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Integration Junge Migranten lernen Deutsch

In der Europaschule Oschersleben wird seit zwei Wochen in Integrationsklassen Deutsch gelehrt. Doch für Lehrer birgt das auch Probleme.

Von Sebastian Pötzsch 20.04.2016, 01:01

Oschersleben l „Deutsch ist sehr schwer, aber gut, dass ich nun richtig lerne“, sagt Mohammed Alassad. Vor etwa fünf Monaten ist der 17-Jährige mit seinen Eltern und dem Bruder aus Syrien geflohen. In der kurzen Zeit hat sich der Jugendliche bereits einen beachtlichen Wortschatz angeeignet. Viel sei mit Zeichensprache kommuniziert worden. Warum sich allerdings seine 19-jährige Schwester noch immer in der von Krieg und Zerstörung gezeichneten Heimat aufhält, kann Mohammed Alassad noch nicht erklären.

Er ist einer von 29 Jungen und Mädchen im Alter von 16 und 17 Jahren, die in aktuell zwei Klassen an der Europaschule deutsch lernen. Sie kommen nicht nur aus Syrien, sondern auch aus Afghanistan, dem Irak, aus Mali, Tunesien, Albanien und sogar aus Brasilien. „Viele der Jugendlichen haben sich allein auf den Weg nach Deutschland gemacht und wohnen zurzeit in Emmeringen, Wanzleben, Harbke oder Oschersleben“, erklärt Sieglinde Schwieger. Sie gehört zu jenen fünf Lehrern, die in den beiden Sprachförderungsklassen mitmachen.

„Auf dem Lehrplan steht aber nicht nur Deutsch, sondern auch praktisches Arbeiten mit Holz sowie Sportunterricht“, erzählt Schwieger weiter. Sport stehe vor allem bei den Jungen hoch im Kurs. „Das erste, was wir zu Beginn des Projektes gefragt wurden, war, ob denn auch Fußball gespielt werden darf“, erinnert sich die Lehrerin. Hier hielten sich die Mädchen eher zurück, wollten nur mit Kopftuch daran teilnehmen. „Doch alle haben die gleichen Rechte und Pflichten, wie auch deutsche Schüler. Den Umgang damit müssen sie erst lernen. Die Jugendlichen fügen sich aber sehr gut in unsere Regeln ein“, erzählt die Lehrerin. Zwischenfälle etwa mit deutschen Schülern habe es bisher nicht gegeben.

Die Flüchtlinge seien sehr offen, akzeptierten auch die weiblichen Lehrer. Schwieger: „Ich kann mich nicht beklagen. Wir sind begeistert von deren Lernbereitschaft. Zwei Wochen sind nicht viel Zeit, aber die ersten Eindrücke waren gewaltig. Alles klappt ganz gut, obwohl auch ich zuvor meine Bedenken hatte.“

Trotzdem stellen sich auch für die Lehrer Probleme dar. „Die Mehrarbeit ist nicht unerheblich“, sagt Sieglinde Schwieger. Dabei seien die Kollegen sehr kreativ, bastelten sich ihre Unterrichtsmaterialen selbst. Viel werde mit bildlichen Vergleichen gearbeitet. „Tipps gab es auf einer Informationsveranstaltung an der Beimsschule in Magdeburg. Die hatten schon mehr Erfahrungen auf diesem Gebiet“, erinnert sich die Lehrerin.

Nun steht die Alphabetisierung der Jugendlichen an. Sprechen und Wiederholen klappe ganz gut. Nur das Schreiben falle den Jugendlichen sehr schwer. „Die haben ja eine völlig andere Schrift in ihrer Muttersprache“, sagt sie. Deutlich wird das im Deutschunterricht bei Bettina Arnold. Dieses Mal stehen Singular und Plural im Mittelpunkt, also die unterschiedlichen Schreibweisen von Substantiven in der Ein- und der Mehrzahl. „Die Unterschiede der Wörter Tomate und Tomaten zu erklären, ist sehr schwer“, sagt die Lehrerin. Noch komplizierter ist es für die Schüler beim Wort Brötchen, wird es doch sowohl in der Einzahl als auch in der Mehrzahl gebraucht. Außerdem müsse die Lehrerin sie immer wieder daran erinnern, dass der Anfangsbuchstabe von Substantiven groß geschrieben wird.

„Es macht Spaß, mit diesen Jugendlichen zu arbeiten. Die wollen lernen, anders als deutsche Schüler“, erzählt Bettina Arnold. „60 bis 70 Prozent seien sehr engagiert. Das ist ein weitaus größerer Teil als bei Deutschen“, bestätigt auch ihre Kollegin Sieglinde Schwieger.

Im Unterricht fällt auf, dass sich die Schüler untereinander helfen. Besonders tut sich dabei Mohammed Alassad hervor, der seinen Mitschülern schon mal das eine oder andere Wort übersetzt. Ihm falle das leicht, erzählt er, denn außer seiner Heimatsprache Arabisch kann er auch Kroatisch und Türkisch. Bis zu seinem Wunsch, den Beruf eines Friseurs zu erlernen, ist es zwar noch ein weiter Weg. Doch an der deutschen Sprache wird er wohl nicht scheitern.