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Polizei Oschersleber Bahnhof wird videoüberwacht

Der Oschersleber Bahnhof wird künftig videoüberwacht. Damit ziehen Polizei und Ordnungsamt die Konsequenzen aus über 60 Straftaten.

Von Yvonne Heyer 20.12.2016, 00:01

Oschersleben l Gerade nach den Wochenenden gab es häufig Meldungen der Polizei, dass sich am Oschersleber Bahnhof mit dem angrenzenden Busbahnhof Straftaten ereignet haben. Erst recht, da das Areal als Treffpunkt und Aufenthaltsort von Personen verschiedener Gruppierungen sowie unterschiedlicher Nationalität gilt.

„In Auswertung der Straftaten ist festzustellen, dass ein Anstieg der Gewaltdelikte insbesondere der politisch motivierten Kriminalität im Bereich des Bahnhofes, des angrenzenden Busbahnhofes und des Bahnhofsvorplatzes zu verzeichnen ist“, muss Polizeisprecher Joachim Albrecht feststellen. So seien im Zeitraum von Januar bis zum 30. November 2016 insgesamt 69 Straftaten erfasst worden. Davon seien 26 Gewaltdelikte und 21 Straftaten der Bereiche Propaganda und Gewalt mit politisch motiviertem Hintergrund.

In diesem Zusammenhang nennt Joachim Albrecht besonders herausragende Sachverhalte. So kam es am 16. Januar zu einem versuchten Totschlag, schwerem Landfriedensbruch und gefährlicher Körperverletzung, als mehrere Personen in Oschersleben aus dem Zug stiegen und kurze Zeit später von einer Gruppe von ca. 20 bis 25 vermummten Personen mit Eisenstangen, Baseballschlägern und Tele- skopschlagstöcken angegriffen wurden. Nach der Tat versteckten sich einige Angreifer in einem am Bahnhof befindlichen, leerstehenden Gebäude, andere flüchteten über die Bahngleise in unbekannte Richtung.

Zu einem Wohnungseinbruch mit Diebstahl wurde die Polizei am 16. April dieses Jahres gerufen. Nach Zeugenaussagen drangen etwa zehn Personen gewaltsam in der Puschkinstraße in das Wohnhaus ein, traten einen Postkasten ab und rissen ein Teil der Eingangstür heraus. Durch Zeugenaussagen wurde bekannt, dass ein Teil der Beschuldigten zuvor auf dem Gelände des Busbahnhofes Oschersleben Alkohol konsumierte hatte und sich von hier aus zu der Wohnung begaben. Von den sechs ermittelten Beschuldigten sind drei als rechte Straftäter bekannt.

Zu einer gefährlichen Körperverletzung kam es am 21. August. Nach Verlassen des Zuges wurden Betroffene von mehreren Personen geschlagen. Ein Zeuge sagte aus, dass ein Beschuldigter während der Tat ein T-Shirt mit einem Hakenkreuz darauf getragen hätte.

Eine weitere gefährliche Körperverletzung musste die Polizei am 19. September registrieren. Ein Asylbewerber wurde auf dem Gelände des Busbahnhofes von mehreren Personen angesprochen und unter einem Vorwand zu einem in der Nähe befindlichen Einkaufsmarkt gelockt. Hier wurde er mehrfach geschlagen und getreten. Anschließend zogen die Täter dem Geschädigten die Jacke aus, durchsuchten diese und zerrissen die Jacke. „Einer der Beschuldigten ist uns als rechter Straftäter bekannt“, teilt dazu Joachim Albrecht mit.

Die Oschersleber Polizei erhielt am 20. Oktober die Mitteilung, dass sechs schwarz gekleidete, vermummte Personen den Bahnhof verlassen und erzählt haben sollen, dass sie „Kanacken aufmischen“ wollen. Während der Überprüfung wurden drei Personen angetroffen, die bei der Feststellung ihrer Personalien angaben, mit Ausländern zusammengetroffen zu sein, welche Betäubungsmittel verkauft hätten und sollen mit Fahrrädern beworfen worden sein. Kurz darauf erschienen zwei ausländische Personen bei der Polizei und gaben wiederum an, von von etwa zehn Personen angegriffen worden zu sein. Ein Betroffener wurde gewürgt und erlitt Verletzungen am Hals. Die Polizei konnte drei Tatverdächtige ermitteln.

