1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Osterburg
  6. >
  7. Seehäuser Bibliothek soll moderner werden

Brockhaus adé Seehäuser Bibliothek soll moderner werden

Die Seehäuser Bibliothek soll moderner werden. Ein Umbau wird angestrebt, Ladenhüter-Büchern geht's an den Kragen.

Von Karina Hoppe 09.09.2020, 23:01

Seehausen l „Es ist ja doch ein bisschen Muff drin“, sagte Walter Fiedler, der Vorsitzende des Seehäuser Ausschusses für Wirtschaft, Tourismus, Soziales und Kultur (WTSK), in der jüngsten Versammlung über die Seehäuser Stadtbibliothek. So der Stadtrat zustimmt, bewirbt sich die Kommune um eine 100-Prozent-Förderung vom Deutschen Bibliotheksverband für einen 3600 Euro teuren Veranstaltungsreigen unter der Überschrift „Total digital“. Die Technik für ein Bilderbuchkino und auch das Drumherum samt Sitzsäcken und Co. blieben hinterher in der Einrichtung – ein Schritt zu mehr Attraktivität und Gemütlichkeit.

Aber gemäß dem „Muff“, den niemand bestreitet, soll in der Seehäuser Bibliothek am besten Grundsätzliches passieren. 1993 ist die Einrichtung vom Klosterschulplatz ins jetzige Gebäude umgezogen. Seither wurde einmal renoviert, die Regale sind aus den 1970er Jahren. „Wir haben es damals so gestellt, dass wir irgendwie alles unterbekommen“, erinnert sich Ingrid Jabke, die kürzlich den Staffelstab an die neue Leiterin Doreen Neumann übergeben hat, aber in diesem Jahr noch auf Zuverdienstbasis im Gebäude mitwirbelt. Und so lange dies so ist, möchte Doreen Neumann von ihrer Erfahrung profitieren – beim Durchsortieren der Bücher zum Beispiel. „Während der Corona-Schließzeit haben wir schon die Kinder- und Jugendliteratur komplett durchgeschaut. Wir hatten jedes Buch einmal in der Hand“, sagt Doreen Neumann.

Das soll nun auch mit der Erwachsenenliteratur geschehen. Das Kindler-Literatur-Lexikon oder der Brockhaus gehören zu den Ladenhütern, da schaut heute kein Mensch mehr rein. Die Seehäuser lesen Krimis und Romane, leihen sich auch mal ein Kochbuch aus, aber es kommt kein Jugendlicher mehr, um einen Fachbegriff nachzuschlagen. „So war es mal in den 1990ern“, erinnert sich Ingrid Jabke. Sobald das Kürbisfest passé ist, wollen sich die Frauen zwischen den Erwachsenenbüchern „einsperren“, um die Spreu vom Weizen zu trennen.

Das schafft Platz für die „Mission Wohlfühlatmosphäre“. Der Stadtrat hat bereits einen Beschluss gefasst, um Fördermittel wiederum vom Deutschen Bibliotheksverband zu beantragen. Das Soforthilfeprogramm für die Modernisierung ländlicher Bibliotheken war laut Wirtschaftsförderin Lisa Weigelt leider schnell überzeichnet, „kann aber sein, dass es noch mal aufgelegt wird. Wir werden informiert“. Mit dem Ratsbeschluss sei die Stadt dann gut vorbereitet, könne schneller reagieren. Die Förderung würde 75  Prozent betragen und diese dürften maximal 25 000 Euro ausmachen. Die Stadt könnte also eine Maßnahme über rund 33 000  Euro beantragen. Für Sitzmöbel, anderes Licht, Regale vielleicht, insgesamt Maßnahmen, die dazu beitragen, dass sich die Verweildauer der Bibliotheksnutzer erhöht, sprich, dass sich die betagte Leserin gemütlich in einem hellen Raum hinsetzen kann. Vielleicht sogar mit einem Kaffee in der Hand. „Und dabei wären wir keine Konkurrenz zu niemandem“, betont Doreen Neumann. Die älteste Nutzerin sei im Übrigen über 90 Jahre alt. „Bis vor kurzem kam sie noch alleine, jetzt holt ihr Sohn für sie die Hörbücher.“

314 eingeschriebene Benutzer hat die Bibliothek aktuell, 180 davon sind Kinder bis 11  Jahre. Bis Ende August dieses Jahres hatte die Einrichtung 886 Besuche, 2019 waren es im selben Zeitraum 1258 – diese Differenz ist Corona geschuldet. Aber ja, in den 1990er Jahren waren die Benutzerzahlen natürlich noch andere. „Doch jetzt kommen wieder mehr junge Muttis mit ihren Kindern, darüber freuen wir uns sehr“, sagt Ingrid Jabke. Während ihrer „Regentschaft“ wurde die Existenz der Bibliothek im Stadtrat Seehausen immer mal wieder in Frage gestellt, bis jetzt hielt er aber daran fest. Und viele Wohnmobilfahrer, die bei der Stadtinfo bezahlen, staunen: „Mensch, Sie haben ja sogar noch eine kleine Bibliothek.“