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Gastronomie Corona: Plötzlich bleiben die Gäste weg

Mit dem Lockdown blieben von einem Tag auf den anderen in der Börde die Gäste weg. Die Volksstimme fragt bei Hotels und Pensionen nach.

Von Mathias Müller 23.09.2020, 01:01

Wanzleben/Oschersleben l In der Motorsport-Arena Oschersleben brummt es wieder. Der Betrieb ist auf die Renn- und Teststrecke am Rande der Bodestadt zurückgekehrt. Es sind zuerst die Motorradfahrer aus ganz Europa, die die wieder gewonnene Freiheit nutzen und auf dem Börde-Kurs ihre Trainingsrunden drehen. Die Lockerungen der Corona-Beschränkungen durch die Landesregierung machen es möglich.

Mit dem Betrieb auf der Strecke kehrt auch wieder Leben in das Hotel der Motorsport-Arena ein. Mit 95 Zimmern und Suiten gehört das Vier-Sterne-Hotel zu den größten Akteuren im Beherbergungsgewerbe des Landkreises Börde. „Mit dem Wiederbeginn des Motorradtrainings auf der Rennstrecke haben wir im Hotel ein gutes Grundrauschen und gehen in kleinen Schritten auf die Normalität zu“, sagt Markus Specht, Pressesprecher der Motorsport-Arena.

Das sah im März noch ganz anders aus. Mit dem verhängten Lockdown kam das öffentliche Leben fast zum Erliegen. Im Hotel der Motorsport-Arena blieben von einem Tag zum anderen die Gäste aus. „Im April, Mai und Juni hatten wir einen Totaleinbruch. Das Geschäft ging fast auf Null“, beschreibt Specht die dramatische Situation im 40 Mitarbeiter zählenden Hotel. Nach einem geschäftigen Winter kehrte im Hotel eine zwangsverordnete Ruhe ein. „Wir konnten lediglich einige Geschäftsreisende in unserem Haus willkommen heißen. Sie konnten bei uns übernachten, durften jedoch nicht bewirtet werden“, sagt Annika Grochla, Assistenz der Hoteldirektion. Ebenso haben in der dem Hotel angeschlossenen Jockel-Klein-Halle keine Veranstaltungen und Tagungen mehr stattgefunden. Der Lockdown hatte Auswirkungen auf alle Bereiche der Motorsport-Arena. Die für den Sommer geplanten Rennen, Tests und Trainings auf der Strecke mussten reihenweise abgesagt werden.

„Es war eine bewusste Entscheidung der Geschäftsführung der Arena, keinen der Mitarbeiter zu entlassen“, verdeutlicht Specht. Vielmehr habe sich die Spitze der Motorsport-Arena um Ralph Bohnhorst, Tino Flügel und Stefan Wendt dazu entschlossen, das von der Bundesregierung angebotene Mittel der Kurzarbeit in Anspruch zu nehmen. Nicht entlassen werden zu müssen, habe den Mitarbeitern in dieser schwierigen Corona-Zeit ein Gefühl der Sicherheit gegeben.

Mit der Rückkehr des täglichen Geschäfts auf der Strecke kehrten auch nach und nach die Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zurück. Im Hotel habe man die ruhige Zeit genutzt, um nötige Renovierungsarbeiten zu erledigen. Auch wurde die Lobby neu gestaltet.

„Es war ein riesiger Schock für uns“, erinnert sich Peter Schondelmaier, Inhaber des gleichnamigen Gasthofes mit Pension in der Schermcker Straße, an den Lockdown im März. Mit dem plötzlichen Ausbleiben der Gäste habe er alle seine 14 Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken müssen. Wobei Schondelmaier in den ersten Monaten das Kurzarbeitergeld aus der eigenen Tasche bis zum vollen Gehalt seiner Mitarbeiter aufgestockt habe. Zum einen, um sei Personal zu halten, und zum anderen als Dankeschön für die geleistete Arbeit. „Es war ja nicht ihre Schuld, dass es durch Corona schwierig wurde“, sagt der Unternehmer.