Ein weiterer Fall von gefährlicher Körperverletzung habe sich am 3. November ereignet. Die betroffene Person habe angegeben, dass er im Bereich des Bahnhofes von zwei ihm unbekannten männlichen Personen in das Gesicht geschlagen worden sei. Der Geschädigten habe keinen Grund erkennen können, warum er angegriffen wurde. Auch in diesem Fall gelte, dass die Tatverdächtigen der Polizei als rechte Straftäter bekannt seien.

In die Kategorie gefährliche Körperverletzung gehört auch die folgende Tat, bei der es auch zu einer Sachbeschädigung an Autos kam. „Mehrere Personen beabsichtigten am 5. November mit dem Zug zu einem Konzert nach Magdeburg zu fahren und wurden auf Höhe des Busbahnhofes plötzlich von etwa zehn Personen angegriffen. Noch während der Anzeigenaufnahme mussten unsere Beamten feststellen, dass auch zwei abgestellte Fahrzeuge beschädigt worden waren“, berichtet Joachim Albrecht über diese Tat.

„Die zu installierenden Videokameras sollen sichtbar im Bereich des Bahnhofgeländes, einschließlich des Busbahnhofes, angebracht werden und dienen vor allem der Verhinderung weiterer Straftaten.“

Polizeisprecher Joachim Albrecht

Zu einem Landfriedensbruch kam es am 25. November. Am Bahnhof sei eine Gruppe von mindestens sechs aus Afrika stammenden Asylbewerbern sowie eine Gruppe von 10 bis 20 Heranwachsenden aus Oschersleben aufeinander getroffen. Zeugen hätten berichtet, dass die Asylbewerber aus der Gruppe heraus verbal beleidigt worden seien. „Nach derzeitigem Ermittlungsstand könnte es auch zu körperlichen Übergriffen gekommen sein. Unsere Beamten konnten bislang fünf Tatverdächtige, die dem rechten Spektrum zugeordnet werden können, ermitteln“, so der Polizeisprecher.

Neben diesen geschilderten Taten musste das Ordnungsamt der Stadt Oschersleben gerade in Sachen Propagandadelikte in diesem Jahr mehrfach Graffiti, vorrangig Symbole der rechten und linken Szene, anzeigen.

Auch den Oschersleber Stadträten sind die zahlreichen Straftaten samt Vandalismus rund um den Oschersleber Bahnhof und ZOB nicht verborgen geblieben. Und so wurde während der letzten Stadtratssitzung am 1. Dezember gezielt beim Leiter des Fachbereiches Ordnung und Sicherheit der Stadtverwaltung, Gerd Ludwig, nachgefragt, ob denn nicht wieder eine Videoüberwachung beantragt werden könne. Das könne die Stadt nicht entscheiden, doch es habe bereits Gespräche mit der Polizei gegeben, antwortete Gerd Ludwig. Nun teilte Polizei-Pressesprecher Joachim Albrecht auf Volksstimme-Nachfrage mit, dass die Videobeobachtung am 21. Dezember am Bahnhof und ZOB beginnt und anfangs zeitlich begrenzt sei.

„Legt man das Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt (SOG LSA, Paragraph 16, Absatz 2) zugrunde, dann ist aufgrund der vorgenannten Erkenntnisse die Gefahr begründet, dass auch weiterhin im Bereich des Bahnhofes und des angrenzenden Busbahnhofes Straftaten, insbesondere Gewaltdelikte und politisch motivierte Kriminalität, verübt werden beziehungsweise dieser Ort Ausgangspunkt dieser Straftaten ist. Deshalb wurde die Videoüberwachung angeordnet. Die zu installierenden Videokameras sollen sichtbar im Bereich des Bahnhofgeländes, einschließlich des Busbahnhofes, angebracht werden und dienen vor allem der Verhinderung weiterer Straftaten. Sie liefern mit den Bilddaten weitere Ermittlungsansätze zu den Tätern, Tätergruppierungen oder zu Tatzusammenhängen“, erklärt Joachim Albrecht. Unabhängig davon biete die Überwachung eine gute Möglichkeit zur Hebung des subjektiven Sicherheitsgefühls in der Bevölkerung.