Vorwürfe AfD-Kreischef Koch im Kreuzfeuer
Der Vorsitzende des AfD-Kreisverbandes Altmark West, Sebastian Koch aus Gardelegen, bekommt mächtig Druck aus den eigenen Reihen.
Gardelegen/Salzwedel l Demonstration gegen den Bau einer Moschee in Lüchow mit Beteiligung der rechtsextremen NPD – dafür hatte Sebastian Koch 2018 auf der Internetseite des AfD-Kreisverbandes geworben. Seine Gegner sehen darin „einen klaren Verstoß gegen die Regeln der Partei“. Seine Gegner, das sind ehemalige Mitglieder um den Gardelegener Rainhard Roloff.
Den Eintrag auf der Kreis-Website zur NPD-Demo kritisiert auch Carsten Brückner aus Salzwedel, der aktives Mitglied der AfD ist und dadurch das Ansehen der Partei geschädigt sieht. Koch werde im Verfassungsschutzbericht namentlich genannt. Das sei ein Hinweis auf einen Verstoß gegen die Unvereinbarkeitsliste der AfD.
Die Werbung für die NPD ist längst nicht alles, was die Kritiker dem Kreisvorsitzenden vorwerfen. Er wird beschuldigt, Urkundenfälschung begangen zu haben. Auf Belegen fand Brückner, der Landesrechnungsprüfer der AfD ist, seine Unterschrift vor. Nur habe er sie nicht selbst auf das Papier gesetzt, sondern der damalige Schatzmeister des AfD-Kreisverbandes Sebastian Koch. Es handelte sich um Quittungen aus dem Wahlkampf, die Brückner unterzeichnet hatte. „Sie waren wohl verloren gegangen“, erklärt er. Anstatt ihn darum zu bitten, sie erneut auszustellen, habe Koch einfach für ihn unterschrieben, berichtet der Salzwedeler. Dadurch sei kein wirtschaftlicher Schaden entstanden. „Aber wer so etwas macht, dem kann man nicht vertrauen“, sagt Brückner. Für ihn ist Koch daher ungeeignet für eine Leitungsfunktion.
Zudem habe der Kreisvorsitzende entgegen dem Statut, willkürlich die Höhe der Mitgliedsbeiträge festlegen wollen und bei der Gründung der Ortsgruppe Gardelegen Leute wählen lassen, die gar kein AfD-Mitglied waren.
Es ist von unakzeptablen und zutiefst undemokratischen Machenschaften im Vorfeld der Kommunalwahlen, speziell zum Stadtrat in Gardelegen, die Rede und von unhaltbaren Zuständen, hinsichtlich der Führungsstruktur, wie Rainhard Roloff im Auftrag ehemaliger AfD-Mitglieder aus dem Altmarkkreis erklärt. Um- stände, die in den zurückliegenden anderthalb Jahren zum Austritt mehrerer Mitglieder geführt hätten. Dies alles sei dem Landes- und sogar dem Bundesvorstand mitgeteilt worden. Ohne jegliche Reaktion, sagte Roloff.
Bei den Anschuldigungen handele es sich um persönliche Animositäten, aufgrund von „gescheiterten Karrierezielen“, erklärt Koch zu den Vorwürfen. Er habe die Kundgebung in Lüchow beworben, weil nichts auf die NPD oder andere fragwürdige Organisationen hingedeutet habe. „Als vor Ort erkenntlich wurde, dass es sich doch um eine NPD-nahe Struktur handelte, verweigerten wir die Teilnahme und veröffentlichten als Kreisverband eine Stellungnahme“, verteidigt er sich.
Zu den gefälschten Unterschriften äußert er sich nicht. Sieht sich aber insgesamt zu Unrecht verleumdet, weil die Beschuldigungen jeglicher Grundlage entbehrten. Daher habe er seinen Anwalt konsultiert, um gegen eine mögliche Rufschädigung vorzugehen.
Es sei dem Kreisvorstand gar nicht möglich, Mitgliedsbeiträge eigenständig „nach Lust und Laune zu variieren“. Es gebe feste Vorgaben in den Statuten der Partei. Dass sie ordnungsgemäß umgesetzt werden, werde beim Aufnahmeprozess von mehreren übergeordneten Instanzen geprüft.
Zum Vorwurf des Wahlbetrugs bei Gründung der Gardelegener Ortsgruppe entgegnet Koch, dass die Identität und die Stimmberechtigung vorab geprüft worden seien. Bei Ungereimtheiten stehe Parteimitgliedern der Weg zum Landesschiedsgericht offen. Da es bislang zu dem Vorgang keine Anrufung der Parteigerichte gebe, sei dies als Falschbehauptung zu bewerten.
Er versuche, alle Mitglieder in die Organisation des Kreisverbandes einzubinden. Es sei aber nicht möglich, es immer allen Recht zu machen. Koch: „Insbesondere, wenn es um Karriereziele geht, die über die Partei umgesetzt werden sollen.“ Dies sei bei seinen Kritikern der Fall. Roloff sei bis zuletzt Wortführer des aufgelösten Vereins „Heimat und Recht“ gewesen, der als verfassungswidrig eingestuft worden sei. Koch habe sich geweigert, „mögliche Verfassungsfeinde über die AfD für die kommunalen Parlamente aufzustellen“.
Sein noch in der AfD aktiver Widersacher Carsten Brückner habe die Wahl zum Vorsitzenden gegen ihn verloren. Zudem sei er von der Mehrheit der Mitglieder aus dem Vorstand abgewählt worden. Deshalb steht für Koch fest, dass die öffentlich gemachten Vorwürfe „ein Nachtreten der übelsten Sorte sind, was man leider in der Politik aushalten muss.“
Der AfD-Landesverband fasst sich auf Anfrage der Volksstimme zur Causa Koch kurz: „Der Sachverhalt ist dem Landesvorstand bekannt“. Der Kreisvorsitzende habe sich dazu klärend geäußert. Die Angelegenheit werde besprochen. Und: „An der Glaubhaftigkeit des Herrn Koch bestehen keine Zweifel“, lässt der Landesvorsitzende Martin Reichardt schriftlich erklären.