Mit der Pandemie gingen auch in der Pension des Gasthofes Schondelmaier die Buchungen schlagartig zurück. Lediglich die Monteure, die weiter dort übernachten durften, sorgten für 15 Prozent des sonst üblichen Umsatzes. In der Krise bekam Schondelmaier unerwartete Hilfe von der Stadt Oschersleben. Die Kommune habe die zuvor eingezogene Gewerbesteuer ohne Aufforderungen an den Betrieb zurücküberwiesen. Auch das Finanzamt habe Forderungen vorerst gestundet, ebenso seine Hausbank. Schondelmaier selbst sicherte sich über einen Kredit bei der KfW-Bank die Corona-Soforthilfe des Staates, weil er befürchtete, dass seine Liquidität in der Krise gefährdet sei. Den Kredit indes habe der Unternehmer bislang nicht anfassen müssen. „Das alles hat unser Überleben gesichert. Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen“, schätzt Schondelmaier heute ein. Wobei er sich bewusst sei, die vorerst ausgesetzten Zahlungen später leisten zu müssen. Deshalb sei er auch glücklich darüber, dass er mittlerweile wieder 81 Prozent des Umsatzes erreiche, der in Vor-Coronazeiten üblich gewesen sei. Wobei weiter 100 Prozent der Unkosten für den Geschäftsbetrieb anfallen würden. „Dass schmerzt. Dieses Jahr ist nur durchhalten angesagt“, gibt Schondelmaier die Richtung vor. Mit den gestiegenen Auslastungszahlen in der Pension mit ihren 54 Betten und dem wieder aufgenommen Betrieb in der Gaststätte habe Schondelmaier nach und nach seine Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zurück holen können.

Einen Rückgang der Auslastung hat auch die Pension an der Rennstrecke in Oschersleben zu verschmerzen, berichtet Inhaber René Müller. Die Buchungen haben um 80 Prozent abgenommen. Zumal bei ihm in unmittelbarer Nähe zur Motorsport-Arena viele Nutzer der Strecke übernachtet hätten. Mit dem Einstellen des Betriebs in der Arena seien bei ihm die Buchungszahlen drastisch zurück gegangen. Lediglich Handwerker sorgten von montags bis freitags für die Auslastung von bis zu sieben Zimmern. Da die Kosten weiter liefen, habe Müller eine Liquiditätshilfe beantragt und sofort bekommen. Ebenso habe er Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken müssen. „Es war eine ruhige Zeit, in der ich Dinge erledigen konnte, die sonst im hektischen Tagesgeschäft liegen bleiben“, kann Müller der Krise doch noch etwas Positives abgewinnen. Gestört habe ihn aber sehr, dass „meinen Mitarbeitern das Geld im Portemonnaie gefehlt hat“, sagt der Geschäftsmann.

Christian Trieger vom Gasthaus Casino in Klein Wanzleben reagierte schnell, als die Coronakrise Mitte März das Gastgewerbe weitestgehend lahmlegte. Zum Betrieb gehören ein Restaurant, ein kleiner und ein großer Saal für Veranstaltungen sowie fünf Hotelzimmer. Letztere würden hauptsächlich von Monteuren gebucht, selten von Radtouristen und würden seit etwa zwei Monaten im Zuge der Lockerungen wieder vermietet. Auch die Säle würden für kleinere Veranstaltungen jetzt wieder gebucht.

„Direkt, nachdem der Lockdown ausgerufen wurde, haben wir auf kleinere Caterings und Essen zum Mitnehmen umgestellt“, sagt Trieger. Dieses Angebot sei sehr gut angenommen worden. Einige hätten sogar aus Schönebeck und Halberstadt vorbestellt, auch aus Solidarität mit den regionalen Unternehmen, meint Trieger und ergänzt: „Ich bin dafür sehr dankbar.“ Dennoch musste er für seine zwei Mitarbeiter Kurzarbeitergeld beantragen. Die Einnahmen der letzten sechs Monate hätten zwar gereicht, um die laufenden Kosten zu decken, aber dennoch verzeichnet Trieger Einbußen von 60 bis 70 Prozent. „Entlassen musste ich zum Glück niemanden“, so der Inhaber des Casino.