Landesliteraturtage Literaturfest im Kreis Stendal endet mit Frieden zum Mitnehmen
Künstler-Quartett um Dr. Mieste Hotopp-Riecke veranstaltet Kalligraphie- und Lese-Performance im Kavaliershaus in Krumke.

Osterburg. - Die 25. Osterburger Literaturtage sind Geschichte und ebenso die Landesliteraturtage Sachsen-Anhalts. Mit der Lesung „Zweiheimisch zwischen Strömen, hinter Meeren“ im Kavaliershaus in Krumke setzten die Organisatoren zu einem ganz besonderen Schlussakkord an. Schließlich ist das Thema der Landesliteraturtage „Flussauf, flussab“.
„Zweiheimisch kann vielleicht hin- und hergerissen bedeuten, aber auch „einheimisch’, nur eben doppelt“, stellt Dr. Mieste Hotopp-Riecke eingangs klar und lächelt. Sein Name verrät es schon. Er ist Altmärker. Einer, der seit 13 Jahren auf Hiddensee Seminare mit 42 Teilnehmern genießt. Vor neun Jahren hatte er die Idee für das Buch „Hiddensee und der Orient“, an dem viele Weggefährten mitgeschrieben haben. Im August 2024 wurde es „frisch fertig“ und kam auf die Altmärkische Buchmesse, jetzt stellte der Herausgeber das Werk nach der Premiere von „In the Middle of Nüscht. Go West“ mit drei anderen Künstlern in Krumke vor.

Als Altmärker im Drömling aufgewachsen, in Magdeburg inzwischen zu Hause, kam der Autor mit seinen Plattdeutsch-Wurzeln bei den Osterburgern gut an. Doppelt Geheimsprach’ sei bei ihm „up Platt un Sütterlin“. Auch mit dem Aberglauben, dass Hühnergötter, wie sie an der Ostsee zu finden sind, Glück bringen, stieß er auf Zustimmung. Für Krimtataren seien sie das ebenfalls, verrät der Altmärker. Er ist, nebenbei bemerkt, Turkologe und Islamwissenschaftler mit Krim-Erfahrung – und Fan der Olsenbande. Die musste er „irgendwie ins Hiddensee-Buch hieven“, hatten sie doch in keinem Zeltkino der DDR gefehlt und einen Hauch von dänischem Kleinganoven-Flair in die Wohnzimmer gebracht, als die Mauer noch stand. Mancher Trabibastler erkannte sich wieder. Und der Spruch „Mächtig gewaltig!“, der eigentlich „Scheiß drauf!“ im Original heißt, fällt teilweise heute noch, „weil die Olsenbande einfach Kult ist“.
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Sie erinnert außerdem an eine Zeit mit vielen Grenzen. Ammar Awaniy stammt aus Syrien und verbindet das Wort „Insel“ mit „Zufluchtsort“. Nur zu genau weiß er um die einzige Insel Syriens, die Gefängnis für syrische Freiheitskämpfer sei. Also das Gegenteil. Er selbst ist 2015 mit einem Fluchtboot in Deutschland gelandet – mit Angst vor der Vergangenheit und beunruhigt vor der Zukunft. Wenn er auf Hiddensee schreibt und liest, denkt er oft an die Insel in Syrien.
Elnara Letova fühlte sich mit 13 mehr zu Berlin hingezogen denn als ukrainische Krimtatarin. Grund war die Band Rammstein. Die Texte übersetzte sie mit dem Wörterbuch. Erst in Berlin merkte sie, dass sie doch eine Krim-Liebhaberin ist und wie intensiv die Bindung zur Heimat ist. Unvergessen ist für sie die Diskriminierung in der Schule, weil sie als Krimtatarin zu den Verrätern zählte. Vor 2014 habe sie die Bitterkeit nicht verstanden, aber sie kämpfe schon lange dafür, die Schuld an der Deportation der Krimtataren von der Halbinsel durch das Sowjetregime 1944, betont sie, einzugestehen. Aber: „Nach Dunkelheit kommt Licht. Nach Schmerz Liebe und Hoffnung.“

Interessiert suchten die Zuhörer nach der Lesung das Gespräch mit den Autoren. Derweil widmete sich die Künstlerin Iman Shaaban aus Damaskus der Kalligraphie. So eine Gelegenheit bietet sich nicht jeden Tag. Pfarrerin Claudia Kuhn aus Osterburg wünschte sich übrigens das Wort „Frieden“ auf Arabisch – zum Mitnehmen.