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Stadtrat Abschied heißt nicht Ruhestand

Lilo Drohberg verabschiedet sich aus dem Stadtrat Oschersleben. Eine Bilanz.

Von Yvonne Heyer 27.06.2019, 01:01

Oschersleben l Nach Ingeburg Gerke (CDU) geht ein weiteres politisches „Urgestein“ des Oschersleber Stadtrates in den Ruhestand: Lieselotte (Lilo) Drohberg. Für Bündnis 90/Die Grünen saß die Oschersleberin im Stadtparlament, oft als Einzelkämpferin. Ihr Mandat wird nun Dave Gerecke fortführen. „Klar, hätte ich mich gefreut, wenn die Grünen in Fraktionsstärke in den Stadtrat eingezogen wären. Wichtig aber ist, dass wir überhaupt vertreten sind“, meint die 77-Jährige. Sie freut sich, dass ihre Arbeit fortgesetzt wird.

Über das Neue Forum in der Zeit der politischen Wende in der Noch-DDR ist Lilo Drohberg zur Politik gekommen. „Ich lebte angepasst, aber 1989 war das Maß voll“, erinnert sich die gelernte Schriftsetzerin, die viele Jahre bei der Volksstimme gearbeitet hat. Lilo Drohberg mischt mit in den Oschersleber Rathaus-Gesprächen. „Nach dem ersten Gespräch hatte ich meinen Spitznamen weg: Man nannte mich den grünen Vulkan oder gar Mutter Courage“, erinnert sie sich. Zur Kommunalwahl 1990 trat die Mutter dreier Kinder für das Neue Forum an und wurde auf Anhieb in den Oschersleber Stadtrat gewählt.

Nach einer Pause zwischen 1994 und 1998 war sie durchgängig von 1998 bis 2019 im in diesem Gremium vertreten. „Ich war Kommunalpolitikerin mit Leib und Seele. Ich wollte, dass es allen Menschen gut geht, dass sie sich dort wohl fühlen, wo sie wohnen.“ Beschlussvorlagen hat sie durchgeackert, sich mit vielen Problemen befasst. Oft hat die engagierte Grünen-Politikerin den Finger in die Wunde gelegt, auf, in ihren Augen, nicht fachgerecht beschnittene Bäume verwiesen, nachgehakt, ob Ersatzmaßnahmen für gefällte Bäume umgesetzt worden sind. „Ich habe ausgeteilt, musste aber auch viel einstecken.“ Mit dem Beschluss zum Bau eines Kunstrasenplatzes hadert die Oschersleberin noch heute, hat dagegen gestimmt. Sie hat am Schnittstellenprogramm mitgewirkt, dafür gesorgt, dass der Hackelberg nicht bebaut wurde. Wenig Verständnis bringt sie für Stadträte auf, die sich für fünf Jahre wählen lassen und sich dann in fünf Jahren zu keinem Thema mit einer eigenen Meinung äußern. Neben der Sorge um die Natur und Umwelt habe auch die Sorge um leidende Menschen und Tiere ihr Denken und Handeln bestimmt.

Blickt sie heute auf Oschersleben, so sei hier in 30 Jahren viel passiert, habe die Stadt ihr Lächeln zurückbekommen, seien viele Narben verschwunden. „Allerdings gibt es noch viele Relikte aus der Vergangenheit und damit meine ich nicht bewohnte Häuser in der Stadt. Etliche Leute haben mich bereits gefragt, was damit passieren soll“, fragt die Kommunalpolitikerin.

Lilo Drohberg war aber nicht nur eine engagierte Stadträtin. Viele Jahre war sie Schöffin und Schiedsfrau.

Natürlich wird Lilo Drohberg aus der „Ferne“ die weitere Entwicklung ihrer Stadt verfolgen und sich selbstverständlich zu Themen äußern, die ihr am Herzen liegen und auch mit Kritik nicht hinter dem Berg halten.

Und endlich findet sie die Zeit, ihr Buch zu Ende zu schreiben. Für die Öffentlichkeit ist dieses allerdings nicht bestimmt. „Es ist für meine drei Kinder und drei Enkelkinder“, berichtet sie.