Kreisbauernverband Stendal hegt Bedenken gegen ein dauerhaftes Landschaftsschutzgebiet Ist in der "Wische" wirklich alles in Butter?
Der Landkreis Stendal wirbt für einen dauerhaften Status des Landschaftsschutzgebietes "Altmärkische Wische". Einmal mehr auch in Osterburg.
Osterburg l "Natur und Landschaft sind aufgrund ihres eigenen Wertes und als Grundlage für Leben und Gesundheit des Menschen auch in Verantwortung für künftige Generationen zu schützen", zitiert die Stadtverwaltung Osterburg in ihrer Einladung zu einem Infoabend über die vom Landkreis für Herbst geplante neue Verordnung zum Landschaftsschutzgebiet "Altmärkische Wische" den ersten Paragraphen des Bundes-Naturschutzgesetzes.
Informationsveranstaltung im Saal der Stadtverwaltung
Die Veranstaltung geht am kommenden Dienstag, 19. Juni, ab 18 Uhr im Verwaltungssaal an der Osterburger Thälmannstraße über die Bühne und soll Interessenten mit den Details des Schutzgebietes vertraut machen, das vor drei Jahren quasi zur Probe installiert wurde und jetzt auf Dauer und mit erweitertem Territorium festgeklopft werden könnte.
Der ursprüngliche Widerstand gegen das Schutzgebiet bröckelt in jüngster Zeit etwas. Selbst Landwirte des bereits betroffenen Gebietes, die sich quasi als Erben der Erschaffer dieser Kulturlandschaft sehen, gaben bei Inforunden in Ortschaftsräten schon zu Protokoll, dass sie keine Benachteiligung durch den Schutzstatus (mehr) sehen. Die Zugeständnisse bei der Grabenunterhaltung zum Abführen des Oberflächenwassers und das Verhindern von Windparks in einer auch aus Naturschutzsicht wertvollen Landschaft sind wohl mit verantwortlich für den Meinungsumschwung.
Dass nicht alle Berufskollegen diese Meinung teilen, stellen die Geschäftsführerin und der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes, Steffi Friedebold und Wolfgang März, in einer Stellungnahme klar. Unter anderem machen sie geltend, dass der Schutz der Natur auch ohne diese Ausweisung bereits durch eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen gewährleistet sei. Für Agrarunternehmen würden Landschaftsschutzgebiete auf Dauer erhebliche Wettbewerbsnachteile bedeuten. Vielfältige Beschränkungen tragen dazu bei, dass diese Unternehmen zukünftig nicht mehr an der allgemeinen Entwicklung am Agrarmarkt teilnehmen können. Wertminderungen der betroffenen Flächen wären die eine Seite, keinerlei bauliche Entwicklungsmöglichkeiten im Landschaftsschutzgebiet (was auch für Kommunen gelte) die andere. Selbst der landwirtschaftliche Wegebau könnte künftig Beschränkungen unterliegen.
Vertiefung von Gräben wird unzulässig
Bundesweite gerichtliche Entscheidungen dürften die Möglichkeiten im Landschaftsschutzgebiet noch mehr einschränken. So sei beispielsweise das Anlegen von Weihnachtsbaumkulturen ebenso unzulässig wie die Vertiefung von Gräben und Bächen (selbst als Abarbeitung eines eingetretenen Pflegestatus). Gleiches treffe auf privilegierte landwirtschaftliche Bauvorhaben im Außenbereich oder das Anlegen eines 1,80 Meter hohen Zaunes für Damwildgehege zu. Nach dem Landesnaturschutzgesetz Sachsen-Anhalt sind in Landschaftsschutzgebieten alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebietes verändern. Die Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes ist voranzubringen.
Da die "Altmärkische Wische" ursprünglich ein Niederungsgebiet mit hohem Anteil an Feuchtwiesen gewesen sein dürfte, besteht für Friedebold und März die Sorge, dass die Entwicklung des Naturschutzes dahin geht, den Wasserhaushalt in der Wische nachhaltig insgesamt zugunsten feuchterer Verhältnisse zu verändern und möglicherweise den Anteil an Grünland zu erhöhen und den von Ackerland zu reduzieren. Gezielte Lenkung von Ausgleich- und Ersatzmaßnahmen in dieses Gebiet wären eine dafür in Betracht kommende Möglichkeit zur Umsetzung.
Außerdem fragen sie: Wie sieht es mit der Erneuerung verschlissener Dränagen aus? Ist das Anlegen neuer Drainagen zukünftig überhaupt noch möglich? Und: Ist mit der endgültigen Ausweisung des Landschaftsschutzgebietes "Altmärkische Wische" die Entwicklung dieser Region aus naturschutzfachlicher Sicht dann beendet? Oder erfolgt danach die Überführung in das Biosphärenreservat "Mittelelbe" mit noch mehr Auflagen für die Landwirtschaft?
All das sind Sorgen, die die regionalen Landwirte bedrücken und diese Entwicklung mit Skepsis sehen lassen, heißt es in dem Papier weiter, in dem auch gefordert wird, dass bauliche Entwicklungsmöglichkeiten sowohl in den Städten als auch in den Dörfern, Splittersiedlungen und bei Einzelgehöften gewahrt bleiben müssen.
Nicht langfristig Entwicklungen hemmen
"Natürlich ist die Argumentation, durch ein Landschaftsschutzgebiet wird der Bau von Windkraftanlagen verhindert, hinreichend bekannt. Abzuwägen bleibt jedoch in den betroffenen Gemeinden und Ortschaftsräten, ob man es heute rechtfertigen kann, Entscheidungen zu treffen, die auf lange Sicht gesehen massiv Entwicklungen hemmen - nicht nur für Agrarunternehmen, sondern auch für die Kommunen und das noch Generationen nach uns", heißt es abschließend.