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Proka Osterburg Wenn die Größe Geld kostet

Zu groß? Das "Proka" Osterburg ringt mit Schützenhilfe von Landrat und Bürgermeister darum, wieder öffnen zu dürfen.

Von Karina Hoppe 26.04.2020, 23:01

Osterburg l Bauchschmerzen bereite vor allem die saisonale Ware. „Wir haben täglich einen Wareneingang, der drückt“, sagte Claudia Holländer am Freitag. Wie die Teamführerin für Textil des „Proka“ Osterburg gegenüber Landrat Patrick Puhlmann (SPD) und Einheitsgemeindebürgermeister Nico Schulz (Freie Wähler) mitteilte, habe man schon „weggedrückt“, was vertraglich wegzudrücken war, aber Anlieferungen gebe es trotzdem permanent. In Zeiten der Corona-Pandemie ohne Kontakt, „unterschreiben brauchen wir nicht mehr“. So berichtete Claudia Holländer mit Rückendeckung ihrer Vertretung Dana Bielefeld am Freitag im Geschäft ohne Kunden. Denn während die anderen kleineren Läden am vergangenen Montag nach vier Wochen Corona-Zwangspause wieder öffnen durften, gehört das „Proka“ zu den Geschäften, die laut aktuell geltender vierter Verordnung gegen die Auswirkungen der Corona-Pandemie des Landes Sachsen-Anhalt mit über 800 Quadratmetern Ladenfläche zu viel Sogwirkung hätten. Das „Proka“ kommt deutlich über diese Grenze. Unten misst die Fläche 860 Quadratmeter, oben fast nochmal soviel. Aber eine übermäßige Sogwirkung?

Die wäre ja wohl beim Allee-Center Magdeburg eher gegeben. Das Haus in der Landeshauptstadt durfte am vergangenen Montag wieder öffnen, weil jedes Geschäft darin einzeln berechnet wird. Für Schulz und Puhlmann nicht nachvollziehbar, geradezu paradox im Vergleich mit dem „Proka“ Osterburg. „Es werden hier nicht hunderte Leute vor der Tür stehen. Die Menschen sind ja von sich aus schon zurückhaltender“, so Schulz. Und selbst wenn der Ansturm käme, wüsste das „Proka“ ja damit umzugehen. So berichtete Claudia Holländer von den beiden anderen Textilgeschäften der Konsumgenossenschaft Seehausen/Altmark, dem „er-sie-es“ in Seehausen und dem „family fashion“ in Arendsee. Beide Läden durften vor einer Woche wieder öffnen. Und die Konsumgenossenschaft achte penibelst auf Hygienevorschriften. In beiden Geschäften arbeiten fünf Personen, wobei jeweils eine nur damit befasst sei, den Kundenverkehr zu kontrollieren. „Um Kontrolle über die Personenzahl zu haben, vergeben wir Klammern, die müssen die Kunden dann selber in ein Desinfektionsbad werfen.“ Darüberhinaus würden die Flächen ständig desinfiziert und, und, und... Selbiges wäre ja auch im „Proka“ möglich, wegen der Größe dort vielleicht gar noch besser. Aber ach, die Größe. Laut Verordnung des Landes ist es nicht erlaubt, die Ladenfläche „einfach“ durch Absperrungen zu verkleinern. „Andere Bundesländer lassen das aber zu“, so Puhlmann.

Und es wäre so einfach handhabbar im „Proka“, sagt Claudia Holländer. Die obere Etage, in der so genannte Hartwaren verkauft werden (Geschirr, Spielzeug, Koffer...) könnte abgesperrt werden, dazu unten der hintere Bereich mit den Kurzwaren. Zum Beispiel. Doch Gesetz ist Gesetz. Wie Puhlmann berichtete, habe er sich bereits gegenüber dem Land dafür eingesetzt, dass diese Klausel mit der nächsten Verordnung gekippt wird und werde dies – zumal jetzt mit der Vor-Ort-Kenntnis  – auch weiterhin tun.

„Wir stehen im Landkreis Stendal mit dem Problem nicht alleine da“, so Puhlmann. Landkreisweit indes ist das „Proka“ nun tatsächlich alleine mit dem Problem. Nachdem nämlich das Stendaler Modegeschäft „Ramelow“ bestimmte Unterlagen nachreichte, durfte es am vergangenen Sonnabend wieder öffnen.

Bis die nächste Eindämmungsverordnung kommt und damit die Chance auf eine Gesetzesänderung, ziehen noch ein paar Tage ins Land. Nach aktuellem Stand wollen sich Bund und Länder am 6. Mai wieder über die nächsten Schritte verständigen. Am besten also, es gibt so etwas wie eine Ausnahmegenehmigung. Puhlmann sagte „mir geht da etwas durch den Kopf“. Er versicherte, „wir werden tun, was wir tun können, aber gegen Recht verstoßen werden wir nicht“. Der Landrat findet im Übrigen, dass es in aktueller Krise richtig war „erstmal eine Grenze zu setzen. Jetzt muss man nur bei den Ungerechtigkeiten nachjustieren“.

„Ich bin immer optimistisch“, sagte Claudia Holländer, die sich auch in Richtung Nico Schulz bedankte. „Schön, dass wir gesehen werden.“ 120  Personen seien bei der Konsumgenossenschaft beschäftigt. Im „Proka“ arbeiten davon 18. Das Gros ist derzeit in den NP-Märkten beschäftigt oder im Urlaub. Weil die Konsumgenossenschaft so breit aufgestellt ist, treffen sie die Zwangs-Schließungen nicht so hart wie andere Geschäfte. „Wir haben große Einbußen, aber in Kurzarbeit ist aktuell niemand“, so Claudia Holländer.