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Nico Schulz lud zur Lesung mit CDU-Politiker in die Osterburger Bibliothek Wie Karl-Heinz Daehre zu seinem Posten als Verkehrsminister kam

Von Astrid Mathis 25.03.2013, 02:14

Zehn Jahre war Karl-Heinz Daehre in Sachsen-Anhalt Minister für Verkehr. Freitagabend stellte er den Osterburgern Anekdoten und das Gemeinschaftswerk mit seinem früheren Pressesprecher Harald Kreibich "Im Gespräch mit Karl-Heinz Daehre" vor.

Osterburg l Ja, unser ehemaliger Verkehrsminister Karl-Heinz Daehre ist ein Fußball-Fan, aber Dienst ist Dienst. Er hatte Osterburgs Bürgermeister Nico Schulz die Vorstellung seines Buches zugesagt, und so widmete er sich am Freitag in der Osterburger Bibliothek seiner Lesung, die eigentlich keine war. Karl-Heinz Daehre wollte ja nicht langweilen und deshalb lieber erzählen. Denn mit dem Erzählen fing es überhaupt an, dieses Buch, das nicht als solches gedacht war.

Zu Amtszeiten zeichnete sein Pressechef Harald Kreibich oft seine O-Töne nach Versammlungen und Treffen auf. Als die Männer sich die Anekdoten eines Tages allesamt anhörten, wurde die Idee für das Buch "Harald Kreibich: Im Gespräch mit Karl-Heinz Daehre" geboren. Doch es musste noch mehr her, ein anderer Aufzug sozusagen. Kürzen war auch angesagt.

Vor einem Jahr begann für den einstigen Verkehrsminister Sachsen-Anhalts die Lesereise. Der Norden ist gerade dran, der Süden steht noch aus. Der Einladung nach Osterburg konnte er nicht widerstehen, wohl auch, weil er an der Biese schon 2008 die Eröffnungsrede zu den Osterburger Literaturtagen gehalten hatte. Er musste für Osterburg sogar einen anderen wichtigen Termin absagen. Nachdem er sich als Juror beim Promi-Koch-Wettbewerb der Volksstimme beim Zubereiten von Rouladen über die Schulter gucken ließ, hätte er Freitag die Endrunde der Teilnehmer bewerten müssen, aber diese Aufgabe dann seiner Frau überlassen.

Nun war er also in Osterburg und musste erst einmal ein Kompliment loswerden, was die Bibliothek betraf. "So oft ich hier war, hat man sie mir nie gezeigt", beschwerte sich Daehre.

Dann begann er mit leicht bekömmlicher Anekdotenkost, die hier und da die Lachmuskeln strapazierten. Zum Beispiel, als er verriet, wie er, seines Zeichens Chemiker und 1990 in die CDU eingetreten, zu dem Job als Bauminister kam. Irgendwie war seine Frau schuld, mit der er, bis dahin zwischen Landtag und Institut pendelnd, nach Sölden reiste. Kurzum, nach der Bergwanderung brauchte seine Frau Franzbranntwein und er Cognac. Eine fleißige Sekretärin der Landesregierung erreichte Daehre schließlich telefonisch. Der damalige Ministerpräsident Werner Münch erklärte, in zwei Stunden müsste er sich entschieden haben, ob er den Posten annehme. Er sagte Ja und genehmigte sich noch mehr Cognac, bis ihn der bestätigende Anruf von Münch ziemlich ernüchterte: "Sie sind gewählt. Morgen früh um zehn ist Pressekonferenz." Denn darauf konnte Daehre nur undeutlich erwidern: "Herr Ministerpräsident, das fängt schlecht mit uns an."

Es ging dann doch ganz gut, der Politiker büffelte Förderprogramme und Verwaltungsabläufe, um sich seine Gesprächspartner aussuchen zu können und dem Marionettendasein zu entfliehen.

Schließlich gab er seine Anekdote über Helmut Kohl preis, den er mal nach Quedlinburg einlud. Bergauf ging es zum Schloss, wo der Bundeskanzler auf einer Holzkiste platz nahm, auf der "Bitte nicht berühren!" zu lesen war.

Karl-Heinz Daehre hatte aber nicht nur Lustiges zu bieten, er sagte auch klipp und klar, woran es mit der A 14 hapert, die für ihn ein Stück Lebensgeschichte geworden sei. In seinen Augen war der Ausgangspunkt die Niedersachsenwahl 1990, bei der Ernst Albrecht abgewählt wurde. Rot-Grün wollte keine Autobahn, darum gab es als Alternative im Nordharz, die Bundesstraße 6 statt der Nordharzautobahn. Damals gab es als zweites Wunschprojekt eine X-Variante mit der A39 von Wolfsburg, die ebenso von den Grünen abgelehnt wurde. Aus der X- entstand dann die sogenannte Hosenträgervariante, "die uns heute beschäftigt." Zusammenfassend erklärte der Ex-Verkehrsminister: "Wären das Verkehrsprojekte der deutschen Einheit geworden, wäre alles anders gekommen."

Interessiert hakte ein Osterburger nach, ob es nicht möglich gewesen wäre, in der Oppositionszeit mit der SPD eine große Koalition zu bilden, bei der sich Bergner und Höppner die vier Jahre hätten aufteilen können, um das Ganze zu retten. Den Vorschlag für das israelische Modell habe er selbst unterbreitet beim Ministertreffen, erwiderte Daehre auf die Frage. Und: Er habe erst später erfahren, dass der Vorschlag nie durchgestellt wurde, weil die Politiker der Opposition das mit ihrem Vorstand gar nicht erst diskutieren wollten.

Mehr Antworten zur Politik in der Daehre-Zeit, können Wissbegierige nachlesen. Das Buch stand in der Bibliothek zum Verkauf, und natürlich fügte Karl-Heinz Daehre gern eine Widmung hinzu.