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AfD-Veranstaltung Nicht Herr des Verfahrens

Über das Vermieten des Salzwedeler Kulturhauses für eine AfD-Veranstaltung mit Björn Höcke ist im Stadtrat kontrovers diskutiert worden.

Von Antje Mewes 24.01.2020, 03:00

Salzwedel l Es war der erste Punkt, auf den Bürgermeisterin Sabine Blümel in ihrem obligatorischen Bericht zum Beginn der Stadtratssitzung einging. „Mich haben viele Hinweise und Anfragen erreicht, die mich beschäftigt haben, aber ich muss nach dem Gesetz handeln“, sagte sie. Nachdem das Kulturhaus in der Vergangenheit an andere Parteien für politische Veranstaltungen vermietet wurde, könne die Stadt dies der AfD nicht verwehren, wiederholte sie ihre Aussage aus dem Hauptausschuss. Und nein, sie habe zum Zeitpunkt der Vermietung nicht gewusst, wer als Gastredner auftreten soll.

Dass sahen einige Gäste anders, die die Einwohnerfragestunde nutzten. So wollte Sabine Spangenberg wissen, warum sich der Stadtrat nicht stärker gegen „Rechts“ positioniere? In der Vergangenheit sei das mit Sonderstadtratssitzungen klar zum Ausdruck gebracht worden. Stadtratsvorsitzender Gerd Schönfeld entgegnete, dass bereits im Hauptausschuss Position bezogen worden sei. In der Sitzung war ein Antrag der Grünen und Linken, das Kulturhaus nicht an die AfD zu vermieten, gescheitert. „Ich setze geltendes Recht um“, betonte die Bürgermeisterin.

„Björn Höcke hat in München und Hannover Redeverbot bekommen, warum nicht auch in Salzwedel?“, fragte Stephan Heinke. Von dieser Möglichkeit habe sie noch nichts gehört, wolle es aber prüfen lassen, sagte Blümel. Arne Beckmann (Fraktion Stadt bis Land) erklärte später, er habe herausgefunden, dass Verwaltungsgerichte das Redeverbot kassiert hätten und Höcke sprechen durfte.

Wie die Stadt sicherstellen könne, dass jeder, der es wolle, an der AfD-Veranstaltung teilnehmen könne, lag Jannik Brunke am Herzen. Beim ersten Bürgerdialog in Salzwedel hätten die Ordner nur willkürlich Zugang gewährt. Eine Frau sei wegen ihrer Hautfarbe abgewiesen worden, wohingegen stadtbekannte Neonazis willkommen gewesen seien.

Dass Rechtsextremen Einlass gewährt wird, trieb auch Stadtrat Maik Rossat (Freie Fraktion) um. Wie damit verfahren werden soll, wollte er wissen. Die Stadt sei nicht mehr Herr des Verfahrens. Die AfD-Landtagsfraktion habe das Kulturhaus gemietet und entscheide, wer teilnehmen kann, betonte Blümel.

Den Vorwurf, dass der Stadtrat sich nicht positioniere, wollte Peter Fernitz (CDU) so nicht stehen lassen, obwohl Sabine Spangenberg ihn, sowie die Linken- und Grünen-Stadträte davon ausgenommen hatte. Fernitz hatte im Hauptausschuss den Fraktionsvorsitzenden der AfD, Hanns-Michael Kochanowski, scharf angegriffen, der einen „Faschisten“ in die Stadt hole. Mittwochabend bezeichnete Fernitz Kochanowski als „Wolf im Schafspelz“. Weil er nicht verhindert habe, dass Höcke und der ebenfalls als Rechtsaußen geltende Andreas Kalbitz als Gastredner nach Salzwedel kommen. Kochanowski hatte auf Volksstimmeanfrage erklärt, dass der AfD-Orts- und Kreisverband dabei kein Mitsprachrecht gehabt hätten. Den Bürgerdialog veranstalte die sachsen-anhaltinische Landtagsfraktion.

Parteipolitik ist unsere Sache, meinte Kochanowski daraufhin. Und AfD-Stadtratsfraktionsmitglied Jens Niemann entgegnete, dass sich ja wohl jeder selbst eine Meinung bilden könne und nicht alles im Vorfeld schlecht gemacht werden sollte.

Beim Stammtisch der AfD-Ortsgruppe Klötze-Beetzendorf/Diesdorf am Mittwochabend in Klötze äußerte sich AfD-Kreisvorsitzender Sebastian Koch kritisch dazu, dass der Kreis Mahnwachen gegenüber vom Kulturhaus zugelassen habe. Dadurch werde eine unmittelbare Nähe zum Veranstaltungsort des AfD-Dialogs hergestellt. Allein schon die Menschenmengen, die aufgrund der angekündigten Proteste erwartet würden, könnten für Besucher der Veranstaltung eine abschreckende Wirkung haben.

Um Gegner und Befürworter der AfD auseinanderzuhalten soll es am Eingang „eine Schleuse“ geben, kündigte Koch an.