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Nach Landesentscheid Fremdeln mit dem Wolfszentrum

Das Wolfszentrum genügt nicht. Der Wolf müsse ins Jagdrecht aufgenommen werden, sagt der Vorsitzende der Jägerschaft Osterburg.

Von Karina Hoppe 02.02.2017, 23:00

Iden l Das Land Sachsen-Anhalt hat im Umgang mit dem Wolf eine Zeitenwende angekündigt. Mehr Aufklärung der Bevölkerung, mehr Prävention, bessere Förderungsmöglichkeiten für den Herdenschutz, der mögliche Abschuss von Problemwölfen. Dies alles soll gebündelt werden im Amt für Landwirtschaft, Forsten und Flurneuordnung (ALFF) Dessau – und in einem Wolfskompetenzzentrum auf dem Gelände der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau (LLG) Iden. Während Dessau im Wolfsmanagement für den bürokratischen Part (Förderungen, Schadensausgleich) zuständig ist, soll sich das Wischedorf um die Praxis kümmern. Um Beratungen, Schulungen, Demonstrationen an der Herde.

Dass die Wahl auf Iden fällt, überrascht Dr. Gerd Heckenberger nicht. „Wir liegen hier ja mittendrin im Wolfserwartungsgebiet“, sagt der Leiter der LLG Iden. Im großen Stadtforst Seehausen werde sich bestimmt das nächste Rudel ansiedeln. So gesehen passe das Zentrum schon zu Iden, wenngleich Heckenberger mit den genauen Plänen des Wolfszentrums noch nicht vertraut sei. „Wir werden ja sehen.“

In der Tat ist der Stadtforst Seehausen im so genannten Monitoringbericht des Landesamtes für Umweltschutz für das Jahr 2015/2016 unter der Rubrik „Suchräume/Gebiete mit unklarem Status“ aufgeführt. Seit Ende 2014 gibt es dort wiederholt Hinweise auf Wölfe, vor allem Sichtungen. Im März 2015 wurde unweit des Stadtforstes vermutlich gar ein Welpe beobachtet. Ob er zum Rudel Gartow gehörte? Jedenfalls wird dem Stadtforst Seehausen eine grundsätzliche Habitateignung bescheinigt, „damit muss die Möglichkeit einer Ansiedlung in Betracht gezogen werden“.

Das sind keine guten Aussichten, findet Dieter Smyrek. „Die Zahl der Wölfe, die Sachsen-Anhalt verträgt, ist längst erreicht.“ Der Vorsitzende der 375 Mitglieder zählenden Jägerschaft Osterburg (Altkreis) sieht große Versäumnisse beim Land. Es sei angesichts der so rasant wachsenden Population zu lange in der Defensive geblieben. Dass sich jetzt etwas bewege, begrüßt Smyrek, aber es könne nur ein Anfang sein. „Licht am Horizont sehe ich noch nicht.“ Zwar würde nun aller Voraussicht nach den geschädigten Landwirten endlich schneller und effizienter geholfen, aber die große Linie stimme noch nicht. Wenn es schon so sein soll, dass der Wolf wieder hier lebt (nach Smyrek gehört er nicht hierher), solle und müsse er auch ins Jagdrecht aufgenommen, geschossen werden dürfen. Nicht als Problemwolf, für den Smyrek eine Erlaubniskette befürchtet, sondern so wie die anderen Tiere in der Kulturlandschaft auch. „Bei allen Tieren sind wir präventiv tätig, beim Wolf muss erst was passieren.“

Noch durchstreifen die Wölfe den Altkreis Osterburg nur. Neukirchen, Wendemark, Dobbrun – Sichtungen gibt es überall. Dabei beobachte Jäger Smyrek auch, wie sich die Rehe und Wildschweine zum Schutz zu größeren Gruppen zusammenschließen, wodurch sie noch mehr Schaden anrichten. „Wir Jäger sollen den Karren nachher aus dem Dreck ziehen“, sagt Smyrek. Und, dass einige Jäger angekündigt haben, sich dagegen zu verwehren.

Kerstin Ramminger schlägt ähnliche Töne an. Die Geschäftsführerin des Kreisbauernverbandes Stendal bezweifelt, dass irgendjemand den Überblick hat, wie viele Wölfe es hier gibt. „Der Wolf ist flächendeckend da.“ Wolf und Weidehaltung – beides gehe nur, wenn regulierend in den Wolfsbestand eingegriffen werden darf. Die neuen Fördermöglichkeiten etwa für den Herdenschutz gehen Kerstin Ramminger nicht weit genug.

Sie befürchtet, dass das Wolfszentrum „der Bevölkerung erzählen soll, dass der Wolf ein guter Wolf ist“. Und das stimme nicht. Schließlich fragt sie, wer die Verantwortung trägt, wenn irgendetwas passiert. Nicht wie etwa in Walsleben mit Tieren, sondern in Bezug auf Menschen.