Brandenburger Hengstwärter sind Jahr für Jahr mit acht Beschälern in Krumke auf Station Ein Hengst ist Vater des Dressur-Champions
Reiten ist eine Sportart, die sich trotz Rückgängen bei der Pferdevermarktung großer Beliebtheit erfreut. Einigen gelingt es sogar, ihr Hobby zum Beruf zu machen.
Krumke l Hagen Moews und Jörg Ladwig verdienen seit vielen Jahren ihre Brötchen beim brandenburgischen Haupt- und Landgestüt Neustadt/Dosse und sind auch für die Hengste in der EU-Besamungsstation Krumke verantwortlich. Obwohl sie dafür in der Hauptzuchtsaison rund fünf Monate "Montage" in Kauf nehmen, würden die beiden Hengstwärter, die mit ihrem Job eine Tradition aus DDR-Zeiten fortsetzen, mit niemandem tauschen wollen.
25 Jahre im Beruf
Wenn die sogenannte Marstallzeit - die noch immer so heißt, obwohl die edlen Vierbeiner keinem Fürsten mehr gehören - vorbei ist, gehen die Hengste nach diversen Präsentationsveranstaltungen zum Saisonauftakt im Frühjahr auf Station. Mit den Vorbereitungen auf die berühmten Neustädter Hengstparaden, zieht es Ross und Reiter Mitte Juli wieder in die Heimat auf der anderen Seite der Elbe.
Moews hat sein Handwerk sozusagen von der Pike auf gelernt. Der 41-jährige Facharbeiter für Pferdezucht und Leistungsprüfung betreut als Besamungswärter mittlerweile seit 1995 in Krumke Hengste. Eine lange Zeit nicht nur für den gebürtigen Ueckermünder, sondern auch für dessen Lebensgefährtin und den gemeinsamen Sohn.
Während der Gestütsoberwärter geradlinig seiner Berufung folgte, ist der gebürtige Schönhausener Ladwig ein Quereinsteiger, der nach der Schule im Tangerhütter Eisenwerk die Lehre zum Modelltischler absolvierte. Pferde faszinierten den verheirateten Vater von zwei Kindern zwar schon immer, aber das Familienoberhaupt wollte, dass er erst einmal was "Ordentliches" lernt. Das Tischlern hängte er nach der Lehre schnell an den Nagel. Denn Neustadt suchte Bereiter. Und reiten konnte er. Erst im Rahmen der Erwachsenen-Qualifizierung absolvierte der jetzige Berufsreiter und Reitlehrer den gleichen Facharbeiterabschluss wie Moews, um später die Meisterschule anzuhängen. Im Herbst kann der 43-jährige Obersattelmeister, der seit 2000 in Krumke arbeitet, ebenso wie sein Kollege 25-jähriges Berufsjubiläum feiern.
Moews ist in der Hengststation, in der 2012 inklusive eines Kaltblutes und eines Reitponys wieder acht hochkarätige Beschäler stehen, vor allem für die Springausbildung zuständig, während Ladwig als Spezialist für die Dressur gilt. "Sein" berühmtester Hengst ist "Quaterman", der Vater des Bundeschampions "Quaterback". Beide Hengstwärter reiten natürlich auch Turniere.
Moews und Ladwig teilen sich den Arbeitsplatz im Reitsportzentrum Krumke sowie eine Zwei-Zimmer-Wohnung auf dem Gelände. "Fast wie ein altes Ehepaar", spielt Moews mit Blick auf das Zusammenleben ohne große Querelen an. "Und ins Dorfgeschehen sind wir auch gut integriert", ergänzt sein Partner.
Für beide beginnt der Tag in der Besamungsstation um 6.30 Uhr mit Füttern, Ausmisten und Tierpflege. Ab 8Uhr gilt es je nach Anfrage die Samen von den Hengsten zu gewinnen, das Sperma zu kontrollieren, zu portionieren und für den Versand fertig zu machen, die Ausbildung der Beschäler voranzutreiben oder auch mal auf speziellen Kundenwunsch eines der wertvollen Tiere in Aktion zu präsentieren. Am Wochenende läuft der "Laden" etwas entspannter. Aber Freimachen ist in der Decksaison nur alle 14 Tage und dann auch nur am Sonntag möglich, weil Sonnabend noch Decktag ist. Der Jahresurlaub muss bis zur Marstallzeit warten.
Trotzdem ist der Job nach wie vor Berufung. Das liegt nicht nur an der Liebe zum Pferd, sondern auch am selbstorganisierten Handeln und an der Eigenverantwortung, die beide gern übernehmen. Übrigens: Bei allem Spaß an der Freude, eigene Pferde besitzen beide nicht.
Eintönigkeit ist Gift
Obwohl sich viele Handgriffe wiederholen, ist kaum Platz für zuviel Routine. Der Umgang mit der Kreatur sorgt für die nötige Abwechslung. "Auch Pferde sind nur Menschen, die mal schlechte Tage haben", erklärt Ladwig, während er den vierjährigen Hengst "Domherr" an der Longe etwas austoben lässt, bevor er in den Sattel steigt.
Und weil Eintönigkeit auch für Pferde Gift ist, geht es nicht nur in der Halle oder auf dem Reitplatz im Kreis, sondern regelmäßig zum Ausritt in die Natur. Das sind dann die Momente, wo beim Betrachter vielleicht wieder etwas Neid aufkommt.