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Kirchensanierung in Beuster Der neue Fußboden wird ziegelrot

Vor rund 18 Jahren wurde das ursprüngliche Bodenniveau der Nikolauskirche in Beuster freigelegt. Seitdem wandeln die Kirchgänger über eine Holzdielung, an der der Zahn der Zeit nagt. Jetzt soll der Fußboden nach historischem Vorbild erneuert werden.

Von Ralf Franke 03.07.2021, 16:58
Inga Papke (von links) von der Kirchengemeinde Beuster, der Vorsitzendes des Kirchenfördervereins, Volker Stephan, Christoph Schorlemmer von der unteren Denkmalschutzbehörde, Architekt Tobias Spillner, Restaurator Helfried Weidner und Kirchenbaureferent Dirk Zaske stimmten sich kürzlich abschließend über die geplante Fußbodensanierung und den Erhalt der Lettner-Reste in der Nikolauskirche ab.
Inga Papke (von links) von der Kirchengemeinde Beuster, der Vorsitzendes des Kirchenfördervereins, Volker Stephan, Christoph Schorlemmer von der unteren Denkmalschutzbehörde, Architekt Tobias Spillner, Restaurator Helfried Weidner und Kirchenbaureferent Dirk Zaske stimmten sich kürzlich abschließend über die geplante Fußbodensanierung und den Erhalt der Lettner-Reste in der Nikolauskirche ab. Foto: Ralf Franke

Beuster - In den kommenden Tagen soll mit der Wiederherstellung des Fußbodens in der Nikolauskirche Beuster nach historischem Vorbild begonnen werden. Bei einem Treffen von Vertretern der Kirchengemeinde, des Fördervereins, des kreislichen Kirchenbauamtes und der unteren Denkmalschutzbehörde mit dem Architekten wurde die Maßnahme kürzlich vor Ort festgezurrt. Sie wird nach den umfangreichen Erneuerungen von Dächern, Mauern, Glocken und vielen anderen Investitionen in zurückliegenden knapp 20 Jahren das Innere des Gotteshauses nach dem Freilegen des alten Bodenniveaus und der provisorischen Befestigung mit Holzbohlen optisch und akustisch nachhaltig beeinflussen. So viel steht jetzt schon fest.

Handgestrichene und kohlegebrannte Fliesen

Tiefrote, handgestrichene, kohlegebrannte und etwa 20 mal 20 Zentimeter große Ziegelfliesen, die den in Resten gefundenen Originalen am nächsten kommen, sollen auf rund 380 Quadratmetern für das neue Trittgefühl und einen imposanten Anblick sorgen. Wie sich das Steingut auf den Schall bei Andachten und Konzerten auswirkt, wird mit positiver Spannung erwartet.

Die Fliesen, so Architekt Tobias Spillner im Gespräch mit der Volksstimme, werden in allen drei Ebenen (Eingang unter dem Turm, Kirchenschiff und Chorraum) mit möglichst kleiner Fuge bis auf wenige Ausnahmen diagonal verlegt. Ausnahmen sind zum Beispiel die Stufen und die rollstuhlgerechten Rampen, um in die Kirche und zum Altar zu kommen. Dass selbst der Mörtel für das Fliesenbett nach alter Rezeptur zusammengerührt wird, versteht sich fast von selbst.

Eigentlich sollte der Fußboden schon saniert sein. Die Fördermittel über 310 000 Euro sind längst zugesagt. Aber Glaubensgemeinde, Förderverein und Denkmalschutz brauchten etwas, um einen Kompromiss zwischen der Schutzwürdigkeit baulicher Überreste und und den Ansprüchen an die praktische Kirchenarbeit zu finden. Was mit Hilfe von Tobias Spillner am Ende gelang. Dreh- und Angelpunkt sind beziehungsweise waren die Überreste eines gotischen Lettners, der etwa zeitgleich mit dem Kirchturm in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts errichtet worden sein soll, schreibt der Restaurator Helfried Weidner in seiner Dokumentation. Der Lettner teilte einst das Langhaus samt Seitenschiffen vom Chorraum und damit das Priesterkollegium von den Laien. Die Barriere, die deshalb auch Chorschranke genannt wird und vor allem in Domen, Kloster- oder Stiftskirchen üblich war, verfügte wohl über zwei Pforten und nach Westen über einen Voraltar quasi für das einfache Volk. Mit dem Bau des gotischen Lettners wurde ein romanischer Lettner entfernt, der einst auf Höhe der Kanzel verlief, von dem entgegen den Fundament- und Mauerresten seines Nachfolgers allerdings nichts mehr vorhanden ist.

Lettner-Reste werden keine Stolperfalle

Der romanische Lettner soll deshalb nur optisch in den neuen Fliesen dargestellt werden, wogegen von der gotischen Variante alles erhalten bleiben soll, was einst mit den noch vorhandenen Grundmauern errichtet wurde. Der Restaurator will das so bewerkstelligen, dass Schranke und als Altar in alten Steinen ebenerdig zu sehen sind, der Zugang zum Altar aber trotzdem ohne Stolperfalle über zwei Stufen möglich ist.

Über tiefergehende Details der vorerst letzten Sanierungsetappe können sich die Beusteraner am morgigen Sonntag übrigens persönlich informieren. Die Kirchengemeinde lädt für 14 Uhr zur öffentlichen Präsentation von Entwürfen des Architekturbüros „Lokal“ ein. Danach, so Pfarrer Christian Buro in einer Mitteilung, habe jeder die Möglichkeit, sich in Ruhe die Planung und die freiliegenden Fundamente des Lettners anzusehen, die bei der Werbung für den alten Backsteinbau an der Straße der Romanik nach Meinung der Fachleute ein besonderes Pfund zum Wuchern sein können. Vor der Kirche gibt es dazu Kaffee und Kuchen.

So in etwa sieht das Verlegemuster für die roten Fließen in der Nikolauskirche Beuster bei der Fußbodensanierung aus.
So in etwa sieht das Verlegemuster für die roten Fließen in der Nikolauskirche Beuster bei der Fußbodensanierung aus.
Zeichnung: Spillner
Nach Ansicht des Restaurators könnte der gotische Lettner mit Durchgängen und Voraltar so ausgesehen haben.
Nach Ansicht des Restaurators könnte der gotische Lettner mit Durchgängen und Voraltar so ausgesehen haben.
Zeichnung: Weidner