Zwischen Magdeburg und Schwerin A14-Bau: Archäologen entdecken mittelalterliche Dorfwüstung vor Elbbrücke
Archäologen sind nahe der künftigen A14-Elbbrücke in der Altmark sehr wahrscheinlich auf die Vorgängersiedlung des heutigen Geestgottberg gestoßen. Sie fanden Spuren einer mittelalterlichen Dorfwüstung. Und einer noch viel älteren Siedlung.

Geestgottberg - Wischeerde und dazu noch zwischen Elbe und Aland – die Archäologen und ihre Grabungsteams im A14-Bauabschnitt zwischen Seehausen und Landesgrenze müssen eine harte Nuss knacken.
„Minutenboden“ reiche als Begriff ja gar nicht aus, sagt Archäologin Ulrike Petersen. „Ich würde es Sekundenboden nennen.“ (Als Minutenboden bezeichnet man Böden mit hohem Tongehalt, die nur bei großer Feuchtigkeit für kurze Zeit bearbeitet werden können.)
Mittelalterliche Dorfwüstung westlich der B189
Diesem Boden jedenfalls hat das Grabungsteam in Höhe Geestgottberg nun ein weiteres Geheimnis abgerungen. Die Vermutung aus der ersten Erkundung eines Kollegen hat sich bei genauerem Betrachten nämlich bestätigt: Westlich der B189 befindet sich eine mittelalterliche Dorfwüstung aus dem 12./13. Jahrhundert. Und es liege sehr nahe, „dass es sich um die Vorgängersiedlung von Geestgottberg handelt“. Eine deutsche Siedlung, keine Slawen.

Die Siedlung war von zwei nicht wasserführenden Gräben eingefasst. Der äußere entspricht eher einer Mulde, in der die Siedler auch ihren Abfall verklappten. Der innere gleicht einer Einfriedung, einem hölzernen Palisadenbau, „Holzbohle an Holzbohle“, erzählt Ulrike Petersen.
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Archäologischer Fund: Siedlung vor A14-Elbbrücke wurde wahrscheinlich bewusst aufgegeben
Das Besondere: An den Überresten dieses Zaunes finden sich über die ganze bislang freigelegte Strecke immer wieder Brandspuren. Und zwar nur dort, nicht im Inneren der Siedlung. Es gab also kein Feuer, das das Dorf zur Wüstung machte, die Siedlung müsse bewusst aufgegeben worden sein.

Dafür spreche auch, dass das Grabungsteam nicht viele „heile Sachen“ fand. Keine intakten Werkzeuge, keine baulichen Hinterlassenschaften aus den Häusern. Alles bisher Gesichtete deute auf das Motto „ich gehe weg und nehme alles Gute mit“. Warum, könne man noch nicht sagen. „Mittelalterliche Siedlungen sind gewandert“, sagt Ulrike Petersen.

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Ehemalige Siedlung von Fachwerkhäusern mit Lehm- und Strohauskleidung zwischen Magdeburg und Schwerin gefunden
Da sich zwar etliche und teils massive Pfostengruben, aber keine Steine, auch keine Bruchstücke von Dachziegeln finden lassen, haben die Siedler vermutlich in Fachwerkhäusern mit Lehm- und Strohauskleidung gelebt. „Weil sie keine Steine hatten oder weil es sich eher um eine ärmliche Siedlung handelte“, sagt Ulrike Petersen.

Am Rande der Siedlung, aber noch eingefriedet (südlich der Straße nach Wahrenberg), stieß Archäologin Julia Stratbücker auf die Spuren von acht bis neun Keramikbrennöfen, Brunnen und Produktionsgruben. Dort lag quasi die Werkstatt des Dorfes. Wegen der hohen Brandgefahr machte es Sinn, diese an den Rand zu legen. Immerhin wurde es in den Keramiköfen 1000 bis 1200 Grad heiß.

Allein was die Funde betrifft, werde täglich quasi ein Korb voll ins Depot nach Osterburg genommen. Darunter Spinnwirtel, die man zum Fädenspinnen brauchte, ein schönes steinernes Webstuhlgewicht, ein Messerfragment aus Eisen, eine Petschaft (Siegel), ein zerbrochener Flachskamm aus Knochen, der Fuß eines „Bronzegrapen“ (Bronze-Kochtopf) oder Applikationen von Kleidung.
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Überreste einer Siedlung der „Schönfelder Kultur“ in Sachsen-Anhalt gefunden

Ein Stück weiter gen Elbe fanden die Archäologen gar noch Zeugnisse einer viel älteren Siedlung, nämlich einer so genannten „Schönfelder Kultur“ aus dem Ende der Jungsteinzeit, von 2900 bis 2100 vor Christi. Zu den Funden dort gehören unter anderem zwei Steinwerkzeuge. „Diesen Platz hier befand also schon mal früher jemand für toll“, sagt Julia Stratbücker. Gutes Nahrungsangebot, nah am Wasser, „vielleicht gab’s hier ja auch mal eine Anhöhe“.

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Mit Antje Lehmann ist noch eine dritte Archäologin zwischen Seehausen und Elbe im Einsatz. Rund 30 Leute insgesamt. Inbegriffen das Team, das im Depot Osterburg arbeitet, vor allem zum Waschen und Inventarisieren der Funde. Es wurde zwischenzeitlich personell aufgestockt. In einem der nächsten Schritte schauen die Archäologen in Höhe Geestgottberg noch in die Erde östlich der B189. Vermutlich ziehe sich die Wüstung bis dorthin.