werden. Allerdings darf das Eigentum kein Tabuthema sein. Wenn sich Gebäude auf einem noch zu definierenden Stand befinden, sollten sie der Aufgabe folgen und damit in die Verbandsgemeinde übertragen werden. Diese trägt dann allein die Aufgabe der Erhaltung der Liegenschaft.

Sie sprachen neulich im Haupt- und Finanzausschuss des Verbandsgemeinderates im Zusammenhang mit der Aufstellung des Haushaltes der Verbandsgemeinde für das neue Jahr von einem Wunsch- und Kramhaushalt? Was muss sich bei der Aufstellung des Haushaltes ändern?
Ich bin dem Wunsch der Politik gefolgt und habe in den letzten zwei Jahren versucht, alle angezeigten Bedarfe aus den Fachämtern und Einrichtungen sichtbar zu machen. Das Ergebnis war, dass die Erstellung der Unterlagen sehr aufwendig war und es zu Verzögerungen gekommen ist. Interessant zu beobachten ist, dass trotz Streichung der Anmeldung für den Haushaltsplan, der Bedarf sich in einigen Fällen scheinbar nach einem Jahr erledigt hat. Da stelle ich mir als Bürgermeister schon die Frage, ob es sich bei der Anmeldung tatsächlich um einen Bedarf gehandelt hat oder nur hoch gepokert wurde, um dann ein wenig mehr zu bekommen. In den Feuerwehren arbeiten wir jetzt im zweiten Jahr in Folge mit Budgets. Das Prinzip hat sich bewährt. Sonderbedarfe sind langfristig erkannt und fließen gezielt ein. Dieses System wird für den Haushaltsplan 2022 auch auf andere Bereiche erweitert werden.