1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Oschersleben
  6. >
  7. Zukunft der Mühlenberg-Schule ungewiss

Kreistagsbeschluss Zukunft der Mühlenberg-Schule ungewiss

Hat die Fördereinrichtung "Schule am Mühlenberg" in Hamersleben eine Zukunft? Das könnte der Kreisstag entscheiden.

Von Sebastian Pötzsch 27.11.2018, 00:01

Hamersleben l Grundlage der Beschlussvorlage bildet die aktuelle Fortschreibung des Förderschulkonzeptes für den Südbereich des Landkreises Börde. Geht es nach dem Papier, wird die Hamersleber „Schule am Mühlenberg“ in wenigen Jahren nicht mehr existieren.

Bereits mit dem im Jahr 2015 erstellten Förderschulkonzept waren für die bisherigen Förderschulstandorte im südlichen Landkreis, nämlich die in Klein Oschersleben, Wefensleben (Obere Aller) und Hamersleben, Handlungsbedarf abgeleitet worden. In letzterer Einrichtung wurde der bauliche Zustand als „mittel“ eingestuft. Die Energetik im Gebäude sei mangelhaft. Als schlecht wurde die dezentrale Lage bewertet.

In der nunmehr fortgeschriebenen Konzeption werden enge Flure und Räume sowie die fehlende Barrierefreiheit als negativ benannt. Ein reibungsloser Schulbetrieb sei nicht möglich. Ferner sind die Kellerräume wegen Nässeschäden und Schimmel gesperrt und zwischen des Gebäuden gibt es keinen Verbinder. Es fehlen Unterrichtsräume, eine Aula sowie ein ausreichend großes Lehrerzimmer. Teilweise entsprechen die Klassenräume von Zuschnitt und Größe her nicht den geltenden Normen. Und obwohl der Bedarf an Beschulung gerade für körperlich beeinträchtigte Schüler sehr hoch sei, wurde die Aufnahme aufgrund der baulichen Situation begrenzt.

Eine aktuelle Bedarfsanalyse für die „Schule am Mühlenberg“ geht von einem Investbedarf in Höhe von 4,2 Millionen Euro aus. Bei rund 47 Schülern, die hier lernen, würden Pro-Kopf-Investitionen in Höhe von fast 90.000 Euro benötigt. Weil die Gebäude jedoch jeweils mehrgeschossig gebaut sind, gibt es laut dem Konzept Probleme bei Evakuierungen im Brandfall.

Um den kompletten Förderschulbereich im südlichen Landkreis zu sanieren, sind entsprechend der aktuellen Einschätzungen des Fachdienstes Gebäudemanagement für die bestehenden Standorte insgesamt 18,8 Millionen Euro ermittelt worden. Eine wesentliche Verbesserung der Raumsituation würde damit aber nicht erreicht.

Deshalb sollen die Schulstandorte im Südbereich optimiert werden, indem künftig nur noch an einem Standort, nämlich auf dem Förderschul-Campus in Klein Oschersleben, unterrichtet wird. Der Standort böte die erforderlichen Flächen, um zwei Förder-Schulformen separat aufzunehmen. Insgesamt sind Investitionen inklusive der Planungsleistungen in Höhe von 12,2 Millionen Euro vorgesehen, rund 3 Millionen Euro weniger, als würden die drei Standorte Klein Oschersleben, Hamersleben und Wefensleben separat auf Vordermann gebracht. Auch die laufenden Kosten sollen gedrückt werden, nämlich um rund 150.000 Euro pro Jahr. „Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Variante Campuslösung die wirtschaftlichste und zukunftsorientierteste Lösung für die Entwicklung der Förderschulstandorte im Südbereich ist“, heißt es in dem Konzept.

Der Beginn der gestaffelten Baumaßnahmen in Klein Oschersleben könnte bereits im kommenden Jahr mit einem kompakten Anbau starten. Die dafür benötigten Mittel sollen im Haushalt bereitgestellt werden. Anschließend würde ein Neubau auf dem Campus erfolgen, dessen Planungen ebenfalls 2019 starten könnten. Hierfür sollen Fördermittel in Höhe von etwa 5,7 Millionen Euro akquiriert werden. In einem weiteren Schritt sind für die Folgejahre weitere Sanierungen geplant.

Die Entwürfe stoßen vor allem Eltern und Lehrern in Hamersleben sauer auf. „Die Beschlussvorlage wird im Kreistag durchgewunken, ohne dass mit den Betroffenen geredet wird“, sagt Annette Streidt aus Völpke. Ihre Tochter Tessa sitzt im Rollstuhl und ist zudem geistig beeinträchtigt. Seit Jahren lernt sie in der „Schule am Mühlenberg“ und fühlt sich in Hamersleben wohl, wie die Mutter sagt. „Meine Tochter wird das nicht mehr betreffen, das sie bald aus der Schule raus ist. Doch wäre der Campus schon da, müsste sie täglich insgesamt 60 Kilometer nach Klein Oschersleben und wieder zurück fahren. Wie sollen denn die Betroffenen das bewerkstelligen“, fragt sich Annette Streidt und fordert: „Die Politiker sollen sich doch einen Tag lang in den Rollstuhl setzen. Dann wissen sie, wovon ich rede.“

Auch die Schulleitung fühle sich von der Landkreisverwaltung überrollt, will die Mutter aus Völpke wissen. In der Hamersleber Schule war am Montag niemand zu erreichen.

Erst im September war Sachsen-Anhalts Bildungsminister Marco Tullner (CDU) in der „Schule am Mühlenberg“ zu Gast. Damals hatten Elternvertreter, Schulleiterin Karina Müller und einiger ihrer Kollegen vor allem die räumliche Situation beklagt, die in beiden Häusern nicht mehr haltbar sei. Wegen des Schimmels im Keller gebe keinen Wirtschaftsraum und auch keinen Kreativraum mehr. Ferner stehen Schülern und Lehrern Fach-, Versammlungs-, Essen- oder Pausenräume nicht zur Verfügung. „Was alles kein Thema mehr wäre, wenn unsere Schule vor zehn Jahren den seinerzeit versprochenen und geplanten Anbau bekommen hätte“, hatte Karina Müller damals gesagt und auf die entsprechenden Pläne an der Wand gezeigt.

Karina Müller hatte schließlich ein Umdenken bei allen zuständigen Personen gefordert: „Schule entwickelt sich, aber wir sind nicht dabei. Die materiellen und personellen Bedingungen müssen stimmen, nur dann kann Schule funktionieren.“