KulturFilmregisseur Andreas Dresen verrät, was ihn mit Stendal verbindet
„Glücks Spiel – Porträt eines Regisseurs“ - das war zweifellos der Hauptakt der 24. Osterburger Literaturtage. Im Gespräch mit Hans-Dieter Schütt verriet Andreas Dresen, was für ihn Glück ist, was ihn mit Stendal verbindet und vieles mehr.

Osterburg - Im Saal des Osterburger Verwaltungsgebäudes war Mittwochabend Kinozeit. Autor Hans-Dieter Schütt lud Filmregisseur Andreas Dresen zum Gespräch – und dieser erzählte, lachte und spielte auf seiner Ukulele. Unterhaltung zur besten Sendezeit.
Ein Glücksspiel – so der Titel seiner Biographie – hatte Andreas Dresen an diesem Tag definitiv hinter sich. Dienstag noch beim Filmfestival in Albanien, Mittwoch 3.30 Uhr aufgestanden, Flug nach München, Zug nach Berlin, weiter nach Potsdam, von dort mit dem Auto nach Osterburg und knapp einem Unfall entronnen. Trotz verstimmter Ukulele nimmt er es leicht. „Was auch immer ich tue, ich bin in dem Moment mit dem Herzen dabei“, beginnt er. „Es ist ein großes Geschenk, all’ das machen zu können.“
Und alles ist eine Menge. Filme wie „Sommer vorm Balkon“, „Wolke 9“ und „Gundermann“, um nur einige zu nennen, haben den 60-Jährigen bekannt gemacht. Zuletzt feierte er 2022 mit „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“ auf der Berlinale einen großen Erfolg. Gerade ist er mit seinem neuesten Werk, „In Liebe, eure Hilde“, fertig geworden. Ob er nicht mal Helden zum Thema machen wolle, will Schütt wissen. „Wieso? Für mich sind sie alle Helden. Der singende Baggerfahrer und die Widerstandskämpferin. Man kann aus jedem im Raum einen Film machen. Wenn du Typen wie James Bond meinst, das kann Hollywood besser. Ich sehe das auch mal gern, aber ich finde die anderen interessanter. Extreme sind reizvoll“, so Dresen. Gundermann zum Beispiel, der Schütt und ihn zusammengeführt hat. „Ich habe Gundermann 1996 interviewt und darüber ein Buch geschrieben“, erzählt der Biograph.
Zwölf Jahre für Gundermann-Film gekämpft
Als Dresen über Gundermanns Leben einen Film drehen wollte, nahm er zu ihm Kontakt auf. Zwölf Jahre kämpfte der Regisseur um die Verfilmung. So viel zum Thema: „Fragst du dich nicht: Wer will das überhaupt sehen?“ Dresen: „Ständig!“ Aber egal. Er rechnet sich längst nichts mehr aus. Wie oft dachte er, ein Film würde gut laufen, und statt dessen geht der umkämpfte „Gundermann“ durch die Decke. Ein Grund mehr für ihn, immer wieder Konzerte mit dessen Liedern zu geben. An der Seite Hauptdarsteller Alexander Scheer, mit dem er den Ostseeurlaub, inklusive Konzert, schon jedes Jahr einplant.
„Ich kann wirklich sagen, dass ich mit den meisten Leuten, mit denen ich gedreht habe, gut befreundet bin“, gibt der beliebte Regisseur mit ostdeutscher Seele zu. Eine Ausnahme ist Axel Prahl. Mit dem Tatort-Kommissar ist er sogar sehr gut befreundet. Der ruft einfach an und steht eine halbe Stunde später mit Bier und Grillwürstchen vor der Tür.
„Wir können uns beim Dreh aber auch alles an den Kopf knallen, in der Arbeit schenken wir uns nichts.“ Zugegeben, Prahl sei seine Entdeckung. Als Dresen ein Stück mit ihm im Berliner Grips-Theater sah, engagierte er das komplette Ensemble für seinen Film „Nachtgestalten“. Seinetwegen bekam er sogar mit dem WDR Ärger. Der Sender wollte den unbekannten Schauspieler partout nicht in der „Polizistin“ sehen – bis Dresen das Projekt absagte. Auf einmal ging's. Nach dem Grimme-Preis sollte es eine Fortsetzung geben, der Dresen nicht zustimmte. Seitdem ist Axel Prahl Tatort-Kommissar. Apropos Krimi. „Das ist nichts für mich. Ich schlafe nach zehn Minuten ein, ich kann das nicht mal verfilmen.“
„Ich bin ein optimistischerMelancholiker“
Und noch eine Anekdote verrät der Kult-Regisseur. Axel Prahl hatte sich überlegt, in jedem Dresen-Film mitzuspielen, aber den Wunsch erfüllte ihm der Freund nicht. Da kam er glatt einfach so vorbei, bekam einen Blaumann an und durfte als Statist durchs Bild gehen. Aber nicht mit Axel Prahl! Der stand auf einmal mit heruntergelassener Hose da und rief: „Tina, Papier is' alle!“ Kein Typ für kleine Rollen also.
Dresen selbst hatte übrigens schon als Zehnjähriger „Faust“ auf die Puppenbühne gebracht und legte ein 20-Seiten-Solo hin, das ihm die harsche Kritik seines Vaters einbrachte. Der Kleine rockte darauf eine neue Fassung, die ihn begeisterte.
„Ich bin ein optimistischer Melancholiker“, erklärt er. „Deshalb würde ich die Leute auch nie aus dem Kino lassen ohne Ermutigung.“ Ja, das Kino, das sieht er auch optimistisch, „weil ich ein Träumer bin“ – gemeinsam im Raum ein Erlebnis zu teilen, sei etwas Wunderbares.
So sah es auch Bibliotheksleiterin Anette Bütow. Ob Gundermann-Lieder auf der Ukulele, Opern-Erlebnisse mit Mozart oder Geschichten aus dem Verfassungsgericht – im Gespräch mit Hans-Dieter Schütt sorgte Andreas Dresen für beste Unterhaltung und ein Erlebnis, an das sich seine Gäste noch lange erinnern werden. Zum Abschluss schrieb Dresen eifrig Autogramme zur bleibenden Erinnerung an diesen Abend.