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Verein Gemeinsam dokumentiert Fachtagung zur Rolle der Angehörigen psychisch Kranker 48 Seiten, die Mut machen und Hilfe geben

Von Uta Elste 12.06.2012, 05:27

Salzwedel l Die 4. Salzwedeler Sozialpsychiatrietag fanden zwar schon im September 2011 statt. Doch jetzt gab der Verein Gemeinsam, der sich der Unterstützung und Förderung psychiatrisch erkrankter und behinderter Menschen widmet, die Vorträge jener Fachtagung als offizielle Tagungsdokumentation heraus. Nicht ohne Grund, standen doch Rolle und Funktion der Angehörigen von psychisch Kranken im Mittelpunkt.

"Wir wollen Mut machen und Verständnis wecken", so Dr. Nicolas Nowack, Geschäftsführer des Zentrums für Soziale Psychiatrie in Salzwedel, wo auch die jetzt dokumentierte Tagung stattfand. Psychische Erkrankungen seien nicht so ohne weiteres wie etwa offenen Wunden sichtbar. Laien seien oft unsicher, wie sie sich verhalten sollen. War das eben Gesagte tatsächlich so gemeint, oder hängt die Äußerung mit der Krankheit zusammen? "Angehörige haben ein großes Informationsbedürfnis, vor allem hinsichtlich der Symptome der Krankheit", weiß Nicolas Nowack aus Erfahrung. Außerdem gehe es um die Frage, wie man mit der Erkrankung eines Angehörigen umgeht. Sie zu verbergen, erzeuge zusätzlichen Stress. Nicht selten werden Angehörige psychisch Kranker am Ende selbst krank. "Aber es stellt sich natürlich auch die Frage, ob man immer jedem gleich alles erzählen muss", verweist Nowack auf das Gegenteil des Verschweigens.

Erkenntnis: Depression ist eine Krankheit, die jeden treffen kann

Die Gesellschaft habe inzwischen mehr Verständnis für psychisch Kranke, schätzt Nicolas Nowack ein. Spätestens seit dem Selbstmord des Torwarts Robert Enke habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Depression eine Krankheit ist, die jeden treffen kann.

Für die 48 Seiten umfassende Dokumentation wurden die Vorträge der Fachtagung gekürzt. Der Leser erhält dennoch einen Überblick und wichtige Hinweise, welche Rolle der Arbeit mit den Angehörigen zukommt, wie wichtig die Gemeindepsychiatrie ist, wie eine Selbsthilfegruppe Stütze und wichtiger Anlaufpunkt für die Angehörigen der Kranken sein kann und welche Punkte beachtet werden müssen, wenn Betroffene selbst eine derartige Gruppen aufbauen möchten. Auch der Angehörigenverband wird als Adresse für Rat und Hilfe vorgestellt

Der Schwerpunkt in der Dokumentation sei auch auf Maßnahmen der Rehabilitation gelegt worden, ergänzt Dr. Nowack. In dieser Hinsicht seien in Salzwedel auch schon Erfolge sichtbar, fügt er hinzu und verweist auf auf die ambulanten Hilfen im Horizont, einem Treffpunkt in Salzwedel, wo psychisch Kranken, die bereits wieder in eigenen Wohnungen leben, ambulante Hilfe zuteil wird. Auch Förderung, wie sie etwa in der Gesellschaft zur Rehabilitation, Integration und Prävention seelisch behinderter Menschen, kurz Grips, mit Blick auf eine künftige berufliche Tätigkeit praktiziert wird, sei wichtig. "Ambulante Förderung nach einem stationären Aufenthalt ist enorm wichtig", betont gNowack. Anderenfalls steige das Risiko, dass der Betroffenen erneut stationär behandelt werden muss.

Dem Konzept eines Netzwerkes für psychisch Kranke, das auch die Behörden mit einschließt, misst Nicolas Nowack große Bedeutung zu. Im Landesmaßstab stoße dieses Konzept jedoch an Grenzen, da es beispielsweise im Magdeburger Sozialministerium keinen Referenten geben, der sich mit psychischen Erkrankungen auseinandersetze.

Die Tagungsdokumentation der 4. Salzwedeler Sozialpsychiatrietage mit der ISBN-Nummer 978-3-00-037544-6 wird von Gemeinsam e.V., Hoyersburger Straße 60 in 29410 Salzwedel kostenlos abgegeben.