Wanderer Allein am Grünen Band

Ein Düsseldorfer ist allein an der ehemaligen innerdeutschen Grenze unterwegs. Diese Woche stoppte Werner Ullrich in Salzwedel.

19.10.2018, 10:19

Salzwedel l Ganz entspannt studiert Werner Ullrich (84) den Salzwedeler Stadtplan am Informationspunkt am Bahnhof der Hansestadt. Der Senior trägt festes Schuhwerk, eine Mütze und auf dem Rücken einen großen, aber sehr praktischen Wanderrucksack. Die Jacke, die am Rücken daraus hervorschaut, benötigt er an diesem Tag nicht. Es ist angenehm warm. Der Pensionär aus Düsseldorf am Rhein strahlt Zuversicht und viel Neugier aus.

„Ich komme heute mit dem Zug von Harpe und will später noch weiter mit dem Bus in Richtung Dolgow bei Lüchow“, erzählt Ullrich im Gespräch mit der Volksstimme. Denn: Der 84-Jährige ist auf seiner vierten Etappe. Seit etwa zwei Jahren verschlägt es den Rentner immer wieder für einige Wochen an die ehemalige innerdeutsche Grenze – das heutige Grüne Band.

„Ich habe an der tschechischen Grenze angefangen“, berichtet der ehemalige Berufssoldat im Stabsdienst der Bundeswehr. Eine erste mehrwöchige Etappe führte ihn bis zur Rhön. Die zweite Strecke endete im südlichen Eichsfeld, danach ging es weiter bis in den Harz. „Meist wandere ich zwischen 20 und 25 Kilometern pro Tag, aber auch schon mal mehr“, erzählt Ullrich.

Am Ende jeder Etappe wartet eine kleine Pension oder ein Gasthof, den der Senior sich vorher bereits ausgeguckt hat. „Vorher anrufen ist ein guter Tipp“, verrät er und lächelt. Vor ein paar Tagen stand er nämlich vor verschlossener Tür. „Wir machen Urlaub“, war ausgerechnet an seiner geplanten Übernachtungsmöglichkeit angeschlagen. „Aber mir wurde sofort geholfen“, berichtet der Wanderer. Im Ort fand sich ein Zimmer, das üblicherweise an Monteure vermietet wird. „Ein kurzes Gespräch mit einem Anwohner und ich konnte bleiben“, freut sich der Düsseldorfer über diesen schönen Momente seiner Wanderreise.

Nun schaute sich Werner Ullrich auf eigene Faust in Salzwedel um, trank einen Kaffee am Rathausturmplatz. „Ein nette kleine Provinzstadt“, sagt er keineswegs abfällig. Er mag die Abstecher in die Orte neben dem ehemaligen Todesstreifen. Ihn interessiere die Entwicklung dieser Region, die er früher nicht besuchen konnte, erzählt er im Gespräch.

Seine Frau kann aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr mit ihm wandern. „Früher habe ich auch eine eigene Wandergruppe angeführt,“ erzählt der 84-Jährige.

Nun bewältigt er seine vierte Etappe. Vor fast zwei Wochen startete Ullrich bei Hornburg um Nordharz. Wie weit es diesmal geht, weiß er noch nicht. „Vielleicht bis Boitzenburg an der Elbe“, sagt der Rheinländer, der sich an einem Buch von Dr. Reiner Cornelius mit dem Titel „Das Grüne Band – Wandern im wilden Deutschland“ orientiert. Ullrich würde sich freuen, wenn es einen Wanderführer für die komplette Strecke geben würde. Bisher hat er keinen gefunden. „Es gibt aber zahlreiche Rundwanderwege in den einzelnen Bundesländern“, weiß er.

Dass das Grüne Band von interessierten Wanderern überlaufen ist, kann Werner Ullrich indes nicht bestätigen. „Man trifft nur wenige“, berichtet er. Auf der anderen Seite hätten allerdings viele Fahrradfahrer die Strecke für ihre Touren entdeckt. „Dafür gibt es auch schon viel Kartenmaterial“, sagt der Wanderfreund, der sich kurz darauf auf den Weg zum Bus macht. Ein paar Kilometer sollte es dann noch zu Fuß gehen. Tags darauf hatte sich Ullrich den Arendsee als Ziel ausgesucht, ehe der nächste Abschnitt bis Schnackenburg im Wendland führen sollte.