Naturschutz Schlammschlacht am See

Eine regelrechte Schlammschlacht tobt in Seehausen-Börde. Auslöser sind Arbeiten am Röthebach.

Von Mathias Müller 11.01.2020, 00:01

Seehausen l Als der Seehäuser Jörg Weisel, der für die Freien Wähler als Mitglied im Ortschaftsrat und im Stadtrat Wanzleben-Börde sitzt, vor zwei Tagen abends wie an jedem Tag mit seinem Schäferhund „Pele“ am See seine abendliche Runde dreht, traut er seinen Augen nicht. Der ansonsten ebene und mit Gras bewachsene Weg zwischen See und Röthebach gleicht vom Fabrikteich bis zum Pumpenhäuschen einer Mondlandschaft. Tiefe Furchten und Matsch ohne Ende machen dort einen Spaziergang fast unmöglich. Nur mit Gummistiefeln an den Füßen ist überhaupt daran zu denken. Die Route um den See ist eine bei vielen Seehäusern sehr beliebte Spazierstrecke.

Ursache für den aufgewühlten Zustand des Weges sind Arbeiten, die eine Baufirma aus Quedlinburg zurzeit im Auftrag des Unterhaltungsverbandes Untere Bode Borne am Röthebach durchführt. Der Verband ist im Auftrag der Stadt Wanzleben-Börde für die Unterhaltung von Gewässern zweiter Ordnung verantwortlich und lässt den Graben von Schlamm und Bewuchs befreien. Damit das Oberflächenwasser ungestört abfließen kann und es zu keinen Überschwemmungen kommt.

Gegen diese Arbeiten hat Jörg Weisel auch nichts einzuwenden. Nur gegen die aus seiner Sicht falsche Art und Weise sowie über den Zeitpunkt. „Wie kann man bei diesem nassen Wetter hier baggern?“, fragt er. Auch habe der Stadtrat die Befürchtung, dass die Baufirma den Schlamm, den sie aus dem Röthebach gebaggert hat, unrechtmäßig auf dem Weg verteilt, um die tiefen Furchen aufzufüllen. „Der Schlamm ist durch Altlasten kontaminiert. Er muss abgefahren und als Sondermüll entsorgt werden und darf nicht auf dem Weg verteilt werden“, stellt er klar. Dem Wanzleber Stadtrat habe im Herbst nach der chemische Analyse einer Probe des Schlamms aus dem Röthebach ein Untersuchungsergebnis vorgelegen, die die Belastung mit Altlasten belegt habe.

Unterstützung findet Jörg Weisel unter anderem bei der Seehäuserin Simone Diefert. Ihr Grundstück grenzt direkt an den Röthebach und an den dahinter liegenden See. Sie ist mit der Pflege des Bachs und seiner Uferböschungen, die der Unterhaltungsverband Untere Bode veranlasst, unzufrieden. „Die Anwohner mähen alle zwei Wochen den Rasen. Das kostet unsere Zeit und unser Geld für das Benzin. Dass ist ja nicht unsere Aufgabe, sondern die des Verbandes“, sagt Simone Diefert. Auch habe sie oftmals den Röthebach vor ihrem Grundstück und einen Zufluss aus Richtung Stadt von Unrat gesäubert. Auch für Simone Diefert sei der aufgewühlte Zustand des Weges unerträglich.

Jörg Weisel will sich mit dem, nach seiner Meinung zerstörtem Weg und dem Aufbringen des mit Altlasten verseuchten Schlamms, nicht abfinden. Er informiert Seehausens Ortsbürgermeister Eckhard Jockisch (Freie Wähler) und Olaf Küpper, Bauamtsleiter in der Stadtverwaltung Wanzleben, über die Vorgänge am See.

Gestern kam es zu einem Vor-Ort-Termin, an dem Weisel, Jockisch, Küpper sowie Hans-Dirk Sill und Martina Ritterhaus vom Unterhaltungsverband Untere Bode sowie Bauleiter Christian Fessel teilnahmen. Bei dem Treffen prallten die Meinungen emotionsgeladen aufeinander. „Wir sind gesetzlich dazu verpflichtet, für die Pflege der Gewässer zweiter Ordnung zu sorgen“, machte dabei Geschäftsführerin Martina Ritterhaus deutlich. Dieser Pflicht komme der Unterhaltungsverband auch im Fall des Seehäuser Röthebachs nach. Die jetzt erfolgenden Arbeiten am Bach seien mit der Kommune und dem Landkreis Börde abgestimmt. Da der Verband aus der Vergangenheit gewusst habe, dass der Aushub aus dem Graben mit Altlasten verunreinigt sei, habe er vor dem Beginn nochmals Proben des Materials untersuchen lassen. Der belastete Aushub werde zur ordnungsgemäßen Entsorgung abgefahren. Der Bereich am Röthebach sei zurzeit eben eine Baustelle mit all ihren Auswirkungen und dürfe deshalb von den Bürgen nicht betreten werden. Die tiefen Furchen im Weg würden nach dem Abschluss der Arbeiten wieder beseitigt und neue Rasensaat aufgebracht. Dass auf dem Weg verseuchter Erdaushub aufgebracht worden sei, bestreiten Martina Ritterhaus und ihr Mitarbeiter Hans-Dirk Sill ausdrücklich.

Für Jörg Weisel stehe indes fest, dass Erde aus dem Graben auf den Weg gekommen sei. Reste von Pflanzen aus dem Graben, die im bereits wieder glatt gezogenen Teil des Weges liegen, würden diese These beweisen.

Diesen Fakt erkennt auch Bauamtsleiter Olaf Küpper an, der Nacharbeiten nicht ausschloss. „Der Weg ist hin, daran gibt es nichts Gutes mehr“, sagt er. Die Stadt Wanzleben würde die Arbeiten am Ende nur abnehmen, wenn alles wieder in Ordnung sei. Hans-Dirk Sill kündigte an, der Unterhaltungsverband werde die Baufirma beauftragen, den Mittelstreifen zwischen den beiden tiefen Fahrspuren abzutragen und den Weg begradigen zu lassen. Danach werde Rasen gesät, was ohnehin geplant gewesen sei. Er machte auch deutlich, dass der Bereich eine Baustelle sei und nicht betreten werden dürfe. Der Verband werde sich nicht scheuen, Personen, die dagegen verstoßen, wegen unbefugten Betretens bei der Polizei anzuzeigen.

Für Jörg Weisel ist die Angelegenheit am See indes noch nicht ausgestanden. Er wolle Experten des Bundes Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) davon unterrichten und bitten, in diesem Bereich des Landschaftsschutzgebietes rund um den Seehäuser See Bodenproben zu nehmen und zu analysieren. Dann werde sich ja zeigen, ob der Boden auf dem Weg tatsächlich vergiftet sei. „Dann wird es eine Sache für den Staatsanwalt“, ist sich Weisel sicher.