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Störche Letzter Schwung im Anflug

Werbens Störche sind begrüßt. Beim Spaziergang erfuhren die Teilnehmer von aktuell elf Paaren, einer Ost-Westverschiebung und mehr.

Von Karina Hoppe 14.04.2019, 18:00

Werben l Das Timing ließ zu wünschen übrig in diesem Jahr. Während die Gruppe von Nest zu Nest marschierte, waren die meisten Störche auf Futtersuche. Oder sie hatten mit dem Eierbebrüten Wichtigeres zu tun, als sich der Öffentlichkeit zu präsentieren. Hier und da lugte ein Köpfchen aus dem Nest hervor, immerhin. Und am Ende doch noch ein Klappern. Elf Storchenpaare sind bis dato in Werben angekommen, verrieten der Werbener Gunter Zwinzscher und Michael Tillmann aus Münster. Er ist einer der Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Weißstorch Nordrhein-Westfalen und besucht Werben seit 20 Jahren im Namen der Adebare.

Bezogen auf das Werbener Stadtgebiet haben sich bis dato elf Paare zusammengefunden. „Aber in dieser Woche, mit dem wärmeren Wetter, kommen sicher noch ein paar“, sagte Gunter Zwinzscher. Man könne ruhig optimistisch sein, auf 15 bis 16 Paare kommt Werben bestimmt wieder, schätzte auch Michael Tillmann ein. Und doch müssen die Elbanrainer eine bittere Pille schlucken: „Die storchenreichste Stadt Deutschlands ist Werben seit zwei Jahren nicht mehr.“ Da ist etwa das bayerische Oettingen im Nördlinger Ries, eine kleine hübsche Residenzstadt mit gut 5000 Einwohnern – und 67 Jungstörchen in 2018. Zum Vergleich: Im seit 1992 besten Werbener Storchenjahr 2006 wurden bei 16 Paaren insgesamt 37 Jungvögel flügge.

Diese Entwicklung sei eine grundsätzliche. Während sich um die Wende 85 Prozent aller in Deutschland brütenden Störche auf dem Gebiet der neuen Bundesländer niederließen, habe „der Westen“ ordentlich aufgeholt. Mehr als die Hälfte der Störche zieht nun dorthin. Und das habe laut Michael Tillmann zwei Gründe: die Art und Weise der Landwirtschaft, wegen der vor allem Mecklenburg-Vorpommern infolge geringeren Futteraufkommens für die Störche große Einbußen hinnehmen musste. Und die Tatsache, dass es im Westteil Deutschlands auch mehr westziehende Störche gibt, so genannte Westzieher. Deren Route in den Süden geht über Frankreich, Spanien, Gibraltar nach Afrika, aber ein Großteil der Störche überwintert mittlerweile gleich in Frankreich oder Spanien. „So ist die Reiseroute kürzer, weniger gefährlich und weniger verlustreich“.

Dagmar Uta Schmidt, die gerade ein paar Tage Urlaub in Werben macht, vorher noch nie hier war, fand das alles ziemlich spannend. Vor allem das Sozialverhalten der Tiere. Dass flügge gewordene Jung­störche sich zusammenrotten und gemeinsam und vor ihren Eltern gen Süden fliegen, dass es blutige Kämpfe um die Nester gibt. Oder dass die Störche nicht ihren Storchenpartnern, sondern dem Nest treu sind. Wobei, es gibt Ausnahmen: Das Werbener Promipaar unter den Adebaren, die Elbtorstörche, sind seit 2010 ein Paar und mit 14 und 15 Jahren im Übrigen schon recht alt. Aber die einzigen Westzieher der Stadt, die weit vor den Ostzieher ankommen, haben ja zu diesem Zeitpunkt auch keine andere Wahl, wurde die kleine Romantik während des Spaziergangs versachlicht.

Wie dem auch sei, die Werbenerin Ursula Braunert weiß genau: Wenn der Elbtorstorch kommt, dauert es nicht mehr lange, bis auch ihre Störche einfliegen. Ihre? Genau.

Wer aus seinem Schlafzimmerfenster die Storchenfamilie auf dem Rathaus immer im Blick hat, wer manchmal auch ein bisschen wütend auf sie ist, weil die Klapperei beim Schlafe stört, der sagt: Das sind meine. Welche Phase im Storchenjahr die beste ist? „Eigentlich alle!“ Zu den Höhepunkten gehöre auf jeden Fall, wenn die Jungvögel Flugübungen machen. Dann sei es einfach nur wunderschön, dem zuzuschauen. Gern auch gemeinsam mit ihrem sechsjährigen Enkelsohn Max. Er war am Sonnabend auch mit beim Rundgang. Und seine Eltern noch dazu. Die Familie war zu Gast aus Wilhelmshaven. „Dort können wir gerade Schweinswale beobachten“, sagte Mama Ines Seiler.