1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Oschersleben
  6. >
  7. Gewässerwart meldet sich zu Wort

Hochwasserschutz Gewässerwart meldet sich zu Wort

Das jüngste Hochwasser hat eine Debatte ausgelöst. Es geht um Sinn oder Unsinn von Wehren in den Flüssen in der Westlichen Börde, wie bei Gröningen.

Von Christian Besecke 14.08.2017, 12:00

Gröningen/Krottorf l Der Gewässerwart des Landesanglerverbandes (LAV) im Verband Deutscher Sportfischer (VDSF), Ekard Reinhardt aus Eggersdorf, wirft im Gespräch mit der Volksstimme eine Frage auf, die da heißt: Schützen Wehre vor Hochwasser? Reinhardt ist Mitglied in der Interessengemeinschaft Bodelachs, der auch zahlreiche Angler aus den Bodeanrainervereinen angehören.

„Die aktuellen Ereignisse zeigen einmal mehr, wie aus unseren, sonst so friedlich dahinplätschernden Flüssen, mit zunehmend niedrigem Wasserstand im Handumdrehen reißende Fluten werden können“, stellt Reinhardt fest. Diesen Sachverhalt könne man speziell in Groß Quenstedt nur bestätigen. Dort war kürzlich ein verstopftes Wehr der Holtemme übergelaufen und musste mühselig von Einsatzkräften von Ästen, Bäumen und Gerümpel gereinigt werden. Zudem war der Ortskern von Harsleben durch den Goldbach – der ein Zubringer der Bode ist – vollkommen überflutet worden.

„Die Aussage des Flussbereichsleiters des Landesbetriebs für Hochwasserschutz (LHW) in Halberstadt, Christoph Ertel, vor kurzem wäre ja noch Ebbe gewesen, ist fragwürdig und bezeichnend zugleich“, findet der Landes-Gewässerwart. „Wettervorhersagen scheinen nicht bekannt zu sein. Gleichwohl zeigen die Geschehnisse, welche Gefahren selbst von geöffneten Wehren ausgehen können.“ Zwei Bagger waren vonnöten, um das verstopfte Wehr in Groß Quenstedt vom Treibgut zu befreien und wieder einen Abfluss der Wassermassen zu ermöglichen. „In Krottorf könnte ein ähnliches Szenario bittere Realität werden. Die Bode ist mittels einer starren Betonschwelle dort gestaut. Im Hochwasserfall kann demnach nur das integrierte und sehr kleine Tafelwehr geöffnet werden“, erläutert Reinhardt. „Ob dies ausreicht, wird möglicherweise die Zukunft zeigen. Es darf jedoch bezweifelt werden, dass die Einwohner von Krottorf auf eine solche mögliche Erfahrung Wert legen.“ Laut Angaben der Verwaltung der Verbandsgemeinde Westliche Börde, sei in Krottorf ein Überlaufen nicht zu befürchten gewesen. Die Gröninger Wehr hatte den Stand überwacht.

„Was passieren kann wenn eine Hochwasserwelle auf ein geschlossenes Wehr samt Stauraum trifft, zeigte die Natur in Groß Quenstedt auf“, sagt Ekard Reinhardt. „Da der Abfluss nach unten behindert war, blieb den Wassermassen nur der Weg aus dem Flussbett. Neben den sinnvollen Deichbauten in Krottorf, sollte man hier unbedingt den endgültigen Abriss prüfen.“

Dies sei über eine sogenannte Modellierung möglich. Die Deutsche Gesellschaft für Wasserwirtschaft (DWA) ist Herausgeber des Fachstandards für wasserbauliche Maßnahmen. Sie fordert eine grundsätzliche Prüfung des Wehrrückbaus, bevor Baumaßnahmen an Wehren in Betracht gezogen werden. Bereits 2016 bezeichnete das LHW auch das seit Jahren geöffnete Wehr Oschersleben als Schwachstelle im Hochwasserschutz, die nun mit dem Abriss beseitigt wird.

„Bedingt durch das aktuelle Hochwasser musste auch das Walzenwehr Hadmersleben gezogen werden. Über Jahre hinweg hatten sich hier Unmengen von eventuell sogar giftigem Faulschlamm abgelagert“, erzählt der Gewässerwart. „Diese Massen wurden nun mobilisiert und dürften immense Folgen für die Aquafauna im Unterwasser haben und das in einem Schutzgebiet mit dem Status der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Gutachten zu identischen Sachverhalten andernorts belegen derartige Folgen.“

Der Flussbereich Halberstadt sei bereits Anfang des Jahres von Mitgliedern der Interessengemeinschaft Bodelachs auf die Gefahrenlage hingewiesen. Es seien jedoch keine entsprechenden Maßnahmen beobachtet worden.

„Der LHW muss sich von seinen historischen Spielzeugen trennen, sie verursachen erhebliche materielle Probleme, behindern die Durchgängigkeit der Flüsse und die Umsetzung der gültigen EU-Wasserrahmenrichtlinie“, schließt Ekard Reinhardt seine Ausführungen.